Klimawandel - Forscher finden Ost-West-Gefälle bei Einkommensverlust
Geht es nach neuen Berechnungen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) im Fachblatt "Nature", dann werden die Einkommen in den meisten Teilen der Welt empfindlich unter den Folgen des Klimawandels leiden. Im Vergleich zu einer Welt ohne Klimawandel würden sie 2049 insgesamt um 19 Prozent sinken - selbst wenn Emissionen jetzt massiv zurückgefahren würden. Während der Westen und Süden knapp unter der Zehn-Prozent-Marke bliebe, läge Ostösterreich darüber.
Insgesamt kommt das Team um Leonie Wenz und Maximilian Kotz auf eine Einkommensreduktion weltweit von 38 Billionen Dollar (rund 35 Billionen Euro) im Jahr 2049 im Vergleich zu einer Welt ohne weiteren Klimawandel, heißt es in einer Aussendung des PIK. Vergleiche man diese "Schäden" für die Weltwirtschaft, ausgelöst etwa durch Missernten oder sinkende Produktivität, mit den Kosten, die laut Experten dafür notwendig wären, den Temperaturanstieg auf zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen, dann kämen die Aufwendungen für die Eindämmung um das Sechsfache günstiger.
Ihre Analyse erstellten die Wissenschafterinnen und Wissenschafter auf Basis von Daten von mehr als 1.600 Regionen - in Österreich ist das die Bundesländer-Ebene - über die vergangenen 40 Jahre hinweg. Darin enthalten waren etwa Informationen über regionale Auswirkungen von Extremwetterereignissen, bisherige Wetter- und Klimaänderungen und Wirtschaftsdaten, was einen Einblick darin gibt, wie sehr und wie rasch die Erwärmung sich bisher wirtschaftlich durchgeschlagen hat. Ausgehend davon zog das Team die aktuell gängigsten Klimamodelle heran und berechnete Szenarien für die nächsten Jahrzehnte.
"Für die meisten Regionen, darunter Nordamerika und Europa, werden hohe Einkommensverluste prognostiziert, wobei Südasien und Afrika am stärksten betroffen sind. Diese Verluste werden durch unterschiedlichste wirtschaftsrelevante Wirkungen des Klimawandels verursacht, wie zum Beispiel Folgen für landwirtschaftliche Erträge, Arbeitsproduktivität oder Infrastruktur", so Kotz. Der Haupttreiber sind - wenig überraschend - die höheren Durchschnittstemperaturen bzw. der regionale Temperaturzuwachs, sowie die zu erwartenden Temperaturschwankungen und die Veränderungen der Niederschlagsmengen. Extremwetterereignisse wie Stürme oder Waldbrände können die Schäden zudem weiter erhöhen, so die Wissenschafter, die darauf hinweisen, dass es jene Länder, in denen es bereits jetzt recht heiß ist und die tendenziell am wenigsten zur Erderhitzung beigetragen haben, am stärksten erwischen dürfte.
Minus auf der gesamten Südhalbkugel
So weist die Studie für die gesamte Südhalbkugel ein Einkommensminus aus. Besonders durchschlagen würde die negative Entwicklung mit einem Rückgang von um die 30 Prozent gegenüber dem Szenario ohne weitere Treibhausgasemissionen auch in Regionen nahe dem Äquator, im arabischen Raum und Teilen Süd- und Südostasiens oder der Iberischen Halbinsel. Ein Einkommensplus sei demnach lediglich im höheren Norden zu erwarten.
In Österreich kommen die PIK-Forscher in Wien und im Burgenland auf die höchsten Einkommensrückgänge: In beiden Bundesländern beträgt das Minus 15,7 Prozent. Es folgen Niederösterreich mit minus 14,7 Prozent, Oberösterreich (-13,9 Prozent) und die Steiermark (-11,9 Prozent). Jeweils knapp unter der Zehn-Prozent-Marke bleiben Kärnten (-9,97 Prozent), Vorarlberg (-9,6), Salzburg, (-9,2) und Tirol (-8,2 Prozent), wie das PIK auf APA-Anfrage mitteilte. In diese Rubrik fallen zum Beispiel auch große Teile der Schweiz oder die Alpenregionen Norditaliens, während der Rest Mitteleuropas fast durchwegs höhere Einbußen ähnlich dem Osten Österreichs erleiden würde, berichten die Wissenschafter.
Dass man im Osten des Landes mit einem stärkeren Rückgang rechnen muss, liegt laut PIK an der zu erwartenden zunehmenden Erhitzung der ohnehin im Mittel bereits wärmeren, flacheren Regionen. Ein zusätzlicher Temperaturanstieg kann sich dann auf Wirtschaftsfaktoren, wie die Ernteerträge oder die Arbeitsproduktivität überproportional stark auswirken.
Die Studie zeige insgesamt, "dass der Klimawandel innerhalb der nächsten 25 Jahre in fast allen Ländern der Welt massive wirtschaftliche Schäden verursachen wird, auch in Ländern wie Deutschland, Frankreich und den Vereinigten Staaten. Diese Schäden innerhalb der nächsten Jahre sind eine Folge unserer bisherigen Emissionen", so Wenz. Es brauche daher auf jeden Fall "mehr Anpassungsmaßnahmen. Zusätzlich müssen wir unsere CO2-Emissionen drastisch und sofort reduzieren - andernfalls werden die wirtschaftlichen Verluste in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts noch höher sein und bis Ende des Jahrhunderts im globalen Durchschnitt bis zu 60 Prozent betragen. Es kostet uns viel weniger, das Klima zu schützen, als dies nicht zu tun", wird die Studienleiterin zitiert.
Service: https://dx.doi.org/10.1038/s41586-024-07219-0