Med-Uni Graz im Netzwerk zur Erforschung von Leben auf Planeten
Mikroorganismen können Kälte, Hitze oder auch Trockenheit überleben - möglicherweise auch auf Planeten wie dem Mars. Das "Center for Life Detection" der Med-Uni Graz bietet entsprechende Analysemöglichkeiten, um das Finden von Leben außerhalb der Erde voranzutreiben. Neben dem Institut für Weltraumforschung ist es einziger österreichischer Partner der EU-Forschungsinfrastruktur "Europlanet 2020".
Nicht nur die Suche nach Leben im Weltall ist der Wissenschaft ein Anliegen, wichtig ist auch die Frage, wie sich das mögliche mikrobielle Leben im All auf die Astronauten in Raumfahrzeugen und Raumstationen auswirkt. "Die natürliche mikrobielle Besiedelung des menschlichen Körpers und damit seiner biotischen und abiotischen Umgebung stellt die bemannte Raumfahrt vor einige Herausforderungen", sagte Christine Moissl-Eichinger, Professorin für interaktive Mikrobiomforschung an der Medizinischen Universität Graz, im APA-Gespräch.
Rund 90 Prozent der Zellen im menschlichen Körper sind Mikroorganismen - etwa 10.000 Arten von Mikroben leben in und auf unserem Körper. Die Wechselwirkungen mit diesem sogenannten Mikrobiom des Menschen sind daher von außerordentlicher Wichtigkeit für die Funktion und Gesundheit des Menschen, schilderte die Mikrobiologin. Sie untersucht beispielsweise die Mikroorganismen an Bord der internationalen Raumstation ISS: "Hier geht vor allem darum zu klären, wie die Mikroorganismen in der Raumstation die menschliche Gesundheit beeinträchtigen könnten, oder eventuell auch die Integrität und Technik von Raumfahrzeugen beeinflussen."
Mikroben reagieren mit Stress
Untersucht werde auch, wie sich Mikroben an die Bedingungen im Weltraum anpassen. Soeben hat Moissl-Eichinger eine Publikation dazu eingereicht, die im Wesentlichen besagt, dass die Mikroorganismen unter diesen extremen Bedingungen auf der ISS mit sehr viel Stress reagieren. Damit hätten sie auch die Tendenz, Resistenzen (z.B. gegen Antibiotika; Anm.) anzuhäufen: "Das heißt, dass sich die Mikroben gegen den Stress schützen wollen und Schutzmechanismen aufbauen."
Eine Gesundheitsbeeinträchtigung der Menschen an Bord sei daher unter Umständen nicht ganz auszuschließen. "Wobei es sich dort in der Regel um gesunde Personen handelt, das sollte ihnen normalerweise nichts ausmachen", schränkt Moissl-Eichinger ein. Auch im kommenden Jahr werden auf der ISS Proben gesammelt und ausgewertet. In der neuen Versuchsreihe geht es noch konkreter um die Anpassungsmechanismen der Mikroorganismen und wie sich deren Biodiversität über ein halbes Jahr verändert.
"Center for Life Detection"
Nun greift die Forscherin im Rahmen des EU-Projektes "Europlanet 2020" weiter nach den Sternen: Im Rahmen dieses Infrastrukturprojektes werden Institute, Universitäten und Forscher in Europa, die sich mit der Erforschung von Planeten beschäftigen, gefördert. Das von ihr geleitete "Center for Life Detection" ist Teil der europäischen Infrastruktur geworden und bietet laut Moissl-Eichinger die besten Analysemöglichkeiten von Leben in geringsten Spuren: "Neben Next Generation Sequencing zur Bestimmung und Zusammensetzung der mikrobiellen Diversität in manchen Proben, steht auch ein komplettes Equipment zur Anzucht von sauerstoffempfindlichen Mikroben bereit". Dieses habe in der ersten Ausschreibungsrunde von "Europlanet 2020" großen Anklang gefunden: Vier Forschergruppen haben in den vergangenen Monaten dazu in Graz geforscht.
So wurden gewisse Mikroben auf ihre Fähigkeit hin untersucht, Mars-Bedingungen zu überstehen, und Proben aus einem Salzsee in Äthiopien mikrobiell analysiert und quantifiziert. Bisher habe man dort kaum Leben vermutet, nun ist den Forschern aber ein entsprechender Nachweis gelungen. Die aufgefundenen Mikroorganismen seien an einen sehr niedrigen pH-Wert und hohe Salzkonzentrationen angepasst: "Ein ganz extremes Biotop. Für uns ist das wieder ein Beweis, dass sich Leben überall anpassen kann und dass die Wahrscheinlichkeit dadurch steigt, irgendwo außerhalb der Erde Leben zu finden."
Unerwartete Diversität in italienischer Höhle
Darüber hinaus hat ein Kölner Forscher Proben aus einer tiefen und schwer zugänglichen italienischen Höhle auf menschenassoziierte Mikroben hin überprüft. "Dort haben wir eine unerwartete Diversität an Mikroorganismen gefunden, welche eigentlich erstaunlich für die Beschaffenheit der Höhlen war", erklärt Moissl-Eichinger.
Ausgewertet wird auch Probematerial aus der simulierten Marsmission "Mars 500". Darüber hinaus untersuchen die Grazer Forscher gemeinsam mit Kollegen vom Deutschen Luft und Raumfahrtzentrum Proben der Concordia Antarktis Station auf mikrobielle Kontamination durch den Menschen.