Aktive heimische Gründerszene mit Luft nach oben
Für Andreas Tschas, CEO von STARTeurope und Mitveranstalter des Pioneers Festival, hat die heimische Gründerszene in letzter Zeit eine dynamische Entwicklung hingelegt, um jedoch zu einem internationalen Hotspot aufzusteigen, müsse sich noch vieles verändern. Vor allem in der Kultur des Umgangs mit dem Unternehmergeist und dem Scheitern, sowie im weiteren Aufbau einer Community, die über die Grenzen hinaus vernetzt ist, gebe es noch viel zu tun. Dem heimischen Fördersystem kann Tschas zwar viel abgewinnen, die Aktivitäten privater Investoren seien aber noch sehr ausbaufähig. Die Unterschiede zwischen Standorten, in denen sich Start-ups traditionell gut entwickeln, wie dem Sillicon Valley, London oder Berlin und der Situation in Österreich seien insgesamt schwer zu bewerten.
Auf einer Notenskala würde Tschas der österreichischen Start-ups-Community "einen Dreier" geben. "Wir haben zwar ein paar gute Start-ups, aber nach wie vor könnte oder muss sogar mehr passieren. 70 Prozent der Studierenden können sich vorstellen, ein Unternehmen zu gründen, aber nur vier Prozent machen es dann" - ein klares Zeichen dafür, "dass da noch sehr viel Potenzial schlummert", so Tschas im Gespräch mit der APA. In der Forschung und Wissenschaft sei Österreich "sehr gut aufgestellt", die Möglichkeiten würden aber zu wenig genutzt.
Investoren und Steueranreize
Den Investoren würde Tschas "eine Drei bis Vier geben. Es gibt ein paar Investoren und Aktivitäten, die in die richtige Richtung gehen, aber auch da muss noch viel passieren". Insgesamt müsse auch globaler gedacht werden, um auch an Risikokapital aus dem Ausland heran zu kommen. Ist man über Österreich hinaus "in der Szene vernetzt", steigen auch die Chancen seine Idee finanziert zu bekommen. Auch mögliche Übersiedlungen in Länder mit mehr Tradition auf diesem Gebiet sollte man im Hinterkopf behalten, so Tschas. Mit Steueranreizen könne man ebenfalls viel tun. Gebe es mehr davon, würde es möglicherweise sehr schnell gehen, und weit mehr Ideen würden zur Umsetzung gelangen.
Was die Entwicklung von Start-ups am meisten beeinflusst, sei "die Community". Im Silicon Valley könne man das sehr stark beobachten und auch Berlin profitiere davon. "Da haben sich auch die Start-ups in einem Viertel zusammengefunden und angefangen zu arbeiten und einen 'Entrepreneurial Spirit' zu entwickeln". Große amerikanische Risikokapitalgesellschaften würden mittlerweile Büros in Berlin eröffnen.
Erfahrungsaustausch bringt Start-ups weiter
Tschas: "Das wichtigste ist die Stimmung und diese Community." Start-ups würden sich vor allem gegenseitig helfen. Denn auf dem Weg zur erfolgreichen Gründung gebe es sehr viele Hürden zu meistern. Hier seien der Rückhalt und das Feedback in der Szene von großer Bedeutung.
Die Stimmung in Österreich sei mittlerweile gut und auch die Aufmerksamkeit der Medien und der Politik nehme zu. Im Ausland höre man mittlerweile immer mehr Stimmen, die Österreich im Aufwind sehen. Zu der "aktiven Community" habe man mit dem Pioneers Festival und anderen Aktivitäten auch viel beigetragen, freut sich Tschas. In periodisch stattfindenden Veranstaltungen konzentriere man sich darauf, Leute miteinander ins Gespräch zu bringen und bei der Bildung eines Teams rund um eine Idee zu unterstützen.
"Kultur des Scheiterns" zu wenig entwickelt
Eine weitere Möglichkeit, das Thema voranzutreiben, seien universitätsübergreifende Lehrveranstaltungen und Initiativen an Schulen, in denen Studenten und Schüler an ihren Geschäftsideen arbeiten können. Mit einem Ideenwettbewerb an Schulen habe man vor zwei Jahren gute Erfahrungen gemacht. Tschas: "So viel Kreativität, wie damals präsentiert worden ist, haben wir auf keiner Veranstaltung wieder gesehen". Es scheine fast so, als ob das kreative und unternehmerische Denken mit der Zeit verloren gehe - auch eine Frage der Kultur. Was in Österreich auch fehle, sei "eine Kultur des Scheiterns". Im Silicon Valley geht man damit anders um - Scheitern gehört zum Gründen dazu und stigmatisiert den Gründer weniger.
Was die Förderungen betrifft, stehe Österreich zwar gut da, der Experte wünscht sich aber auch einen Blick über die Grenzen. Die Außenwirtschaft Österreich (AWO) hat Aktivitäten gestartet, mit denen heimische Start-ups in die USA ("Go Silicon Valley") und Großbritannien ("Go Cambridge") gebracht werden, doch auch ein anderer Ansatz wäre laut Tschas denkbar. "Mein Wunsch wäre ein 'Go Vienna'-Programm." Damit könne man etwa vielversprechende Initiativen aus Osteuropa nach Wien holen. "Dort gibt es so viel Potenzial und mit den Rahmenbedingungen und dem Fördersystem in Österreich kann man da schon einiges machen". Das Pioneers Festival, an dem heuer Start-ups aus 24 Ländern teilnahmen, könnte hier entscheidende Brücken bilden, gibt sich der Mitveranstalter überzeugt.
Alt mit Neu
Auch eine stärkere Vernetzung von "Old-" und "New-Economy" sei sinnvoll. Das Interesse seitens der Konzerne steige kontinuierlich, manche Firmen suchen neuerdings aktiv den Kontakt zur Start-up-Szene. "Ich würde mir wünschen, dass das noch mehr Firmen erkennen", so Tschas.
Von Nikolaus Täuber/APA-Science