"Big Data für Marktforschung und soziale Innovation"
Online-Medien sind wichtige Schnittstellen zwischen Unternehmen und Konsumenten. Die Analyse von Inhalten aus diesen Medien erlaubt es, neueste Trends für die Planung der eigenen Kommunikation zeitgerecht zu nutzen. Dafür müssen jedoch aus einer unüberschaubaren Menge an Quellen relevante Fakten und Stimmungsschwankungen präzise und in Echtzeit bestimmt werden – ein Paradebeispiel für die Anwendung von Big Data-Technologien.
Produktbeurteilungen, Filmreviews oder Buchrezensionen – im Netz wird Stimmung gemacht und blitzschnell verstärkt. Die Verbreitung solcher Inhalte kann ungeahnte Konsequenzen zur Folge haben, speziell auf globalen Märkten, wo das resultierende "Top" oder "Flop" oft einen wesentlichen Einfluss auf Milliardenumsätze hat. Dies zeigt, dass Kaufentscheidungen von Online-Usern nicht nur auf Basis von offiziellen Produktbeschreibungen getroffen werden. Vielmehr sind sie von subjektiven Ansichten und der öffentlichen Meinung abhängig. Diese unterliegen jedoch selbst einem fortlaufenden Wandel, nicht zuletzt aufgrund neuer Nachrichten-Berichte und Interaktionen in sozialen Netzwerken. Damit beeinflussen Online-Medien nachgelagerte Entscheidungen in vielfältigen Bereichen – zum Beispiel Kaufentscheidungen von Konsumenten, Finanz-Transaktionen, Engagement für Umwelt-Initiativen, Wahlverhalten und politische Prozesse, etc.
Big Data-Technologien helfen solche Prozesse besser zu verstehen. Damit werden sie zu einem wichtigen Werkzeug für die strategische Positionierung eines Unternehmens, und zu einer Feedback-Quelle, um etablierte Marken nachhaltig zu entwickeln. Welchen Einfluss haben Online-Diskussionen auf die Wahrnehmung von Produkten und die Entscheidungen potenzieller Käufer? Mit welchen Themen und Emotionen wird eine Marke in Beziehung gesetzt? Werden die gewünschten Zielgruppen erreicht? Wie können soziale Innovationsprozesse genutzt werden, etwa um Probleme mit neuen Produkten dank User-Feedback zu entdecken und rasch zu lösen? Diese und viele weitere Fragestellungen werden durch die gezielte Analyse von Online-Medien in ihrer ganzen Vielfalt erfassbar.
Dazu müssen Big Data-Verfahren Millionen von öffentlich zugänglichen Dokumenten automatisch beschlagworten, diese geografisch zuordnen und positive und negative Kommentare im Sinne eines Stimmungsbarometers voneinander unterscheiden. Bei der Anwendung dieser Verfahren auf soziale Medien zählen kurzlebige Trends, vielfältige Abkürzungen, bislang unbekannte Wortkreationen, mehrdeutige Begriffe und ironische Bemerkungen zu den speziellen Herausforderungen. Diesen Herausforderungen stellt sich das Institut für Neue Medientechnologie der MODUL University Vienna schon seit vielen Jahren.
Die webLyzard Web Intelligence Plattform ist das Ergebnis von 15-jähriger Forschungstätigkeit und erlaubt es, Stimmungen und Meinungen durch die Analyse Web-basierter Texte präziser als je zuvor und in Echtzeit zu erkennen. Gleichzeitig hilft ein interaktives Dashboard dabei, Trends und inhaltliche Zusammenhänge rasch und zuverlässig zu bestimmen. Die Plattform ist zwischenzeitlich nicht nur in Europa, sondern auch in den Vereinigten Staaten im Einsatz – die US-Klimabehörde NOAA beispielsweise nutzt webLyzard Technologien, um den Erfolg ihrer Kommunikationsstrategie zu messen und Presseaussendungen und Umwelt-Kampagnen zu optimieren.
Die daraus resultierende Transparenz ermöglicht einen verantwortungsvolleren Umgang mit Online-Informationen und kann auch dabei helfen, manipulative Inhalte von "Spin-Doktoren" aufzudecken. Dieser Frage geht das webLyzard Team im Rahmen des Europäischen Pheme-Projekts nach, welches Methoden entwickelt, um den Wahrheitsgehalt elektronischer Inhalte automatisch zu beurteilen – nicht um zu zensurieren und damit die Meinungsvielfalt einzuschränken, sondern um ein frei verfügbares Werkzeug zur Identifikation fragwürdiger Inhalte bereitzustellen. Speziell in zeitkritischen Situationen kann ein solches Werkzeug helfen, begrenzte Ressourcen nicht mit der Bearbeitung von Falschmeldungen zu verschwenden – etwa im Rahmen der journalistischen Recherche oder der Einsatzplanung von Rettungskräften nach einer Naturkatastrophe.
Ein gutes Beispiel für ein viel diskutiertes Problem mit sehr unterschiedlichen und teilweise manipulativen Aussagen ist auch der Klimawandel. Zu diesem Thema bietet das Institut für Neue Medientechnologie unter www.ecoresearch.net/climate ein öffentlich zugängliches Umwelt-Portal an, welches Big Data-Verfahren nicht nur zur Analyse von Online-Publikationen einsetzt, sondern auch um neue Formen der Kommunikation und Zusammenarbeit zu ermöglichen. Der Ideenaustausch und Wissenstransfer über diese interaktive Plattform soll soziale Innovation fördern und damit letztlich sogar zur Entstehung eines "kollektiven Bewusstseins" beitragen. Die dafür notwendigen Technologien entstehen zurzeit im EU-Forschungsprojekt DecarboNet und werden voraussichtlich Ende 2014 erstmals öffentlich vorgestellt.
Weiterführende Informationen
webLyzard technology: www.weblyzard.com
Institut für Neue Medientechnologie: www.modul.ac.at/nmt
DecarboNet Projekt: www.decarbonet.eu
Pheme Projekt: www.pheme.eu