Innovation aus Uni-Forschung - Am Mut fehlt es nicht
Für eine Karriere in der Wissenschaft brauche es sogar mehr Mut als für den Gang auf den Markt mit einer Forschungs-Innovation. Das erklärte der österreichische Computerwissenschafter Franz Franchetti im Vorfeld des Alpbacher Arbeitskreises "Radikale Innovationen: Mehr Mut zum Risiko" gegenüber APA-Science. Der größte Hemmschuh seien die Rahmenbedingungen - in den USA und vor allem in Österreich.
Im modernen Forschungssystem mit seinen immer stärkeren Abhängigkeiten von selbst einzuwerbenden Fördermitteln seien neben wissenschaftlicher Exzellenz vor allem Risikomanagement-Fähigkeiten gefragt. "In den vergangenen zehn Jahren habe ich mich als Wissenschafter und meine relativ große Forschungsgruppe komplett selbst finanzieren müssen", sagte der Forschungsprofessor an der Carnegie Mellon University (CMU) in Pittsburgh, Mitbegründer der Firma SpiralGen und Präsident der Vereinigung österreichischer Wissenschafter in Nordamerika "ASCINA" (Austrian Scientists and Scholars in North America).
Draufgängertum an Unis sehr gefragt
Mit ihrem universitären Spin-off bieten Franchetti und Kollegen ein System, das automatisch Software für sehr verschiedene Computerplattformen optimiert. Das sei sehr komplexe Hochtechnologie-Forschung und eher "keine nette Idee, die man schnell in ein Produkt umwandeln kann", sagte Franchetti. Nach all den Erfahrungen mit der 2009 gegründeten Firma sage er trotzdem: "Der 'Mut zum Risiko-Teil' ist für mich stärker jener, den ich auf der Uni absolviert habe".
US-Unis seien jedenfalls sehr daran interessiert, in ihrem Umfeld entwickeltes Wissen in die Wirtschaft zu bringen. Auch die Stadt Pittsburgh habe viel Unterstützung bereitgestellt, die Beratungsleistungen seien aber nicht unbedingt auf die Anforderungen dieser sehr speziellen Firma zugeschnitten gewesen. Zwischen der Wissenschaft und der Wirtschaft musste sich Franchetti glücklicherweise nicht entscheiden, denn es gibt dort Modelle, die es erlauben, einen gewissen Teil der Arbeitszeit in solche Projekte zu stecken oder sich ein Jahr freistellen zu lassen.
Eine Frage der Grundeinstellung
Franchetti schätzt, dass auch in Österreich nicht der Mut und die Risikobereitschaft unter den Forschern das Problem ist, wenn es um die Umsetzung von Erkenntnissen aus dem Hochschul-Sektor am Markt geht. Noch mehr als in den USA stelle sich hier aber die Frage, ob es überhaupt eine Infrastruktur gibt, die einem dabei eine reale Chance lässt. "Du musst das Risiko eingehen können, ohne dass es dich zerstört", so der ASCINA-Chef.
In den USA sei mehr oder weniger jedem klar, dass man vielleicht mehrere Start-ups gründen muss, bis eines funktioniert. In Österreich bestehe die große Gefahr gleich "gebrandmarkt" zu sein, wenn eine Idee nicht funktioniert. Franchetti: "Wenn immer ich mit Leuten rede, kommt das oft fehlende Grundverständnis dafür zur Sprache, was es heißt, eine Firma zu starten. Ich bin mir nicht sicher, ob wir Österreicher diese Grundeinstellung wirklich haben."
Förderinstitutionen diesseits und jenseits des Atlantiks wollen natürlich beides: große Würfe einerseits und eine gewisse Sicherheit andererseits. "Aber den großen Wurf kann man natürlich nicht vorhersagen. Da geht es dann darum, die Diskrepanz zwischen dem zu managen, wie die Förderinstitutionen die Welt sehen und wie die Realität auf den Unis ist", so der Wissenschafter.
Es tut sich auch in Österreich etwas
Bei einer Gründung aus dem Hochschul-Umfeld heraus in Österreich brauche vor allem sehr viel Know-how über Förderinstrumente. Das erklärte Michael Hoffmann, Head of Finance & Business Development der Wiener Firma "SIMCaracters". Das Unternehmen geht im Herbst mit einem extrem realistischen Frühgeborenen-"Simulator" auf den Markt, an dem Ärzte und Pfleger die medizinische Versorgung von Frühchen trainieren können. Zum Glück tue sich an heimischen Unis schon seit einiger Zeit weit mehr, was Technologietransfer betrifft, so Hoffmann, der sich auch als Geschäftsführer der Forschungsservice und -beteiligungs GmbH der Medizinischen Universität Wien mit dem Thema befasst.
"Früher sind Gründungen in Österreich einfach passiert. Unis haben gesagt: Wir machen Grundlagenforschung. Die anwendungsorientierte Forschung war schon recht weit weg", so der Experte zur APA. Das galt jedenfalls für den medizinischen Bereich. Spätestens ab dem Zeitpunkt, an dem die Einwerbung von Drittmitteln wichtiger wurde, habe sich das jedoch geändert. Bei patentrechtlichem Know-how seien die Unis mittlerweile gut aufgestellt. Dem Thema Spin-offs werde nun strukturierter Aufmerksamkeit geschenkt - auch seitens der öffentlichen Hand.
Eine wichtige Rolle hätten hier international renommierte Forscher gespielt, die nach Österreich kamen. Sie würden sich Unterstützung bei einem solchen Vorhaben selbstverständlich erwarten, erklärte Hoffmann: "Da muss man dann an Unis auch mehr in Management-Themen denken."
Service: http://www.spiralgen.com; http://www.simcharacters.com