"Big Data - Gefahr oder Chance?"
Der zunehmenden Skepsis unserer Gesellschaft gegenüber Big Data sollte durch Bewusstseinsbildung und Risikomanagement begegnet werden. Auf diese Weise ist es möglich, die großen Chancen, die – nicht zuletzt für die Erstellung aussagekräftiger Statistiken – in der Nutzung von großen Datenmengen liegen, wahrzunehmen und damit zu Innovation und Weiterentwicklung unserer Gesellschaft beizutragen.
In Zeiten internationaler Abhörskandale durch Geheimdienste nimmt die Sensibilität der Gesellschaft in Bezug auf Datenschutz und Recht auf digitale Privatsphäre zu. Dies umso mehr, als die Verwendung elektronischer Medien zur Kommunikation, zur Abwicklung von Geschäftstätigkeiten, oder aber auch im Bereich des e-government zu einem Standard geworden ist, der uns das Alltagsleben wesentlich erleichtert, neue Entwicklungsmöglichkeiten eröffnet, aber natürlich auch digitale Spuren hinterlässt, deren sich viele Menschen viel zu wenig bewusst sind. Big Data wird daher in öffentlichen Diskussionen zunehmend zu einem negativ besetzten Begriff, der mit dem Gefühl "überwacht" zu werden, oder nicht selbst über die Bestimmung von im Internet preisgegebenen Daten entscheiden zu können, einhergeht.
Aus Sicht einer Institution wie Statistik Austria, deren Hauptaufgabe das Generieren von Daten aus verschiedensten Quellen, sowie die Produktion aussagekräftiger und verlässlicher Statistiken ist, bringt das Thema Big Data Herausforderungen, aber auch Chancen mit sich, die eine sorgfältige Behandlung erfordern. Eine der Herausforderungen bestehen darin, dazu beizutragen, dass die zunehmende Skepsis von Personen in Bezug auf eine mögliche missbräuchliche Verwendung persönlicher Daten nicht zu vollkommener Risikovermeidung, sondern vielmehr zu verstärkter Bewusstseinsbildung und besserem Risikomanagement führt.
Die Lösung kann also nicht sein, keine elektronischen Medien oder das Internet mehr zu verwenden, sondern eben bewusst darauf zu achten, welche Daten man bereit ist, in welchem gesicherten Umfeld an wen preiszugeben. Eine weitere Herausforderung basiert auf der Entwicklung, dass die Bereitschaft von Menschen, sich an Personen- oder Haushaltsbefragungen der offiziellen Statistik in einem Umfeld von Angst und Skepsis zu beteiligen, immer mehr abnimmt. Die Produktion hochqualitativer Statistik wird dadurch erschwert und verteuert. Die Tatsache, dass Statistik Austria beim Umgang mit Daten strengste Datenschutzbestimmungen einhält und stets darauf achtet, dass eine Rückführbarkeit auf Einzelpersonen in der Ergebnisdarstellung ausgeschlossen ist, ist jedoch oft nicht ausreichend, um die oben beschriebene, grundsätzliche Skepsis zu überwinden.
Die Chancen von Big Data für einen Statistikproduzenten bestehen in der Möglichkeit, neue Datenquellen zu erschließen. Damit können entweder bestehende Statistiken ergänzt oder besser plausibilisiert, oder aber auch gänzlich neue Statistiken erstellt werden, ohne dafür direkte Befragungen von Personen oder Unternehmen durchführen zu müssen. Beispiele für die mögliche Verwendung von Big Data sind etwa das Erfassen von Mobilität von Personen auf Basis von Daten von Mobiltelefonen, oder aber auch das Generieren von Informationen über das Verkehrsaufkommen auf Basis von Daten aus Mautstationen und/oder GPS-Daten. Einen weiteren Anwendungsbereich stellt etwa die Verwendung von Scannerkassen-Daten für die Erstellung von Preisstatistiken dar.
Wesentlich im Zusammenhang mit der Verwendung von Big Data in der offiziellen Statistik ist, dass die Anonymität der Einzelpersonen und der Datenschutz stets gewahrt bleiben, weil – abgesehen vom berechtigten Schutzinteresse der Menschen – die Informationen über Einzelperson ja auch nie im Erkenntnisinteresse von Statistiken stehen. In Statistiken geht es immer darum, bestimmte Phänomene wie eben Mobilität oder Preisentwicklungen im Durchschnitt für ganze Regionen oder Bevölkerungsgruppen zu erfassen und Aggregate darzustellen, niemals darum, die Situation von Einzelpersonen zu beschreiben.
Eine inhaltliche und methodische Herausforderung für ein Statistikinstitut im Umgang mit Big Data besteht – abgesehen von der Wahrung des Datenschutzes – in der Differenzierung zwischen Informationsgehalt und "noise", wie auch in der technischen Verarbeitung von großen Datenmengen.
Wie bei vielen neuen und noch unbeackerten Feldern, gilt es auch im Bereich Big Data, Risiken rechtzeitig zu identifizieren, mit ihnen bewusst umzugehen, letztendlich aber auch die großen Chancen und Möglichkeiten zu erkennen und zu nutzen, die sich aus der zunehmenden Digitalisierung unserer Welt ergeben.