Ein Jahr nach Nobelpreis: Gibt es einen "Zeilinger-Effekt"? (I)
Von einem wissenschaftlichen Nobelpreis für einen in Österreich tätigen Forscher versprach man sich in der Vergangenheit viel Auftrieb für Wissenschaft und Forschung. Fast 50 Jahre nach Konrad Lorenz war es im Vorjahr dann so weit: Anton Zeilinger erhielt den Physik-Nobelpreis 2022. Von der APA befragte Experten haben dieses historische Ereignis bewertet und kommentiert. Auf APA-Science finden Sie die ungekürzten Antworten auf die gestellte Frage:
Gibt es einen "Zeilinger-Effekt" und wo lässt sich dieser Ihrer Meinung nach beobachten?
Martin Polaschek, Bildungsminister (ÖVP): "Alleine durch die mediale Aufmerksamkeit sind Wissenschaft und Forschung durch den Nobelpreis an Anton Zeilinger weiter ins Zentrum des öffentliche Bewusstseins gerückt. Bei meinen Besuchen in Schulen habe ich immer wieder mit den Klassen über die Bedeutung von Wissenschaft und über die Forschung von Zeilinger gesprochen. Die Schülerinnen und Schüler waren sehr interessiert daran und das hilft uns, das Vertrauen in die Wissenschaft in Österreich weiter zu stärken."
Heinz Faßmann, Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW): "Auf der einen Seite ja. Österreich ist nicht mehr nur stolz auf seine Berge und seine Schifahrer, sondern auch auf 'seinen' Physiknobelpreisträger Anton Zeilinger. Viele Politiker wollen sich mit ihm fotografieren lassen, Quantenphysik ist zum Smalltalk-Thema geworden. Ist der 'Zeilinger-Effekt' nachhaltig? Zweifel kommt auf, wenn ich an die schwierigen Verhandlungen für das Budget der außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Österreich denke. Da hat sich wenig geändert. Die Sonntagsreden sind am Montag schon wieder vergessen und Knausrigkeit ist die dominante Eigenschaft der Finanzverhandler. Aber vielleicht sehe ich das zu pessimistisch und der Finanzminister legt im Oktober die Weichen für die weitere Forschung auf Nobelpreisniveau - die Hoffnung gebe ich nicht auf."
Sebastian Schütze, Rektor der Universität Wien: "Der persönliche Erfolg von Anton Zeilinger hat der Wissenschaft an sich mehr Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit verschafft. Der Nobelpreis war auch ein starkes Signal, ein Beweis dafür, dass die Forschung an der Universität Wien international konkurrenzfähig ist."
Helga Nowotny, ehemalige Präsidentin des Europäischen Forschungsrates (ERC): "Der Nobelpreis hat bestätigt, was die Scientific Community seit langem wusste, nämlich, dass die Quantenphysik in Wien und Innsbruck zur Weltklasse gehört. Die Österreicher*innen haben den Nobelpreis mit mehr oder weniger Stolz zur Kenntnis genommen, ansonsten hat sich nicht viel geändert."
Christof Gattringer, Präsident des Wissenschaftsfonds FWF: "Der Nobelpreis hat eine unglaublich große Aufmerksamkeit auf Anton Zeilinger als Person, aber auch auf die Wissenschaften in Österreich gelenkt. Das ist fantastisch, da der Nobelpreis auch zeigt, welche Erfolge und Errungenschaften in der Wissenschaft hierzulande möglich sind. Das wiederum inspiriert und motiviert viele Menschen in Österreich, insbesondere auch den wissenschaftlichen Nachwuchs. Insofern sind wir ein kleines Stück weit neben der Kultur- und Sportnation in Richtung Wissenschaftsnation gerückt."