"Horizont 2020 - Chance und Herausforderung"
Mit „Horizont 2020“ startet eine neue Ära in der Europäischen Forschungs-, Technologie- und Innovationsförderung, ist doch dieses Programm mit einer Laufzeit bis 2020 und einem Finanzvolumen von knapp 80 Mrd. Euro (in valorisierten Werten) nicht nur eines der weltweit größten FTI-Programme sondern auch eines der bedeutendsten. „Horizont 2020“ wird Forschung, Technologie und Innovation (FTI) auf eine neue Art fördern: das Programm ist interdisziplinärer, problem- und damit gleichzeitig auch innovationsorientierter, setzt verstärkt auf Partnerschaften zwischen öffentlich und privat finanzierter Forschung und damit auch auf eine verstärkte Partnerschaft mit den Mitgliedsstaaten. Das Programm wird diejenigen, die sich daran beteiligen, auf vielfältige Weise fordern und bietet zugleich doch auch ungeheuer spannende Chancen.
In der Folge soll konkret auf einige Aspekte von Horizont 2020 eingegangen werden, auch um zu erläutern, welche neuen Herausforderungen, aber auch Chancen für die österreichischen FTI-Akteure gesehen werden:
1) Problemorientierung
„Horizont 2020“ hat den Anspruch mehr als nur ein weiteres FTI-Programm zu sein, das in einer Reihe mit den früheren Programmen steht. Daher auch der Bruch mit der Vergangen-heit. Es versteht sich nicht als 8. Rahmenprogramm für FTI sondern als wichtigstes Instrument einer neu gedachten europäischen Innovationsunion. In diesem Zusammenhang soll es dazu beitragen, dass Europa weltweit wettbewerbsfähiger wird und gleichzeitig als einer der Innovation Leader bei der Lösung der „Globalen Herausforderungen“ anerkannt wird. Dazu wird die Grundlagenforschung deutlich ausgebaut und die industrielle Forschung stark auf wenige große Themen konzentriert in denen die EU weltweit eine Führungsrolle anstrebt. Ebenso neu ist der stark problemorientierte Ansatz in der sogenannten dritten Säule, in der Antworten auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen gesucht werden, wie Klimawandel, Energieknappheit, Bevölkerungswachstum oder Gesundheit und alternde Gesellschaft. Zudem können FTI-Themen auch in einer der PPP-Initiativen (PPP=Public-Private Partnership; Anm.) aufgegriffen werden, auf die noch etwas später einzugehen sein wird.
Aus Sicht der Europäischen Kommission bedeutet das die Abkehr vom thematischen „Silo-Denken“. Für die FTI-Akteure in Europa folgt daraus eine stärker interdisziplinäre Herangehensweise, bei der es immer weniger ausreichen wird, lediglich auf die nächsten Ausschreibungen im jeweils eigenen Programmbereich zu warten, sondern aktiv seine Chancen zu suchen quer über alle Fragestellungen. Als ein Beispiel dazu mögen die Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) dienen, die sowohl in den „Gesellschaftlichen Herausforderungen“ (Säule 3) als auch in den „Industriellen Technologien“ (Säule 2) oder in der Säule 1 etwa im Bereich der „Future and Emerging Technologies (FET)“ zur Ausschreibung gelangen werden.
Als weiterer wichtiger Aspekt ist hier zu betonen, dass parallel und begleitend zur FTI in den Europäischen Innovationspartnerschaften auch Fragen der Umsetzung und der Rahmenbedingungen bearbeitet werden. Mit „Horizont 2020“ wird die Europäische Forschung daher auch mehr als bisher mit Sachpolitik verknüpft werden, vor allem etwa in den bereits vorhin erwähnten Themen Energie, Urbanisierung, Aktives Altern oder gesunde Ernährung.
2) Innovationsorientierung
Weitaus mehr als in früheren FTI-Rahmenprogrammen setzt „Horizont 2020“ auf Innovation. Damit wird zunehmend eine Forschung in den Vordergrund gestellt, die nicht nur dazu beiträgt innovative Produkte und Dienstleistungen hervorzubringen, sondern diese „fit for market“ zu machen oder diese gesamthaft in die Lösung der zuvor erwähnten großen „Gesellschaftlichen Herausforderungen“ einzubetten. Dieses Anliegen wird von der Grundlagenforschung beginnend quer über das gesamte Programm verfolgt. Es werden Maßnahmen zur Verfügung gestellt, die Entwicklungen entlang der Innovationskette unterstützen. Ein Fokus dieser innovationsorientierten FTI-Förderung werden die ‚Key Enabling Technologies‘ darstellen, namentlich IKT, Nanotechnologien, Material, Fertigungstechnologien, Weltraum und Biotechnologie. Dies sind beinahe alles Themen, die auch in Programmen des bmvit auf nationaler Ebene Schwerpunkte darstellen. Umso mehr werden diese nationalen Schwerpunkte so gestaltet, dass das damit verbundene Synergiepotenzial mit den Europäischen Programmen voll genützt werden kann.
Mit stark vereinfachten Beteiligungsregeln und im Vergleich zu bisher erhöhten Fördersätzen wird eine Programmbeteiligung für Akteure aus der Wirtschaft attraktiver - auch ein Versuch der Europäischen Union die Wirtschaftsbeteiligung an „Horizont 2020“ weiter zu verbessern. Zugleich lässt sich aber bereits jetzt erkennen, dass damit auch der Wettbewerb in den Bereichen der zweiten und der dritten Säule von „Horizont 2020“ noch intensiver wird als bisher.
3) Fokus auf Partnerschaften
Aufbauend auf Erfahrungen aus bisherigen Programmen setzt „Horizont 2020“ verstärkt auf Partnerschaften in Form von unterschiedlichen PPP-Modellen in definierten FTI Bereichen. Im „Innovation Investment Package“ soll dabei eine Summe von rd. 22 Mrd. Euro zur Verfügung stehen, wovon 8 Mrd. aus Mitteln von „Horizont 2020“ aufgebracht werden sollen. Der Rest soll über Industrie und/oder über Finanzierungsbeiträge der Mitgliedsstaaten finanziert werden.
Bei den JTIs ( Art.187 Initiativen) handelt es sich in vielen Fällen um die Fortführung von explizit industrieorientierten Partnerschaften aus FP7. Besonders herausgestrichen werden soll hier die Joint Technology Initiative (JTI) ECSEL zum Thema elektronische Komponenten und Systeme. ECSEL führt die JTIs ENIAC und ARTEMIS fort, bei denen Österreich im 7. Forschungsrahmenproramm (FP7) besonders erfolgreich war. Hier stellte das bmvit im Wege der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) bereits in FP7 ergänzend zur Finanzierung von EC und Industrie substanzielle Mittel aus der nationalen Programmförderung zur Verfügung. Dies soll aus Sicht des bmvit auch im Rahmen von ECSEL so weitergeführt werden. Die Herausforderung dabei ist, dass sich Programmakteure in längerfristigen strategischen Partnerschaften binden und auch entsprechend ausreichend eigene Finanzmittel einbringen. Dem gegenüber steht die verstärkte Möglichkeit der Mitgestaltung bei der Programmierung.
Als weitere Formen der Partnerschaften mit finanziellem Engagement der Mitgliedsstaaten gibt es neben den industrieorientierten PPPs thematisch fokussierte ERA-Nets (European Research Area Networks) sowie Joint Programming Initiativen zur gemeinsamen Programmplanung unter Mitgliedsstaaten. Wieder ein Beispiel aus dem bmvit ist hier die Joint Programming Initiative „Urban Europe“. Diese fokussiert auf Herausforderungen aber auch wirt-schaftliche Chancen die sich im Zusammenhang mit der zunehmenden weltweiten Urbanisierung ergeben.
Gerade bei den vielfältigen Partnerschaftsinitiativen zeigt sich, dass FTI-Akteure und Mitgliedsstaaten zunehmend von Konsumenten des EU-FTI Rahmenprogramms zu dessen Mitgestaltern werden. Voraussetzung dafür ist jedoch die ausreichende Zurverfügungstellung von jeweils korrespondierenden Mitteln so wie oben beschrieben.
Der Komplexität begegnen – das Beratungsangebot der FFG
Die für FTI zuständigen Bundesministerien haben die FFG beauftragt, ein an die Anforderungen der verschiedenen FTI-Akteure angepasstes Angebot zur Beratung und Unterstützung bei der Beteiligung an Horizont 2020 aufzubauen. Damit soll lückenlos an die bisher sehr geschätzte Betreuung durch die FFG für die Vorgänger-Rahmenprogramme, zuletzt FP7, angeschlossen werden. Die FFG leistet diese Unterstützung auf vielfältige Weise: durch das Abhalten von Informationsveranstaltungen und Trainings, Strategiegespräche, Beratungen, etc. und stellt darüber hinaus die österreichischen NCPs (National Contact Points) zu den Programmbereichen in „Horizont 2020“. Es sind alle, die an „Horizont 2020“ interessiert sind ausdrücklich eingeladen, dieses Angebot in vollem Umfang zu nützen!
Österreich war in den vergangenen FTI-Rahmenprogrammen sehr erfolgreich und diese internationale Kooperation führte zu einer nachvollziehbar deutlichen Qualitätssteigerung im heimischen FTI-Output. Lassen Sie uns doch gemeinsam und mit vereinten Kräften an der Weiterführung dieser Success-Story arbeiten!