Physiker dehnen Quantennetzwerk mit "geschicktem" Ansatz deutlich aus
Wiener Physikern ist es erstmals gelungen, ein Netzwerk mit vier Teilnehmern aufzubauen, in dem Information quantenphysikalisch verschlüsselt verteilt wird. Die aufgrund der Quantenmechanik garantiert abhörsichere Kryptografie könne mit dem "geschickten" neuen Ansatz einen wichtigen Schritt Richtung Quanteninternet machen, so Rupert Ursin über die im Fachblatt "Nature" erschienene Arbeit.
Das Phänomen der Verschränkung besagt, dass zwei Teilchen - etwa Photonen - wie durch "Geisterhand" miteinander verbunden bleiben: Die Messung an einem legt unmittelbar den Zustand des anderen fest. Misst man an einem dieser Teilchen beispielsweise die Richtung der Lichtschwingung (Polarisation), zeigt sich, dass das Partnerteilchen auch in der selben Richtung schwingt.
Der von Albert Einstein einst als "spukhafte Fernwirkung" abgetane Effekt findet bereits Anwendung in der Quantenkryptografie. Mit seiner Hilfe lassen sich Code-Schlüssel auf absolut abhörsichere Weise übermitteln - versucht ein Dritter mitzuhören, schlägt das System sofort Alarm. "Die Quantenkryptografie ist die Kunst, Schlüssel zu verteilen, die man später in der klassischen Kommunikation zur Verschlüsselung klassischer Nachrichten braucht", sagte Ursin im Gespräch mit der APA.
Die meisten bisherigen Ansätze zielen darauf ab, abhörsichere Schlüssel zwischen zwei Gesprächspartnern zu erstellen. "Das ist aber nicht, was man in einem modernen Quanteninternet brauchen wird", so Ursin. Wie in einem klassischen Netzwerk soll auch dort jeder mit jedem kommunizieren können. Bisherige Systeme schaffen das jedoch nur mit komplexen und mitunter fehleranfälligen Hardware-Setups, mit denen die Schlüssel für jeden Nutzer generiert werden. Trotzdem konnte so nur eine stark begrenzte Anzahl an Verbindungen realisiert werden.
"Fully connected network" aufgebaut
Das Wiener Team um Ursin, Gruppenleiter und Vize-Direktor am Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), ist nun überzeugt, hier eine "sehr geschickte, kostengünstige" und vor allem technisch ressourcensparende Lösung gefunden zu haben. Ihnen ist es in Zusammenarbeit mit dem Austrian Institute of Technology (AIT) gelungen, ein "Fully connected network" - sozusagen ein "Rundum-verbundenes-Netzwerk" - aufzubauen.
In dem System, das die Wissenschafter, die es mit ihrer Arbeit auf das "Nature"-Titelblatt geschafft haben, bereits im Experiment getestet haben, gibt es lediglich eine Quantenquelle, die die verschränkten Photonenpaare herstellt. Im Gegensatz zu früheren Ansätzen sind die Lichtteilchen hier aber nicht nur hinsichtlich ihrer Polarisation verbunden. Die erweiterten Quantenquellen schaffen auch farbliche Verschränkungen. Ursin: "Sie stellen einen ganzen Regenbogen an Photonen her."
Die Farben nutzen die Forscher, um die Photonen immer paarweise eindeutig den Netzwerk-Usern zuzustellen. In Verbindung mit der ebenso verschränkten Polarisation - aus der der eigentliche kryptografische Schlüssel erstellt wird - erlaube das, größere Netzwerke aufzuspannen, "wo jeder mit jedem ein verschränktes Paar bekommt", sagte Ursin. Da sich die Photonen aber in "Hyper-Verschränkung", also einem abseits von Farbe und Polarisation noch über mehrere weitere Eigenschaften verschränkten Zustand befinden, sind Netzwerke mit noch mehr Teilnehmern möglich, ohne dass dafür zusätzliche Übertragungsfasern zwischen Netzwerkern verlegt werden müssen. Wie groß diese Netzwerke tatsächlich werden können, sei noch nicht klar. Es könnte aber "in die Hunderte oder vielleicht Tausende Clients gehen", sagte Ursin.
Service: https://dx.doi.org/10.1038/s41586-018-0766-y