"Wie komme ich zu Venture Capital?"
Private Equity ist in Österreich ein Nischenthema. Laut aktueller Statistiken der Austrian Private Equity & Venture Capital Organisation (AVCO), dem Dachverband der österreichischen Private Equity Branche, wurden 2011 gerade einmal 124 Mio. Euro an Private Equity investiert. Wenn man sich den Teil ansieht, der in Start-ups investiert wird – also klassischem Venture Capital – ist die Ausbeute noch geringer: gerade einmal 25,4 Mio. Eurowurden 2011 in 68 Unternehmen investiert.
Dies liegt – wenig überraschend – nicht daran, dass es in Österreich keine Nachfrage nach Venture Capital gibt. Im Gegenteil: Die Anzahl von innovativen, jungen Unternehmen, die das Potenzial zu hohen Wachstumsraten und internationaler Expansion haben, ist sehr groß. Das Problem ist eher im sehr spärlich ausgeprägten Angebot zu suchen. Die klassischen Sponsoren von Private-Equity-Fonds wie z.B. Banken und Versicherungsgesellschaften haben sich in den vergangenen Jahren bei (Neu-) Investitionen sehr stark zurück gehalten. Dies liegt an einer ganzen Reihe von Gründen:
• Die Asset Klasse Private Equity hat per se gewisse Nachteile: hohes Risiko, schwierige Übertragbarkeit von Fondsanteilen, Rückflüsse, die sich in der Regel erst am Ende der Fondslaufzeit einstellen etc.
• Die gesetzlichen Bedingungen für Private Equity in Österreich sind als mangelhaft zu bezeichnen. Und vor dem Hintergrund der gerade laufenden Debatten über die Umsetzung der EU-Direktive zum Management alternativer Investment Fonds (hierunter fällt auch Private Equity), der AIFMD, ist auch nicht mit einer Verbesserung zu rechnen. Zumindest steuert die Regierung durch das Bereitstellen von Mitteln, die in Start-ups investiert werden, teilweise entgegen (an dieser Stelle sei der neue aws-Gründerfonds erwähnt, der über die staatliche Förderbank des Bundes, die aws, betrieben wird).
• Selbstkritisch genannt werden muss hier aber natürlich auch die mitunter mangelhaften Performance bzw. eine verbesserungswürdige Institutional Quality mancher österreichischer Frühphasenfonds in der Vergangenheit.
Für Unternehmerinnen und Unternehmer, die Venture Capital wollen oder brauchen heißt das v.a. eines: der Wettbewerb ist hart! Nur wer perfekt vorbereitet in den Ring steigt, hat Aussicht auf den erfolgreichen Abschluss einer solchen Finanzierungsrunde. Mit der hemdsärmeligen Einstellung mancher Unternehmer "ich lasse mein Produkt / meine Dienstleistung für mich sprechen" schafft man es häufig nicht einmal in die erste Runde. Eines darf nicht vergessen werden: Das Risiko, das Venture-Capital-Investoren eingehen, wenn sie in ein Start-up investieren, ist sehr groß. Um dieses zu minimieren, wird nach sehr harten Kriterien versucht, die Spreu vom Weizen zu trennen. Das bedeutet, dass die Anforderungen an alle Aspekte des Unternehmens sehr hoch angesetzt sind. Und das umfasst eben nicht nur die Beherrschung einer (innovativen) Technologie.
Nun erwartet natürlich niemand von einem Start-up, dass es organisatorisch perfekt aufgestellt ist. Aber zumindest eine klare Vorstellung, einen Plan, muss man schon vorlegen können, wie - ermöglicht durch die Finanzierung - die Dinge innerhalb und außerhalb des Unternehmens laufen sollen. Dies wird dargelegt im Businessplan bei dem alle betrieblichen Funktionsbereiche systematisch abgehandelt werden. Da er nicht nur den Status quo sondern auch die zukünftige Entwicklung des Unternehmens behandelt, ist dieser Businessplan DAS strategische Planungsdokument eines jungen Unternehmens. Entsprechend viel Sorgfalt sollte in dessen Erstellung gelegt werden. Eine Auswahl typischer Fehler, die häufig gemacht werden, sind z.B.:
• Mangelnde Konsistenz: Ein Businessplan muss in sich stimmig sein. D.h. wenn man im Kapitel „Vertrieb“ einen personalintensiven Direktvertrieb mit Verkäufern in jedem Bundesland plant, dann muss man im Kapitel „Personal“ darauf eingehen, wie man diese Verkäufer finden, entwickeln und incentivieren will. Und im Kapitel "Finanzplan" müssen sich diese Verkäufer auch im Kostenblock wieder finden – mit entsprechenden Gehaltssteigerungen über die Jahre. Überhaupt kann man den Finanzplan als in Zahlen gegossene Zusammenfassung des Textteils eines Businessplans verstehen. Sie planen Radiospots um Ihr Produkt zu bewerben? Vergessen Sie nicht im Marketingbudget für einen entsprechenden Betrag zu sorgen – auch wenn Sie dann voller Erschrecken feststellen, dass Sie dadurch enorme Summen zur Finanzierung benötigen. Sind die Kosten zu hoch, überdenken Sie lieber Ihre Strategie als dass Sie Ihr Excel Sheet so hin trimmen, dass es gut ausschaut aber leider nicht mehr mit dem Gesagten im Textteil zusammen passt. Geübte Investment Manager erkennen solche Inkonsistenzen sofort und schließen daraus, dass Sie schlecht geplant haben.
• Propagandatonfall: Natürlich versuchen Unternehmer sich und ihr Unternehmen optimal darzustellen. So gesehen kann man einen Businessplan auch durchaus als "Werbemedium" für eine Finanzierung sehen. Das Problem dabei ist, dass man es bei Investment Managern mit einer sehr kritischen Spezies zu tun hat, die darüber hinaus sehr häufig über einen sehr guten Informationsstand sowie umfangreiche Erfahrung verfügen. Wenn Sie den Eindruck vermitteln, Sie sehen nur Chancen und keine Risiken, haben nur Stärken aber keine Schwächen, werden Sie entweder als weltfremder Naivling oder – noch schlimmer – als unseriöser Schwätzer eingeschätzt.
• Unrealistische Annahmen: Von null Umsatz auf 100 Mio. in drei Jahren? Unabhängig von Ihrem Geschäftsmodell: Das glaubt Ihnen niemand. Auch hier geraten Sie schnell in den Verdacht entweder keine Ahnung zu haben oder bewusst dick auftragen zu wollen. Bleiben Sie realistisch und damit seriös. Das kommt sehr viel besser an – auch wenn die Zahlenkolonnen dadurch weniger beeindruckend aussehen.
• Unverständlichkeit: Speziell bei technologieorientierten Geschäftsmodellen ist es mitunter ein echtes Problem herauszufinden, WAS das Unternehmen eigentlich macht. Hüten Sie sich vor zu vielen fachlichen Termini, die bei Investment Managern dazu führen können, sich überfordert zu fühlen. Erklären Sie klar verständlich in einem Satz was Sie vorhaben und womit Sie Geld verdienen wollen. Am besten testet man das vorab mit Freunden oder Bekannten, die nicht aus der Branche kommen.
Die nächsten Fallstricke warten dann bei der Erstpräsentation des Businessplans, beim Verhandeln von Letter of Intent und Beteiligungsverträgen und natürlich bei der Detailprüfung des Unternehmens durch Venture-Capital-Investor und dessen Berater, der so genannten "Due Diligence". Am Ende eines solchen – durchaus anstrengenden und mitunter auch langwierigen – Prozesses winkt jedoch ein Investor, der nicht nur Geld bereitstellt, sondern auch ein umfangreiches Kontaktnetzwerk und Erfahrung bei Aufbau von Unternehmen mitbringt. Dieser „Added Value“ ist ein nicht zu unterschätzender Werttreiber für das finanzierte Unternehmen und den gibt es – sozusagen gratis – dazu.