Ein Register für alle Studienleistungen, lebenslang
Als eine interne Forschungs- und Lehraktivität läuft am BlockchainSci-Lab der Fakultät für Informatik an der Universität Wien das Projekt "Blockchain-basierter Prüfungs- und Studienleistungspass". Die beteiligten Studierenden sollen dabei lernen, die Blockchain-Technologie und die verwendeten Systemplattformen, Software und Konzepte zu verstehen, einzusetzen und anzuwenden, erläutert Wolfgang Klas, Leiter der Forschungsgruppe Multimedia Information Systems.
Für die Forschungsgruppe wiederum sei die Zielsetzung, im Projekt verschiedene Konfigurationen von Blockchain-Technologie zu untersuchen und ihre Vor- und Nachteile anhand einer Anwendung illustrieren und demonstrieren zu können.
Die Anwendung "Prüfungs- und Studienleistungspass" sei gewählt worden, weil die Logik dafür den Studierenden aus eigener Erfahrung vertraut sei. "Zumindest kennt jeder Studierende sein eigenes Sammelzeugnis und seine eigene 'Leistungsschau' in den universitären Systemen", erklärt Klas. Es sei daher für Studierende relativ leicht, hier kreative Ideen und Lösungen zu entwickeln.
Jede Transaktion wird in die Blockchain geschrieben
Welche Funktionalität soll im Projektvorhaben realisiert werden? "Studienleistungen werden in einer Blockchain als Serie von 'Records' codiert. Die Anwendungslogik wird mithilfe von Ethereum Smart Contracts abgebildet", so der Informatiker. Beispieltransaktionen, die in eine Blockchain geschrieben werden, könnten etwa die folgenden sein: den Studierenden in eine Lehrveranstaltung einschreiben, einen Lehrveranstaltungs-Platz verbindlich belegen, einen Lehrveranstaltungs-Platz fristgerecht zurücklegen, Aufgaben bzw. Assignments rechtzeitig erbringen, Aufgaben bzw. Assignments beurteilen, Tests schreiben (das heißt zum Test angetreten und ein Testergebnis erreicht), Test beurteilen, Beurteilung nach Beurteilungskriterien der Lehrveranstaltung, Note für die Lehrveranstaltung erhalten.
Smart Contracts codieren Klas zufolge dabei die Bedingungen und die davon abhängigen Abläufe bei der Erbringung der Studienleistungen. "Zum Beispiel könnten Smart Contracts automatisch überprüfen, ob Aufgaben rechtzeitig abgegeben wurden und dementsprechend bei der anschließenden Beurteilung die volle oder nur teilweise Punktzahl vergeben. Als Mindesterfordernis könnten beispielsweise 50 Prozent der Gesamtpunkte, zwei von drei Abgaben und mindestens 50 Prozent aus Testergebnissen festgelegt werden, damit die Leistungen überhaupt positiv beurteilt werden können. Das wird von einem Smart Contract automatisch berücksichtigt", so der Informatik-Experte.
In Kürze werde das Projekt eine erste Implementierung eines ersten Prototyps abschließen. Die gleiche Anwendung werde auch in einer weiteren Konfiguration der Blockchain-Technologie implementiert. Der Vergleich der beiden Prototypen soll Aufschluss über sinnvolle bzw. wenig sinnvolle Konfigurationen und die erforderlichen Ressourcen geben, "wenn man so einen Ansatz theoretisch auf 90.000 Studierende der Universität Wien anwenden würde", so Klas.
Keine echten Daten
Echte studentische Leistungen aus echten Lehrveranstaltungen werden übrigens in keinem der Prototypen verwendet, Studierende und Lehrer ("Demo-User") sowie Demo-Lehrveranstaltungen werden simuliert. Auch verwende man derzeit keine öffentliche Blockchain.
Die größten Herausforderungen am Projekt formuliert Klas so: "Wenn der Ansatz in der Realität an einer so großen Universität eingesetzt werden würde, müssten Fragen der Skalierbarkeit - sprich zig-tausende Studierende und Lehrveranstaltungen, die über viele Semester, möglicherweise Jahrzehnte oder sogar über die gesamte Lebensdauer erfasst werden - beantwortet werden können. Lösungen finden müsste man aber auch für den Datenschutz und die geeignete Kombination von Blockchain-Technologiebausteinen. Und schließlich gelte es auch die Kosten-Nutzen-Relation abzuwägen. "Derzeit dient das Projekt nur der Illustration und dem Verständnis von Blockchain-Technologie und deren Anwendung", stellt Klas klar. Ob es irgendwann in reale Systeme an der Universität eingebaut und genutzt werde, sei völlig offen: "Derzeit geplant ist es nicht".