Heinz Faßmann: "Dualität der Akademie muss man hochhalten"
Der designierte Präsident der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), Heinz Faßmann, sieht in der Dualität der ÖAW als Gelehrtengesellschaft und Forschungsträgereinrichtung "etwas einmaliges in Österreich und diese Dualität muss man auch hochhalten", erklärte er nach seiner Wahl im Gespräch mit der APA. Die ÖAW soll weiterhin exzellente Forschungseinrichtung bleiben, die Grundlagenforschung expandieren und der europäische Forschungsraum stärker genutzt werden.
APA: Warum wollten Sie ÖAW-Präsident werden?
Faßmann: Ich habe meine wissenschaftliche Laufbahn an der ÖAW begonnen, mich verbinden viele positive Erlebnisse mit der ÖAW und ich bin froh, am Ende einer langen beruflichen Laufbahn viel von den Erfahrungen und Qualifikationen, die ich sammeln konnte, der Akademie wieder zurückgeben zu können. Das hat durchaus eine gewisse emotionale Komponente. Ich halte viel von der Akademie und freue mich, ihr in den nächsten Jahren dienen zu können.
Was zeichnet die ÖAW Ihrer Meinung nach aus?
Die Akademie hat auf der einen Seite eine lange Tradition im Bereich der Gelehrtengesellschaft und sie ist gleichzeitig ein moderner Forschungsträger. Diese Dualität ist etwas einmaliges in Österreich und diese Dualität muss man auch hochhalten, denn beide können voneinander profitieren. Das wird manchmal ein kleinwenig diskreditiert, speziell was die Gelehrtengesellschaft betrifft, aber in dieser steckt ein hohes Potenzial an Wissen und an Qualifikationen über ein breites disziplinäres Feld.
Entnehme ich dem, dass Sie der immer wieder geforderten Trennung von Gelehrtengesellschaft und Forschungsträgereinrichtung nichts abgewinnen können?
Nein. Ich verlange nur von denen, die das fordern, genauer hinzuschauen. Die Trennung der Gelehrtengesellschaft und des Forschungsträgers ist im Prinzip vollzogen. Operationell sind die beiden Einrichtungen unter dem Dach der Akademie vereint, aber funktionell getrennt. Aber es steht natürlich einem Präsidium immer frei, sich fachliche Meinungen aus der Gelehrtengesellschaft zu holen und für den Forschungsträger zu verwenden. Jede Forschungseinrichtung hat ein Beratungsgremium, ein Advisory Board, und die Akademie ist in der glücklichen Situation, dass sie über die Gelehrtengesellschaft gleichsam diese Funktion im Bauplan integriert hat.
Können Sie in groben Zügen erklären, wie Ihr Konzept für die Akademie aussieht?
Ich kann das unter drei "E" subsumieren: Die Akademie wird weiterhin eine exzellente Forschungseinrichtung bleiben. Das Exzellenzprinzip ist auch bei der Neuwahl von wirklichen Mitgliedern eine ganz entscheidende Größe. Zweitens will ich den europäischen Forschungsraum stärker nützen. Wir haben mit "Horizon Europe" ein unglaublich breites, auch finanziell attraktives EU-Rahmenforschungsprogramm und die Akademie wird sich damit auseinandersetzen. Drittens muss und soll Grundlagenforschung expandieren. Sie ist das Substrat, um anwendungsorientierte Forschungen zu ernähren und mit neuen Ideen auszustatten.
Es gibt häufig vorgeschriebene Abkühlphasen für Politiker, ehe diese eine Funktion an einer Institution einnehmen dürfen. Ihre politische Funktion liegt erst wenige Monate zurück, warum gilt eine solche Abkühlphase nicht für die Akademie?
Ich wüsste nicht, warum eine solche "Cooling-Phase" für Politiker für die Funktion eines Rektors einer Universität oder der ÖAW-Präsidentschaft sinnvoll wäre. Wir wollen ja einen Präsidenten haben, der sich auskennt, der mit dem Geschehen vertraut ist. Warum sollte der eine asketische Phase des Nichtinformiertseins über sich ergehen lassen, um dann wieder aktiv zu werden. Das wäre nicht gut für die Institution.
Das Gespräch führte Christian Müller APA