Life Science-Cluster verfolgen verschiedene Konzepte
Gerade die heimischen Lebenswissenschaften haben sich in den vergangenen Jahrzehnten stark weiterentwickelt und aufgefächert. Fünf Bundesländer verfolgen eigene Clusterinitiativen und somit eigene Entwicklungsstrategien. Von der Steiermark über Wien und Niederösterreich, bis nach Oberösterreich und Tirol folgt man zwar anderen Konzepten, außerhalb Österreichs tritt man aber unter dem Dach der "Life Science Austria - LISA" auf.
In der Steiermark wurde der Humantechnologiecluster im Herbst 2004 gegründet. Man habe damals "eine echte Startphase durchlebt", so der Geschäftsführer der Human.technology Styria GmbH, Robert Gfrerer im Gespräch mit der APA. Bis auf das Budget und ein von den Gesellschaftern erarbeitetes Strategiepapier habe man alles von null auf aufgebaut.
In erster Linie ging es darum, "die Community, nämlich die Unternehmen, die Forschungseinrichtungen und die beteiligte Politik, zu bilden", so Gfrerer. "Wir hatten eine Checkliste von etwa 115 Firmen" die es anzusprechen galt, um dann "einen realen Cluster" in der Steiermark entstehen zu lassen. "Im Jahr 2009 waren wir dann mit unseren Aktivitäten so weit, dass cirka 60 Prozent der infrage kommenden Firmen Clustermitglieder waren".
Ab diesem Zeitpunkt ging es vermehrt darum, sich die Szene mit externen Partnern aus der "Hubschrauberperspektive" anzusehen, um festzustellen, "wo der Zug hinfährt". Die Frage war: "Wo kann oder soll ein industrieller Cluster in den nächsten fünf Jahren ansetzen, damit es der ganzen Region etwas bringt". Dafür habe man auf Daten von 114 Firmen zurückgreifen können, in denen die Unternehmen auch ihre Pläne für die Zukunft kundtaten.
Aufwendige Strategieentwicklung
Das sei nur möglich gewesen, da man es geschafft hatte, Vertrauen aufzubauen, so Gfrerer. Daneben führte man Interviews und sah sich auch genau an, in welche Richtung die Überlegungen der internationalen-, nationalen- und regionalen Politik gehen. Auf diesem Prozess begründen sich die drei Korridore, die als Schwerpunkte definiert wurden: "Pharmazeutische Verfahrens-, Prozess- und Produktionstechnologien", "Biomedizinische Sensortechnologien und Biomechanik" sowie "Biobank & Biomarkertechnologien".
Man habe sich bei der Ausrichtung auch sehr stark an dem im nächsten Jahr startenden Förderrahmenprogramm der EU "Horizon 2020" orientiert, das den Regionen nahe legt, im Sinne von "Smart Specialization" Stärkefelder zu definieren und auszubauen. Ebenso habe man bei der Themensetzung auch die Ausrichtung großer heimischer Förderprogramme berücksichtigt.
Schwerpunkte setzen sich durch
"Mittlerweile ernten wir bereits die ersten Früchte", so Gfrerer. Die steirische Landesregierung habe sich im Rahmen der neuen Wirtschaftsstrategie zu der Schwerpunktsetzung bekannt und auch die steirischen Universitäten "haben sie in ihren Strategiepapieren verankert".
Bei der Clusterarbeit dürfe man keinesfalls losgelöst von den Bedürfnissen der Unternehmen agieren, daher führe man mit den Mitgliedsbetrieben ständig Gespräche darüber, "welche Auswirkungen die Schwerpunkte haben könnten". Gfrerer: "Ich weiß zum Beispiel bei jeder Firma, wie groß die Produktionshalle ist". Der Cluster dürfe auch nicht das Nadelöhr für Informationen sein. Die Firmen haben daher die Möglichkeit mittels Smartphone-App über eine zentrale Datenbank Informationen über potenzielle Projektpartner abzufragen.
"Im Endeffekt spielen wir sozusagen die Drehscheibe für die Anbahnung von übergeordneten Projekten", so der Geschäftsführer, der betonte, dass das aufgrund der Korridore nun einfacher sei, "weil klar wurde, zu welchen Themen man eigentlich gemeinsam Projekte machen kann".
Kooperationen über Clustergrenzen
Es gebe auch Beispiele für innerösterreichische Kooperationen über die Clustergrenzen hinweg. Mit dem oberösterreichischen Pendant, dem Gesundheits-Cluster Oberösterreich, arbeite man regelmäßig zusammen. Kürzlich habe man auch in Zusammenarbeit mit dem Life Sciences-Cluster Tirol eine Forschungseinrichtung und ein großes Medizintechnikunternehmen "zusammengebracht". Mittlerweile hätten die beiden Institution das Projekt eingereicht.
Der Tiroler Cluster existiert bereits seit 2003, 2007 wurde er in die Standortagentur Tirol integriert, wie Clustermanagerin Petra Stöckl gegenüber der APA erklärte. "Wir sind heute in der günstigen Situation, dass wir fünf verschiedene Cluster im Haus haben". Das brächte Vorteile, da die Initiativen keine isolierte Stellung einnehmen und branchenübergreifende Standortentwicklung stattfinden könne.
Der Vorteil des Clusters liegt für Stöckl gerade im "doch sehr guten Überblick über die Firmenlandschaft" und in dem gebündelten Wissen über zukünftige Vorhaben. Das befähige dazu, "sehr zielgerichtet Kooperationen angehen zu können und eine richtungsweisende Drehscheibe zu sein".
"In unserem Fokus sind vor allem die Unternehmen", so die Managerin. Man habe derzeit 40 Mitglieder aus den Bereichen pharmazeutische Industrie, Biotechnologie und Medizintechnik. Auch die Universitäten sind mit an Bord. Man kümmert sich vor allem um Qualifizierungmaßnahmen, Information, Vernetzung und die Förderung von Kooperationen. Förderberatung stelle insgesamt einen wichtigen Aspekt dar. In der Fortbildung arbeite man stark mit dem steirischen Pendant zusammen.
Tiroler Vorzeigeprojekte
Das K1-Zentrum "Oncotyrol", das sich in der personalisierten Krebsforschung engagiert, sei ein Tiroler "Vorzeigeprojekt" im Bereich der Grundlagenforschung. "Wir haben aber auch eine sehr interessante pharmazeutische Industrie", so Stöckl.
Ein herausragendes Unternehmen im Bereich Medizintechnik sei die Firma Med-El, die als universitäres Spin-off gegründet wurde und mittlerweile an die 1000 Mitarbeiter zählt. Med-El ist auf implantierte Hörgeräte spezialisiert und habe sich zum "Weltmarktführer" entwickelt. "Bei uns hat es sehr viele interessante Ausgründungen aus der Uni gegeben", die oft auf Erkenntnissen aus der Grundlagenforschung beruhen würden. "Wir haben ein stark klinisch geprägtes Umfeld". Das bringe Vorteile, da "man viele Studien direkt an der Universitätsklinik Innsbruck durchführen kann".
Wien ist anders...
Die Wiener Clusterinitiative "Life Sciences Austria Vienna", kurz LISAvienna, verfolgt seit bald zehn Jahren ein etwas anderes Konzept. "Wir sehen uns eher als eine Branchenvertretung", so Geschäftsführer Peter Halwachs, der den Cluster zusammen mit Johannes Sarx leitet. Im Gegensatz zu anderen Initiativen gibt es in Wien keine Mitgliedsbeiträge - die Dienstleistungen stehen also für alle Life Science-Unternehmen in Wien kostenlos zur Verfügung.
"Unser Fokus liegt auf den forschenden Klein- und Mittelständischen Betrieben", so Halwachs, der gegenüber der APA betonte, dass gerade kleinere Firmen Förderberatung oder Unterstützung im Bereich der Internationalisierung meist dringender brauchen, als große Unternehmen.
Stolz ist man auf den im letzten Jahr veröffentlichen "Vienna Life Science Report", in dem man alle Wiener Akteure in einer umfassenden Bestandsaufnahme erfasst hat. Insgesamt zeige sich, dass die Wiener Life Science-Unternehmen "in der Lage sind am internationalen Kapitalmarkt Geld einzuwerben". Das sei ein "Ritterschlag" für die Firmen und auch eine "Bestätigung des Investments" durch die öffentliche Hand. Ein weiterer wichtiger Player in Wien sei auch die akademische Forschung, die einen "exzellenten Status" habe.
In die Medizintechnik möchte man in nächster Zeit stärker hineinwachsen. "Da sind wir erst sehr jung engagiert", so der Geschäftsführer. Momentan gehe es aber noch darum, zu erfassen, was sich am Standort Wien alles tut. Die Branche sei "sehr verzweigt" und auch die Produktpalette entsprechend breit.
Renommierte Branchenmesse in Wien
Vor allem im Biotechnologie-Bereich sei man "ein fixer Bestandteil der Wiener Szene". Man biete den Unternehmen in Kooperation mit der Dachmarke "Life Sciences Austria - LISA" die Möglichkeit, sich auf großen Messen kostengünstig im Ausland zu präsentieren. Als "ganz besonderes Highlight" ist es LISAvienna gemeinsam mit anderen Akteuren gelungen, die "weltgrößte Partneringmesse im Bereich Biotechnologie" - die "Bio Europe" - im November kommenden Jahres erstmals seit 2009 wieder nach Wien zu holen. "Auf dieses Event freut sich jeder in Wien", so Halwachs.
Gemeinsam ist man stärker
Unter der Dachmarke "Life Science Austria - LISA" haben sich die heimischen Lebenswissenschafts-Cluster vor fünf Jahren zusammengetan. Die Institution vergibt einerseits Fördergelder für Firmengründungen im lebenswissenschaftlichen Bereich. Andererseits gehe es auch darum, sich auf großen internationalen Messen gemeinsam zu präsentieren.
Das ermögliche es "den Firmen, wesentlich günstiger auf den Messen präsent zu sein", wie Stöckl erklärte. Im Rahmen von LISA treffen sich die Cluster drei bis vier Mal pro Jahr für ein bis zwei Tage. Es gebe einen "recht intensiven Austausch", sowie mehrere bilaterale Projekte, so die Tiroler Clustermanagerin. Auch ihr steirischer Kollege schlägt in die gleiche Kerbe. Gfrerer: "Im internationalen Auftritt muss ganz Österreich an einem Strang ziehen, damit man die kritische Masse erreicht".