Technologiegespräche - FFG plant Programm für disruptive Innovationen
Die Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) will ab nächstem Jahr disruptive Innovationen mit einer eigenen Programmschiene fördern. Die Mittel in Höhe von 15 Mio. Euro wird die FFG beim Fonds Zukunft Österreich beantragen, der für das laufende Jahr insgesamt 145,96 Mio. Euro zur Verfügung gestellt hat. Das erklärte FFG-Geschäftsführerin Henrietta Egerth am Donnerstag bei einer Diskussionsrunde im Vorfeld der Alpbacher Technologiegespräche gegenüber der APA.
Disruptive, also radikale Innovation müsse von selbst entstehen und könne natürlich nicht von oben dekretiert werden, so Egerth: "Aber was wir hier machen wollen ist, das Ökosystem, in dem disruptive Innovation am besten entstehen kann, stärker zu begleiten und das auch systematischer unterstützen." Die Antragsfrist für das Format ist Ende Oktober, die Entscheidung über die Vergabe soll noch 2022 erfolgen.
"Wir hoffen, dass wir einen Zuschlag über möglichst viel Geld bekommen, 15 Mio. Euro wäre zumindest die Wunschgröße", sagte Egerth. Ziel sei es, 2023 ein Förderprogramm zur Verfügung zu stellen, das zwar einen technologischen Fokus hat, aber trotzdem einen breit gefächerten Zugang verfolgt und beispielsweise soziale Innovation inkludiert.
Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) ortete im Rahmen der Diskussion eine "Zeitenwende, was Forschung betrifft". Während vor gut 20 Jahren Innovation einfach entstanden sei, gebe es heute auch stärkere strategische Vorgaben seitens der EU, in welche Richtung es in der Forschung gehen soll. Gleichzeitig könnten Forschung und Entwicklung angesichts des Ukraine-Krieges und anderer Krisen eine stärkere politische Komponente bekommen. Nicht zuletzt brauche es durch den Umbau des Energiesystems in Richtung erneuerbare Energien disruptive Technologien. Österreich sieht er gut aufgestellt, aber vor großen Herausforderungen, in diesem neuen Umfeld zu agieren.
Experte sieht drei "Technologie-Souveränitäts-Kreise"
Der Investor Hermann Hauser sieht für die Zukunft drei "Technologie-Souveränitäts-Kreise": USA, Europa und China. Alle anderen, insbesondere das Vereinigte Königreich, müssten sich entscheiden, welchem dieser Kreise sie angehören wollen. Wer nicht selbst über wichtige Technologien verfüge, oder darauf Zugriff habe über unabhängige Staaten, begebe sich in Abhängigkeiten. "Dieser asymmetrische Druck kann genau so groß sein wie eine militärische Besetzung in der Vergangenheit", so Hauser. Um sich in diesem technologischen Wettbewerb zu behaupten, müsse Europa mehr riskieren und mehr Geld für das Wachstum junger Unternehmen zur Verfügung stellen: "Europas größtes Risiko ist es, dass wir nicht genug Risiken eingehen. Wir haben mehr Startups in Europa als in den USA. Wir haben nicht ein Startup-, sondern ein Skalierungs-Problem."
Dass es zum Hervorbringen disruptiver Innovationen mit Geld allein nicht getan ist, sondern es vor allem das Zusammenspiel kluger Köpfe braucht, führte Komplexitätsforscher Stefan Thurner ins Treffen: "Die Frage ist, was ist die kritische Masse, damit eine Region gut wird? Talentierte Leute gehen dorthin, wo die besten Leute sind." Entscheidend sei also nicht, ob ein Land sich in Innovationsrankings um ein paar Plätze verbessere oder sich Unis irgendwo unter den besten paar Hundert auf der Welt befinden. "Die besten Studenten gehen nicht zur Uni, die auf Platz 400 ist", verwies Thurner auf den sogenannten "Matthäus-Effekt", wonach es oft nur ein kleines Häuflein erfolgreicher Akteure braucht, die wie ein Magnet die besten Köpfe anziehen.
Auch für Egerth müsste an den Universitäten viel mehr passieren, was Ausgründungen und Wissenstransfer betrifft. "Nach wie vor sind die Unis sehr träge." Nur wenige Institute würden es laufend schaffen, Spin-offs zu gründen, und dort sei es oft nur Einzelpersonen verdanken, die das "mehr als Hobby" betreiben würden. "Wir müssen hier mehr tun und nicht in einer gemütlichen Mittelmäßigkeit verharren", so Egerth.
(Diese Meldung ist Teil einer Medienkooperation mit dem AIT - Austrian Institute of Technology)