Jiří Friml: Umtriebiger Vermesser der Biologie der Pflanzen
Der diesjährige Wittgenstein-Preisträger, Jiří Friml, ist ein eifriger Sammler - von Publikationen in hochkarätigen Fachjournalen ebenso wie von hochdotierten Förderpreisen: Zuletzt warb der seit 2012 am Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg (NÖ) tätige Forscher im April 2024 einen "Advanced Grant" des Europäischen Forschungsrates (ERC) ein - sein zweiter. Mit dem 1,7 Mio. Euro schweren "Austro-Nobelpreis" hat der Pflanzenforscher viele Pläne.
Friml wurde am 24. Juni 1973 in Uherské Hradiště im Südosten Tschechiens (Südmähren) geboren. Er schloss 1997 sein Diplomstudium in Biochemie an der Masaryk Universität in Brünn unweit seiner Geburtsstadt ab. Im Jahr 2000 folge ein PhD in Biologie an der Universität Köln sowie ein zweites Doktorat für Biochemie 2002 an der Masaryk Universität. Im gleichen Jahr wurde Friml Gruppenleiter am Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen in Tübingen, erhielt 2006 eine Professur an der Uni Göttingen und wechselte 2007 an das Vlaams Instituut voor Biotechnologie (VIB) in Gent (Belgien).
Als Kind und Jugendlicher habe ihn die leidenschaftliche Gärtnerei seiner Mutter, bei der er oft mithelfen musste, "eher negativ motiviert", sagte er zur APA. Trotzdem habe er jeden Tag mit Pflanzen zu tun gehabt und auch mit seinem Großvater Bäume veredelt: "Ich war fasziniert, dass man auf einem Baum verschiedene Äpfel haben kann." Die Initialzündung in sein aktuelles Forschungsgebiet fand aber bei einem Laboraufenthalt in Deutschland statt. Friml: "Innerhalb von ein, zwei Wochen war klar, wohin es geht. Dann habe ich mich schon in die Pflanzen verliebt."
Einer der ersten Professoren am ISTA
2010 wurde Friml mit dem renommierten "Körber European Science Award" ausgezeichnet und Mitglied der "European Molecular Biology Organisation" (EMBO). 2011 erhielt er einen "Starting Grant" des ERC. Im Jahr darauf wechselte er als einer der ersten Professoren an das kurz zuvor neu gegründete ISTA. Die Möglichkeit, an ein Institut zu wechseln, das sich ganz klar zur "fundamentalen Forschung" bekennt, sei damals sehr verlockend gewesen, sagte der Wissenschafter, dem 2012 auch die EMBO-"Gold Medal" zuerkannt wurde. Auch die "kulturelle Ähnlichkeit von Österreich und Tschechien oder Mähren" habe bei seiner Entscheidung mitgespielt.
In den Folgejahren warb der Biologe mittlerweile zwei weitere im Schnitt mit rund 2,5 Mio. Euro dotierte "Advanced Grants" des ERC (2017 und 2024) ein. Im Jahr 2014 wurde Friml in die Junge Kurie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) aufgenommen und erhielt den "František Běhounek Award", der vom tschechischen Bildungsministerium vergeben wird. Im Jahr darauf folgte mit dem Erwin Schrödinger-Preis die höchste Auszeichnung der ÖAW. In der Folge fand sich sein Name immer wieder auf der Liste der "Highly Cited Researchers" des Datenkonzerns Clarivate Analytics.
Im Mittelpunkt des wissenschaftlichen Interesses des Neo-"Austro-Nobelpreisträgers" stehen die fundamentalen molekularbiologischen Prozesse der Pflanzenentwicklung. Dazu zählen etwa auch Analysen darüber, wie die komplexen Organismen Signale von außen, wie Licht oder Schwerkraft, verarbeiten. Besonders eingehend befasst sich Friml mit dem Pflanzen-Wachstumshormon Auxin.
Wundheilung, Wachstum und Stress
In diesem Zusammenhang arbeitet der Wissenschafter u.a. an den Wurzeln der Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) - einem beliebten Modellorganismus im Bereich der Pflanzengenetik. So konnten Friml und sein Team etwa wichtige Beiträge dazu liefern, wie Pflanzen ihre Wundheilung organisieren, wie sie ihr Wachstum ausrichten oder wie sie es einst bewerkstelligt haben, sich vom Wasser aus an Land breit zu machen. In seinem neuen ERC-Projekt geht es darum, wie in Pflanzen mit Hilfe von "sekundären Botenstoffen" etwa Informationen über Stress weitergegeben werden.
Mit dem Wittgenstein-Preis wird der ISTA-Forscher u.a. die detaillierte Verarbeitung der Reize, die ein sich ändernder Auxin-Gehalt in Zellen auslösen kann, in den Fokus nehmen. Außerdem möchte er mit seinem Team mehr über die Rolle dieses grundlegenden Mechanismus in der Entwicklung in Richtung immer komplexerer Pflanzen herausfinden.
In der Freizeit widmet sich der mit einer Pflanzenforscherin verheiratete Wittgenstein-Preisträger und Vater zweier Töchter eher sporadisch seinem "kleinen Garten - wenn wir ein bisschen Zeit haben". Mehr der knappen zeitlichen Ressourcen investiert der 50-Jährige ins Lesen, Skifahren und Reisen. Letzteres oft in Kombination mit wissenschaftlichen Konferenzaufenthalten.
Service: https://ist.ac.at/de/forschung/friml-gruppe