Weniger Plastik im Regal: Neue Trends bei Lebensmittelverpackungen
Papiersackerl, „Bio-Plastik“ und Milch in Glasflaschen: Der Trend bei Lebensmittelverpackungen geht wieder in Richtung Nachhaltigkeit. Die Hersteller haben auf die steigende Awareness der Konsumenten reagiert. Noch steht die Forschung in diesem sensiblen Bereich aber erst am Anfang.
Geringes Gewicht, Transparenz, Bedruckbarkeit oder die Möglichkeit zum Einbringen von UV-Filtern: Kunststoffe sind wahre „Wunderwuzzis“ und aus dem Supermarkt kaum wegzudenken. Sie erfüllen viele Aufgaben: „Im Mittelpunkt steht der Schutz des Produkts vor dem Verderben oder einem Qualitätsverlust, vor dem Einfluss von Strahlung, bestimmten Temperaturen, Keimen oder Transportschäden“, erklärte Katrin Bach, Leiterin des Forschungsbereichs Agrar- & Lebensmitteltechnologie und Studiengangsleiterin am Management Center Innsbruck (MCI), im Gespräch mit APA-Science.
Weiterer Vorteil: Die Erzeuger können über die Verpackung mit den Konsumenten kommunizieren, und ihre Werbe-Botschaften und Produktinformationen – beispielsweise Zutatenliste, Nährstofftabelle oder Güteklassen - transportieren.
Erdölbasierte Kunststoffe als Tausendsassa
Derzeit dominieren die etablierten erdölbasierten Kunststoffe. Sie sind gut erforscht, über lange Jahre weiterentwickelt und haben dadurch viele unterschiedliche Eigenschaften, Strukturen und chemische Zusammensetzungen. Das ermöglicht eine breite Produktpalette. Blumentöpfe sind beispielsweise aus ganz anderem Kunststoff als Fleischverpackungen oder ein PC-Gehäuse – von der Sprödigkeit, der Festigkeit und dem Schmelzpunkt.
Als Alternative werden biobasierte Kunststoffe ins Spiel gebracht. „Damit können aber noch nicht alle diese Eigenschaften abgedeckt werden. Nichtsdestotrotz fangen sie an, etwa bei Gebrauchsgegenständen wie Müllsackerln, Flaschen oder Geschirr, Fuß zu fassen“, so die Expertin. Die Forschung sei hier sehr aktiv, neue biobasierte Polymere zu identifizieren, die ganz bestimmte Eigenschaften aufweisen würden.
Beispielsweise hätten erste Versuche zum Einsatz von abbaubaren Kunststoffen auf Milchsäurebasis als Fleischverpackung sehr positive Ergebnisse gezeigt. „Wir haben in einigen Bereichen ähnliche Funktionalitäten wie Materialien aus erdölbasierenden Bausteinen. Es wird deutlich, dass das ein gangbarer Weg ist“, gab Bach einen kleinen Einblick in das Projekt QualiMeat, im Rahmen dessen die Wechselwirkung diverser Verpackungssysteme auf Fleischprodukte erforscht wird.
Noch weiter Weg für abbaubare Kunststoffe
Insgesamt steht bei abbaubaren Verpackungen – etwa stärkebasierend oder aus Milchsäure – aber noch ein längerer Entwicklungsweg bevor. Zum Teil wurden gerade erst die Technologien entwickelt, um hier größere Mengen zu produzieren. „Derzeit wird noch viel diskutiert, beispielsweise ob diese Stoffe nicht eher in Nahrungsmittel als in die Verpackung gehören. Auch in Hinblick auf Nanopartikel oder die Zersetzung gibt es bei abbaubaren Kunststoffen Unklarheiten“, merkte Bach an.
Außerdem müssten die Auswirkungen auf die gesamte Wertschöpfung und auf die Recyclingkreisläufe berücksichtigt werden. An diesen Fragen werde aber derzeit gearbeitet: „Man muss dem Thema Zeit geben. In den kommenden Monaten und Jahren wird das durch Forschung und Gesetzgebung geklärt werden.“ Es bestünden auch natürliche Grenzen: „Wenn ein Material durch Bakterien abbaubar ist, gibt es Limitierungen, beispielsweise in Hinblick auf medizintechnische Anwendungen. Was bei Spritzen von Vorteil sein kann, ist bei Implantaten möglicherweise problematisch“, so Bach.
Ein weiterer Punkt ist die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten: Ob die Kunden auch bereit sind, den Preis für eine hochwertigere Verpackung zu zahlen, sei noch unklar. Auch wenn sich die Awareness deutlich erhöht habe. Wer sich ein teures Smartphone in einer hochstabilen, hochglanz-bedruckten Schachtel kaufe, zahle das ohne Probleme mit. Bei vergleichsweise günstigen Lebensmitteln sei die Wertschätzung der Verpackung bisher eher niedrig gewesen. „Da gab es in den vergangenen Jahren aber eine Veränderung“, verwies Bach beispielsweise auch auf die gestiegene Nachfrage nach Glasverpackungen.
Zahlreiche Alternativen in der Pipeline
In letzter Zeit seien zudem Papierverpackungen wieder stärker in den Fokus gerückt. In beschichteter Ausführung würden sich diese auch für sehr sensible Lebensmittel wie beispielsweise Fleisch eignen. Einen heißen Trend sieht die Expertin im Hinblick auf essbare Verpackungen, etwa in der Gastronomie. „In manchen Geschäften bekommt man Pommes in Schalen, die nicht vom Ketchup durchtränkt werden, und die man mitessen kann. Das sind gute Ansätze, aber man sieht auch, dass Lebensmittelverpackungen komplexer sind und andere Eigenschaften haben müssen als eine Computerverpackung“, sagte Bach.
Der besondere Charme bei abbaubaren Kunststoffen sei, dass sie ein für viele naheliegendes Gegenkonzept zum aktuellen Status darstellen würden. „Abbaubar, kompostierbar – das verstehen alle Konsumenten. Das spricht alle an. Aber man sollte damit wertvoll umgehen.“ Auch der Gesetzgeber könne hier einen Beitrag leisten, indem er für die notwendigen Rahmenbedingungen sorge. In Deutschland werde beispielsweise nächstes Jahr die Verpackungsverordnung geändert, wobei hier Monomaterialien aufgrund der besseren Recyclingfähigkeit ein großes Thema sind. „Das wird sicher auch ein Trend bei uns“, so Bach.
Von Stefan Thaler / APA-Science