Entscheidungshilfe für Ärzte: Big Data in der Biomedizin
Big Data, also die Erzeugung, Analyse und Nutzung riesiger Datenmengen, gilt auch in der Gesundheitsbranche als Versprechen für die Zukunft. Jeden Tag werden riesige Mengen genetischer Information, medizinische Bilder und andere Daten für die Diagnostik und Therapieunterstützung generiert. Für die Interpretation werden Entscheidungsunterstützende Systeme benötigt, die dem Arzt helfen, dieser Datenflut Herr zu werden, und ihn bei der Therapiewahl unterstützen.
Für medizinische Entscheidungen werden immer stärker unterschiedlichste Daten z.B. aus der Bildgebung, der klassischen Diagnostik, der Krankenakte und der Molekularen Diagnostik zusammengeführt. Die derzeitigen Gesundheits-IT Systeme sind jedoch noch nicht darauf ausgelegt, die Komplexität der immer größer werdenden Menge an Daten zu integrieren und aufzubereiten. Ziel der Systemmedizin als noch junges Forschungsgebiet im Bereich der Biomedizin ist es, diese komplexen medizinischen Daten zuverlässig zu verarbeiten, zusammenzufügen, intelligent durch neue mathematische Modelle zu interpretieren und nutzerfreundlich bereitzustellen. Die Vision ist eine personalisierte Medizin, in der jeder Patient eine auf ihn persönlich abgestimmte Behandlung erhält und zum Beispiel mögliche Nebenwirkungen individuell vorhergesagt werden können. Big Data könnte somit dazu beitragen, die Gesundheitsversorgung besser, sicherer und kosteneffizienter zu gestalten.
In einigen Healthcare-Bereichen werden Aspekte von Big Data schon jetzt eingesetzt und leisten einen wichtigen Beitrag - beispielsweise bei Versorgung und Planung. Welche Röntgenabteilung ist wie stark ausgelastet? Wo schicke ich den Patienten hin? Nach wie vielen Röntgenaufnahmen braucht das Gerät eine Wartung bzw. wann ist diese im Sinne einer vorausschauenden Wartung sinnvoll?
Um die Potenziale von Big Data in der Medizin zu erschließen, sind aber noch einige Herausforderungen zu bewältigen. Zum einen hat man es in der Medizin mit komplexeren Daten zu tun als in vielen anderen Bereichen. Die reine Anhäufung von Daten reicht nicht aus, ohne eine intelligente Interpretation, die kausale Zusammenhänge berücksichtigt. Zum anderen stellen ein reguliertes Umfeld, Standardisierung, Interoperabilität und Security wichtige Eckpunkte dar.
Ein weiteres wichtiges Thema ist auch die Akzeptanz durch die Ärzte, die eng mit dem Verständnis der Technologie zusammenhängt. Im medizinischen Alltag stellt sich das Problem, möglichst rasch, ohne wochenlange Recherche, exakt auf einen bestimmten Patienten zugeschnittene Antworten zu finden. Wird dieser Erkenntnisprozess an den Computer ausgelagert, bedeutet das eine enorme Zeitersparnis. Mediziner müssen aber nicht Technologie-ExpertInnen werden oder sich durch tausende Datensätze arbeiten. Vielmehr geht es um Unterstützung bei der Diagnose. Der Arzt trifft weiterhin die Entscheidung. Automatisierte Datenanalyse und -interpretation können ihn dabei unterstützen, aber nicht ersetzen.
Für eine bestmögliche Unterstützung könnten je nach Expertenstatus des Anwenders unterschiedliche Informationen zur Verfügung gestellt werden. Die Kunst dabei wird sein, die Vielzahl an Informationen auf intelligente Weise auf wenige verlässliche und überprüfbare Aussagen zu bündeln, die dem Arzt helfen, Entscheidungen treffen zu können.
Es gilt nun in der Forschung verstärkt die Vorteile und Risiken, die mit den neuen Ansätzen einhergehen zu untersuchen und interdisziplinäre Lösungen zu entwickeln. Begleitend müssen Lösungen für Standardisierung, Sicherheit und Interoperability entworfen oder verbessert werden.