"Horizon 2020 Space - ein wichtiger Motor für Europa"
Die erfolgreiche Landung des chinesischen Rovers „Xutu“ vor einigen Tagen hat uns einmal mehr eindrucksvoll vor Augen geführt, wie aufregend Raumfahrt auf wissenschaftlicher und technologischer Ebene sein kann, und dass Europa ein starkes Raumfahrtprogramm braucht.
Raumfahrtanwendungen sind so sehr Teil unseres täglichen Lebens geworden, dass schwierig zu erkennen ist, wie abhängig wir davon sind, dass „da oben“ alles funktioniert. Viele Menschen sind sich dieser Abhängigkeit nicht bewusst und ahnen nicht, was passiert, wenn zum Beispiel alle Satelliten in der Erdumlaufbahn nicht mehr funktionierten. Der Ausfall von Internet, Handys, Kommunikation, von Fernsehen und Verkehr – um nur einige Bereiche zu nennen – würde unser Leben von einer Sekunde auf die andere ins Chaos stürzen. Das künftige Finanzierungsprogramm der Europäischen Union für Forschung und Innovation, Horizont 2020 ist angelaufen und wird von 2014 bis 2020 mit einer Summe von etwa 70 Mrd. Euro ausgestattet sein. In den ersten zwei Jahren stellt die EU der Wissenschaft und Unternehmen 15 Mrd. Euro bereit. Alleine für das Jahr 2014 ist ein Budget von 7,7 Mrd. Euro für die drei Grundpfeiler des EU-Programms vorgesehen, nämlich: „Wissenschaftsexzellenz“, die „führende Rolle der Industrie” und „gesellschaftliche Herausforderungen“. Das Thema „Raumfahrt“ ist Teil der zentralen Säule "führende Rolle der Industrie", interagiert allerdings auch mit Aktivitäten in den anderen beiden Bereichen. Für das Thema „Raumfahrt“ sind für den Zeitraum 2014-2020 Mittel in der Höhe von 1,42 Mrd. Euro im EU-Budget eingeplant.
Das Thema „Raumfahrt" wurde erstmals im vorangegangenen 7. Rahmenprogramm (FP7) in die Planungen aufgenommen. Gleichzeitig hat die Europäische Kommission die „Space Advisory Group“ (SAG) gegründet, ein strategische Beratungsteam, dem ich seit 2011 angehöre. Im Jahr 2012 hat die SAG eine „Roadmap“ zum Thema „Raumfahrt für Horizont 2020“ entwickelt, um folgende Ziele zu erreichen: Die Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit; Fortschritte in der Weltraumtechnologie; die effektive Nutzung der Daten von Raumfahrtmissionen sowie die Unterstützung von internationalen Partnerschaften in der Raumfahrt.
Viele Empfehlungen, die wir im Jahr 2012 ausgearbeitet hatten, wurden in das neue Raumfahrtprogramm von Horizont 2020 übernommen. Das Leitbild von Horizont 2020 Space hebt die Raumfahrt als Schlüsselsektor für die europäische Wirtschaft hervor. Die erheblichen Investitionen in die Satellitennavigation und Erdbeobachtung müssen sich nun durch die Flaggschiff-Missionen Galileo und Kopernikus „zu rechnen beginnen“. Das Thema Sicherheit ist die dritte Priorität der EU-Raumfahrtpolitik und beinhaltet das Weltraumwetter, erdnahe Objekte (Asteroiden), Weltraummüll sowie Aktivitäten zur Raumüberwachung.
Das ständig wachsende Problem des Weltraummülls benötigt innovative Lösungen, für Satelliten, die am Ende ihrer Lebensdauer angekommen sind, nicht zuletzt deshalb, um mögliche Kollisionen mit aktiven Satelliten zu vermeiden. Erdnahe Asteroiden kommen – wie die Bezeichnung bereits nahelegt – der Erde oft sehr nahe und stellen eine potenzielle Bedrohung für die Menschheit und das Lebens auf der Erde dar, wie uns kürzlich durch den Vorfall in Chelyabinsk (Russland) drastisch vor Augen geführt wurde. Andererseits sind diese Himmelskörper wichtig für unser Verständnis des frühen Sonnensystems und der Geschichte der frühen Erde. Erdnahe Asteroiden sind auch interessante Ziele für die Erforschung von Rohstoffen und als Zwischenstation interplanetarer Reisen.
Im Rahmen der „Roadmap Space Research in Horizon 2020“ haben wir deutlich die notwendige Unterstützung zur Nutzung der Internationalen Raumstation (ISS) hervorgehoben, insbesondere als Testumgebung für zukünftige bemannte Flüge zum Mond, zu Asteroiden und zum Mars. Gerade jetzt, nachdem die ISS fertiggestellt und mit sechs Astronauten bemannt ist, sollten die Investitionen durch wissenschaftliche und technologische Experimente genutzt werden. In Kürze wird eine Ausschreibung gezielt der Forschung auf der ISS gewidmet sein.
Die Datenauswertung von Raumfahrt Missionen sollte verbessert und unterstützt werden, insbesondere da Europa im Vergleich zu den USA international wettbewerbsfähig bleiben will. In den letzten zehn Jahren wurde eine umfangreiche Datenmenge aus der Atmosphäre und vom Marsboden gesammelt. Es ist eine Herausforderung, diese Daten für wissenschaftliche Zwecke voll auszuschöpfen. Die Ausschreibung zum Thema „Ausarbeitung von Marsdaten“ dient auch zur Vorbereitung der nächsten europäischen Mars-Missionen im Jahr 2016 (ExoMars-Orbiter und -Lander) sowie 2018 (ExoMars-Rover). Exomars 2018 ist Europas Flaggschiff-Mission zur Marsoberfläche und wird zum ersten Mal zwei Meter in den Mars-Untergrund bohren, um dort nach Lebensspuren zu suchen.
Eine der wichtigsten mittelfristigen Ziele der großen Raumfahrtorganisationen ist es, Proben vom Mars, von Asteroiden oder vom Mond zur Erde zu bringen. In der Vorbereitung für solche Missionen muss Europa eine geeignete Infrastruktur entwickelt haben, die eine Analyse von Proben verschiedener Himmelskörper erlaubt.
Diesem Thema ist die Ausschreibung zum Aufbau einer europäischen Infrastruktur für die „Kuration und Analyse von Proben aus dem Sonnensystem“ gewidmet.
Zusammenfassend möchte ich hervorheben, dass in Zeiten erheblicher Kürzungen im EU-Haushalt die gleichbleibende Finanzierung der Raumfahrt eindeutig zeigt, dass Europa die Bedeutung der Raumfahrt für Wirtschaft und gesellschaftliche Bedürfnisse erkannt hat. All das für die Raumfahrt innerhalb von Horizon 2020 erreicht zu haben, ist das Ergebnis intensiver kommunikativer Austauschprozesse zwischen Akteuren der EU-Kommission auf allen relevanten Ebenen und der Scientific Community, die das Thema Raumfahrt in Europa vorantreibt. Es braucht geeignete Foren, wo sich Politik und Wissenschaft austauschen und verständigen können, welche gemeinsam formulierten Ziele durch welche Maßnahmen erreichbar sind. Das betrifft sowohl die europäische Ebene als auch die Ebene der einzelnen Mitgliedsländer der Europäischen Union.
Selbst der Beitrag kleiner Länder im europäischen Kontext ist nicht zu unterschätzen. Zur Umsetzung der österreichischen Weltraumstrategie und den heimischen Ambitionen im Weltraum ist Horizon 2020 ein integraler Bestandteil. Das Weltraumengagement Österreichs basiert auf drei Säulen, nämlich Österreichs Engagement bei der Europäischen Raumfahrt Agentur ESA, unserem nationalen Weltraumprogramm ASAP und den Möglichkeiten, die Österreich durch Horizon 2020 erwachsen. Koordiniert werden die österreichischen Aktivitäten zum Thema Raumfahrt durch die FFG, die beginnend mit Dezember eine Reihe von Veranstaltungen organisiert, um Informationen aus erster Hand interessierten Personen und Institutionen anbieten zu können.