"Von IT-Grundlagenforschung zu IT-Business"
Der Terminus “Innovation Chain” ist heute in aller (EU-)Munde: Europa kann durchaus mit den traditionellen und den neuen High-Tech-Räumen in der Welt mithalten, was die Reputation und Leistung führender Forschungseinrichtungen und führender Forscherpersönlichkeiten und die Qualität akademischer Ausbildung betrifft. Aber es gelingt in Europa signifikant weniger, Forschungsergebnisse mit Unternehmergeist und Risikokapital zusammenzubringen, um daraus industrielle Innovation, wirtschaftlichen Erfolg, unternehmerischen Profit, Arbeitsplätze und materielle Wohlfahrt zu generieren.
Deshalb werden seit einigen Jahren seitens der EU und einzelner Staaten in Europa gezielt Programme aufgesetzt, um die Innovationskette von der Forschung über die akademische Ausbildung bis zur wirtschaftlichen Innovation vollständig zur realisieren. In den einzelnen Regionen werden zwei orthogonale Strategien verfolgt, die Innovationskette aus bestehenden Bausteinen möglichst rasch aufzubauen:
- “Cluster”, die die in der Region vorhandenen Forschungs- und Bildungeinrichtungen sowie Leitfirmen, KMUn und Start-ups in einem bestimmten Themenbereich entlang der Wertschöpfungskette in einem losen Verbund zusammenführen und die entstehenden Synergien nutzen.
- “Technologie-Zentren”, die Forschungs- und Bildungseinrichtungen sowie Firmen zu einem mehr oder weniger fokusierten Thema an einem Ort kondensieren und zu Synergien motivieren.
Der Softwarepark Hagenberg, ein Spin-off der Johannes Kepler Universität Linz, den ich 1987 auf Ersuchen des damaligen Landeshauptmanns von Oberösterreich, Dr. Josef Ratzenböck, initiiert habe und seither schrittweise aufbaue, verfolgt die vollständige Realisierung der Innovationskette ganz gezielt seit seiner Gründung, und zwar fokussiert auf das Thema Software. Die Kraft der konsequenten Interaktion von Forschung, akademischer Ausbildung und Wirtschaft dokumentiert sich in der Wachstumsdynamik des Softwareparks von 25 MitarbeiterInnen 1987 auf 1.000 MitarbeiterInnen und 1.500 StudentInnen im Jahre 2012. Insbesondere wird der Softwarepark in letzter Zeit ein vibrierendes Zentrum für Gründerfirmen, siehe die Events des Startup Summer Hagenberg.
Als kondensierte Erfahrung von fast 25 Jahren Realisierung der Innovationskette im schwierigen Umfeld einer ländlichen Region vor einer größeren Stadt betone ich, dass es für den Erfolg zentral ist, die Spannung zwischen extremen Polen voll auszuleben anstatt auf nur einen von zwei entgegengesetzten Polen zu setzen oder einen schwachen Kompromiss in der Mitte zwischen Polen einzugehen. Solche Paare von Polen sind zum Beispiel:
- kompromisslose Grundlagenforschung auf internationalem Niveau gegenüber Offenheit für die innovative Inspiration aus den Bedürfnissen des Marktes,
- elitäre persönliche Betreuung von Top-Studenten gegenüber unbürokratischem, demokratischem Zugang zu Information über das globale Web,
- Ausbildung für die Forschung gegenüber Ausbildung für Entrepreneurship und Business,
- Unbekümmertheit von jungen Gründern gegenüber den Gesetzmäßigkeiten und Gepflogenheiten des Risikokapitals,
- globaler Spirit gegenüber Hingabe an die Entwicklung einer speziellen Region,
- brain drain gegenüber brain gain und globalem brain web,
- High-tech-Innovation gegenüber Lifestyle-Innovation,
- Universität gegenüber Diversität, etc.
In diesem Spannungsgefüge für Innovation hat die Universität als Institution eine spezielle, unersetzbare und immer junge und neue Rolle und haben Universitätsprofessoren eine spezielle und ganz persönliche Verantwortung.
Die Fähigkeit, mit Spannung positiv umzugehen bzw. positive Spannung zu erzeugen, erscheint mir dabei immer mehr als der Schlüssel für Innovation. Deshalb biete ich meine akkumulierte Erfahrung dazu auch seit einiger Zeit in einem Tagesseminar für Manager, Entscheidungsträger, Politiker, Lehrer, etc. an, siehe www.brunobuchberger.com, zu dem ich die Teilnehmer in das Schloss Hagenberg, den Sitz des Forschungsinstituts RISC, Gründungsinstitut des Softwareparks, bitte.