"Warum ich trotzdem gerne Lehrer bin?"
In der Theorie wird in Österreich von praktisch jedem davon gesprochen, dass Bildung das höchste und wichtigste Gut für unsere Gesellschaft ist. Doch was ist jeder Einzelne bereit, dafür zu tun und wie zeigt eine Gesellschaft bzw. ein Staat, was ihm wichtig ist?
Kurz und knapp: durch den Stellenwert und das Ansehen in der Gesellschaft und durch Investitionen in diesem Bereich. All das ist in Österreich, wie ich im Lehrerjargon sagen würde, unterdurchschnittlich. Lehrer und Kindergartenpädagogen haben in Österreich ein schlechtes Ansehen und bekommen sehr wenig Anerkennung und Wertschätzung. Auch die Bezahlung ist entgegen der landläufigen Meinung eher unterdurchschnittlich. Besonders stark kommt das bei den Kindergartenpädagogen zu Tage. Aber auch die Lehrer verdienen im Durchschnitt weniger als andere Akademiker in unserem Land. Im internationalen Vergleich steigen Pädagogen schlecht aus: In den Ländern, die immer als Vorbild bei Bildungsdebatten genommen werden, wie zum Beispiel in Südkorea, verdienen die Pädagogen 130% eines durchschnittlichen Akademikergehalts. Man pickt sich da meiner Meinung nach also die Rosinen heraus. Man will "nur" die tollen PISA-Ergebnisse von Südkorea erzielen. Die Anstrengungen und Ressourcen, die Südkorea da hineinsteckt, möchte man aber nicht leisten.
Auch beim Bildungsbudget liegen wir laut OECD Statistik mit 5 % des BIP unter dem OECD-Schnitt. In meinen Kabarettprogrammen will ich solche Informationen aufzeigen und mit Charme und Schmäh gegen das schlechte Lehrerimage kämpfen. Meine Botschaft ist: "Lehrersein ist ein harter Job und verdient Anerkennung." Es gibt viel Neid, dabei steht es jedem frei, diesen Beruf zu ergreifen. Wir haben in manchen Fächern und Schultypen ja sogar einen Lehrermangel in Österreich. Das heißt, die Türen stehen weit offen für interessierte Bewerber. Wenn man aber jemanden fragt: "Willst du den Job machen?", hört man nur: "Nein Danke!" Aber mitreden wollen alle. Anscheinend glauben sehr viele Menschen, dass sie ein Bildungsexperte sind, weil jeder einmal in der Schule war. Aber das ist natürlich Blödsinn. Aber am ärgerlichsten ist für viele Lehrer, wenn Personen wie Andreas Salcher als Bildungsexperten von den Medien befragt werden. Nur weil ich schon mal einen Bausparvertrag abgeschlossen habe, bin ich auch noch lange kein Finanzexperte.
Unattraktiver Lehrerberuf
Das macht den Lehrberuf wenig attraktiv: im Kreuzfeuer der Kritik zu stehen, ein Feindbild für viele zu sein, bei überdurchschnittlichem Einsatz mäßig bezahlt zu werden, wo viele Lehrer doch nur eines wollen: Junge Menschen auf ihrem Bildungsweg zu begleiten, damit diese ihre Zukunft bestmöglich gestalten können.
Wenn man also möchte, dass sich die jungen Leute um den Lehrerjob anstellen, damit man auch die gewünschten Auswahlverfahren machen kann, bei denen man die besten der besten für den Lehrerjob aussuchen kann, dann muss man diesen Job attraktiver machen. Und das macht man zum Beispiel mit dieser leidigen Feriendiskussion jedes Jahr vor Ferienbeginn sicher nicht. Eines muss man dazu klar festhalten: Bei der Ferienlänge insgesamt liegen wir genau einen Tag über dem OECD-Durchschnitt. Und ich habe nicht das Gefühl, dass dieses Thema in anderen Ländern so oft so intensiv diskutiert wird.
Fakten zum Bildungssystem
Ich glaube, dass unser Bildungssystem zu oft schlechtgeredet wird. Bei den wirklich interessanten Kennzahlen liegt Österreich nämlich sogar weit vorne: Zum Beispiel ist Österreich das beste OECD-Land, wenn es darum geht, wie gut der Übergang von der Schule ins Berufsleben geschafft wird. Und das ist für mich persönlich als Vater tausendmal relevanter als irgendein Pisa-Test, der von bestimmten Wirtschaftsorganisationen willkürlich nach deren Interessen erstellt wurde. Aber über diese positiven Kennzahlen spricht komischerweise kaum jemand, dafür ständig über Pisa, obwohl diese Tests im Grunde überhaupt nichts über den Bildungserfolg oder das Lebensglück von jungen Menschen aussagen.
Es gibt natürlich Verbesserungsbedarf. Aber man muss bei den Reformen die Lehrer mit einbauen. Ein ganz konkretes Anliegen wäre ein Ausbau des Unterstützungspersonals an den Schulen, also Sekretäre, Sozialarbeiter, Psychologen, die all das abdecken, was nicht direkt mit dem Unterrichten zu tun hat. Da liegt Österreich an letzter Stelle, mit weitem Abstand zum Zweitletzten, der Türkei. Würde man da etwas tun, könnten wir Lehrer uns auch wieder mehr auf unsere eigentliche Aufgabe konzentrieren: auf das Unterrichten. Derzeit übernehmen wir extrem viele Administrationstätigkeiten. Viele Landesschulen haben ja überhaupt kein Sekretariat. Und auch sehr viele soziale Probleme, die in die Schule hereingeschwappt sind, müssen wir alleine lösen.
Zurück zur anfangs gestellten Frage: Warum bin ich gerne Lehrer?
Ich persönlich habe schon in meiner eigenen Schulzeit gespürt, dass der Lehrerjob etwas für mich sein könnte. Ich habe immer viel lieber mit Menschen gearbeitet als irgendwo alleine vor dem Computer zu sitzen. Und ich hatte immer schon den Drang, Menschen zu unterhalten und ein "Rundenschupfer" zu sein. Dieser Neigung gehe ich jetzt als Kabarettist und Lehrer nach.
Ich muss ja ganz ehrlich zugeben: Die beiden Berufe sind sich gar nicht so fremd. Man muss in beiden Berufen überzeugend und spannend Inhalte vermitteln. In der Schule konkurriert man dabei noch mit Smartphones, Instagram und anderen Medien. Da müssen die Inhalte schon spannend daherkommen, denn Schüler sind sicher das kritischste Publikum der Welt - eine gute Übung für die Bühne. Noch härter formuliert: Wenn man vor Schülern bestehen kann, besteht man vor jedem Publikum der Welt. Natürlich hilft auch die Bühnenerfahrung im Klassenzimmer. Als Kabarettist versucht man ja auch dauernd, die Leute mitzureißen. Das heißt, die beiden Berufe ergänzen sich natürlich sehr gut. Und der Stoff fürs Kabarett geht einem beim Thema Schule und Bildung nie aus...
Trotzdem habe ich mich aber lange gewehrt, Kabarett über das Thema Schule zu machen. Aber irgendwann hat mich so geärgert, dass die Lehrer und Schule in den Medien so schlecht wegkommen, da habe ich mir gedacht, ich nutze die Chance, dass ich Kabarettist bin und zeige die andere Seite, zum Beispiel, dass es die Lehrer nicht so leicht haben. Und vom Publikum kommt dann oft auch: Das oder das habe ich gar nicht bedacht.
Lehrer wollte ich übrigens schon seit meiner eigenen Schulzeit werden, weil der Beruf sinnvoll ist und weil man als Pädagoge junge Menschen in einer sehr wichtigen Phase ihres Lebens begleiten kann.
Und, weil ich in diesem Beruf genau das, was ich am besten kann - nämlich gut mit Menschen umgehen und Inhalte sehr gut vermitteln - perfekt einbringen kann. Dadurch mache ich meinen Job sehr gern, habe noch immer Liebe und Begeisterung für den Beruf und nehme mir vor jeder Unterrichtsstunde vor, dass ich sie zu meiner bisher besten mache.
Mein Wunsch an die Schule der Zukunft ist wenig überraschend: dass den Lehrern wieder mehr Vertrauen entgegengebracht wird. Sie sind die wahren Bildungsexperten, weil sie jeden Tag in der Schule stehen und wissen, was gebraucht wird. Bezieht die Lehrer stärker in die Bildungsreformen mit ein! Sie müssen sie ja schließlich auch tragen und umsetzen!