Neue Dimensionen der Präzision
Neben den aufregend erscheinenden Möglichkeiten, die Quantencomputer oder ein Quanteninternet bieten könnten, nimmt sich die Sensorik, die auf Quantenmethoden beruht, auf den ersten Blick unscheinbar aus. Doch der Eindruck täuscht. Ultrapräzise Sensoren, die zum Beispiel einzelne Atome zur Messung einsetzen, könnten ungeahnte Einblicke in den menschlichen Körper und sogar in Naturgesetze ermöglichen.
"Die Grundidee ist, dass Quantenfluktuationen der Genauigkeit von Präzisionsmessungen, etwa von der Zeit, Grenzen setzen. Es hat sich aber gezeigt, dass diese Grenzen nicht in Stein gemeißelt sind", erklärte Helmut Ritsch vom Institut für Theoretische Physik an der Universität Innsbruck im Gespräch mit APA-Science. Wie auch Wissenschafter der Technischen Universität (TU) Wien wird sich Ritschs Team im Rahmen des Projekts "iqClock" des Quanten-Flaggschiffprogramms der EU am Aufbau eines europäischen Netzwerkes für aktive optische Laseruhren beteiligen, deren Genauigkeit die herkömmlicher Atomuhren übertreffen soll.
Von Astronomie bis Navigation
Ultrapräzise optische Atomuhren weisen über das gesamte Alter des Universums nur eine Sekunde Abweichung auf, erklären Experten. Diese Uhren aus den Laboren in eine robuste und kompakte Form zu bringen, könnte Fortschritte in vielen Bereichen bringen, wie es auf der Projekt-Webseite heißt: Von der Telekommunikation (z.B. Netzwerk-Synchronisation, Navigation ohne GPS) über Montangeologie (Monitoring von Gewässern oder Eisflächen) bis Astronomie (Detektion von niederfrequenten Gravitationswellen, Synchronisierung von optischen Teleskopen).
Im Mittelpunkt der Forschungsanstrengungen steht nun die Entwicklung eines superradianten Lasers. Ein solcher Laser strahlt zwar weniger Lichtteilchen aus als die bisher verfügbaren Geräte, aber dafür ist die Frequenz des Lichts weitaus stabiler und störungssicherer, wodurch sich entsprechend genauere Uhren bauen lassen.
Ritsch rechnet damit, "dass wir in der Projektlaufzeit so einen Laser im Labormaßstab zum Laufen bringen". Die nächste Frage sei, wie klein man das System dann machen kann, damit es zum Beispiel auch in einen Satelliten passt. "Was wir als theoretische Physiker hier machen ist, noch einmal einen Schritt, eine Generation weiter zu denken, und zu überlegen: Was wäre, wenn man all das technologisch schon zur Verfügung hätte", so Ritsch, der sich erfreut zeigt, "dass auch die Weiterentwicklung fundamentaler Theorien Platz in diesem Flaggschiff-Projekt bekommen hat."
Quantensensorik und -metrologie
In der "Sensorik"-Säule des Flaggschiff-Programms wurden neben dem von der Universität Amsterdam geleiteten "iqClock" drei weitere Projekte genehmigt. Im Rahmen von ASTERIQS (Advancing Science and TEchnology thRough dIamond Quantum Sensing) will man sich Defekte im Diamantgitter zunutze machen, um unter anderem Magnetfeld-Sensoren für Autoindustrie, Biologie oder Kommunikation zu entwickeln, hohen Druck oder Temperaturen zu messen oder die Struktur von einzelnen Molekülen zu untersuchen. An ASTERIQS sind unter der Führung des französischen Technologiekonzerns Thales 22 Partner beteiligt.
Das vom schweizerischen CSEM geleitete und insgesamt 13 Partner umfassende Projekt MACQSIMAL (Miniature Atomic vapor-Cells Quantum devices for Sensing and Metrology AppLications) soll neue Sensoren mit stark verbesserten Leistungen hervorbringen.
Das Projekt MetaboliQs (Leveraging unparalleled room temperature quantum coherence to enable safe, first-of-its-kind, multimodal cardiac imaging), das von der deutschen Fraunhofer Gesellschaft koordiniert wird (sieben Partner), will diamantenbasierte Quantentechnologie mit medizinischer Bildgebung kombinieren um die Detektion kardiovaskulärer Krankheiten zu verbessern.