Technologiegespräche mit Aufruf zu mehr Mut eröffnet
Bei der Eröffnung der diesjährigen "Technology Talks Austria" im Wiener Museumsquartier wurde schnell klar: Es geht nicht um ein Sonnenbad in erfolgreichen Entwicklungen, sondern vielmehr um das "Sammeln von Aha-Momenten" und ein "Firmware-Update", wie es Andreas Kugi aus der Geschäftsführung des Austrian Institute of Technology (AIT) formulierte. Andere Redner mahnten eine notwendige Strategie, Mut oder auch eine "Quantenpolitik" ein, um für die Zukunft aufgestellt zu sein.
Zum Start der nun vom AIT mit Partnern organisierten Technologiegespräche, die bisher jährlich im Rahmen des Forums Alpbachs auf dem Programm standen, freuten sich Brigitte Bach, Sprecherin der AIT-Geschäftsführung, und Kugi über "mehr als 900 Teilnehmer". In den kommenden eineinhalb Tagen stehen die Diskussionen unter dem Schlagwort "Triple Transition", also die digitale, grüne und auch soziale Transformation, um den großen Herausforderungen wie Klimawandel, Resilienz, soziale Ungerechtigkeit - als nur wenige von vielen - zu begegnen. Hier gelten Forschung, Technologie und Innovation als Schlüsselfaktoren, um einen entsprechenden Wandel zu vollziehen. "Wir brauchen Reflexion", meinte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne), auch angesichts des kürzlich vorgestellten "Draghi-Reports": Der Ex-Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hatte am Montag seinen Bericht zur EU-Wettbewerbsfähigkeit präsentiert und auf massive Probleme für Europas Wirtschaft hingewiesen.
Notwendige Investitionen
"Der Bericht hat bestätigt, was zu tun ist", so die Ministerin mit Blick auf die Notwendigkeit von Investitionen und der Entwicklung eines "technologisch angetriebenen Ergrünens der Industrie". Wichtig sei aber, hier auch die sozialen Bedürfnisse zu berücksichtigen und mitzudenken. In diesem Zusammenhang sprach Gewessler zudem von einer neuen Initiative "Diversitec", die am Nachmittag vorgestellt wird und mit der man Maßnahmen der Organisationsentwicklung für Vielfalt, Gleichstellung und Inklusion in naturwissenschaftlich-technischen Unternehmen fördern will.
Besonders mit Blick auf eine neue EU-Kommission sowie die anstehende Nationalratswahl in Österreich müsse man jedenfalls sicherstellen, Politiker wie auch die Gesellschaft für die Bedeutung von Forschung, Technologie und Innovation zu sensibilisieren, meinte Eröffnungsredner Georg Knill, Chef der Industriellenvereinigung (IV). Er pochte auf weniger Bürokratie und mehr Mittel für die Grundlagenforschung bis hin zu Start-ups. "Wir brauchen ein strategisches Bild von der Zukunft" - Europa habe hier eine Rolle, aber man sei angesichts der Anzahl an Herausforderungen "strategisch gespalten".
Die bisherigen Sünden der Politikgestaltung listete der Keynote-Redner Andrea Renda, wissenschaftlicher Direktor des "Center for European Policy Studies", einem Thinktank mit Sitz in Brüssel, auf: Er unterstrich das große Potenzial der Kombination von digitalem, grünem und menschengerechtem Wandel, bisherige Politikgestaltung sei aber zu linear ausgefallen. Die Verantwortlichen für Energie sollten sich nicht nur um Energie kümmern, ebenso wenig wie Digitalisierungsminister nur um Digitalisierung. Es ginge nicht um die Erreichung einzelner Ziele wie die Dekarbonisierung oder die Digitalisierung, die bisweilen auch nur mit "methodologischem Individualismus" angegangen würden. Vielmehr sieht der Experte über allem das Wohl der Individuen und der Gesellschaft gestellt. Der "Green Deal" der EU habe es, etwa verabsäumt, "die sozialen und ökonomischen Territorien" mitzudenken.
Es brauche eine umsichtige, agile, dynamische Politikgestaltung, die auch lokale Bedingungen im Blick behält und gleichzeitig auf "kumulative Effekte" abzielt, sagte Renda. Auch gehe es darum, alternative Zukunftsbilder zu entwerfen und mitzudenken - und sich von der Vorstellung des einen Szenarios zu verabschieden. Seinen propagierten Ansatz zur Politikgestaltung gab Renda den "catchy" Namen "Quantenpolitik" - ohne hier eine inhaltliche Nähe zur Quantenforschung suggerieren zu wollen, so der Experte. Die "Quantenpolitik" symbolisiere eher die große Notwendigkeit, sich an die Ausstattung eines bisher noch fehlenden Werkzeugkastens von Regierungen zu machen, um den großen gesellschaftlichen Herausforderungen auch begegnen zu können: "Wir brauchen mehr Mut."
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