Die Entwicklung des Spiels, ein Abriss
Das Spiel und Spielen gehört bekanntlich seit jeher zum Menschen. Es hat sich durch die Epochen hindurch ständig verändert.
In der Steinzeit hatte das Spiel meist eine divinatorische Funktion, um die Zukunft vorherzusagen. Gleichzeitig war es auch eine Art Überlebenstraining. Bei den historischen Hebräern versuchte man dann den Willen Jahwes durch Losen zu erkunden. In den Kulturen von Ur und Ägypten erfüllte das Spiel kultische Zwecke.
Bei den antiken Griechen ging es oftmals um die Stellung der mächtigsten Krieger, die in sportlichen Wettkämpfen ermittelt wurden. Das gipfelte in den Olympischen Spielen des Altertums. Zudem erlebte das Theater eine erste Hochphase. "Es kommt zu einer Teilung in Akteure und Zuschauer", erläutert Alexander Pfeiffer, Leiter des Zentrums für Angewandte Spielforschung an der Donau-Universität Krems.
Das führt schließlich zu den Gladiatoren. "Brot und Spiele" und das römische Reich sind untrennbar miteinander verbunden. Das Spiel als Entertainment für die Massen, damit wurde das Volk ruhig gestellt und von der Politik ferngehalten. Die Gladiatoren waren wohl auch die ersten professionellen Sportler.
Im Spätmittelalter kommt es durch das Glücksspiel zum Austausch von Besitz. In der frühen Neuzeit dient das Spiel auch wohltätigen Zwecken (Lotterien für Arme). Die Funktion als Erholung (Kartenspiel wie Pharao, aber auch Schach) von der Arbeit rückt im Barock verstärkt in den Fokus. "Es ist außerdem die gesellschaftliche Möglichkeit, 'Esprit' zu zeigen", formuliert es Rainer Buland, Leiter des Instituts für Spielforschung an der Universität Mozarteum in Salzburg.
Als Lern- und Bildungsmaterial gewinnt das Spiel um 1800 zusehends an Bedeutung und wird im Laufe des 19. Jahrhunderts vermehrt in der Propaganda eingesetzt.
Bürgerliches Spiel
Dieser Spielbegriff prägt im Großen und Ganzen noch das heutige Spielverständnis. Er geht laut Kulturwissenschafter Ernst Strouhal (Universität für angewandte Kunst, Wien), der sich seit Jahren mit den Phänomenen des Spiels auseinandersetzt, mit dem Aufstieg des Bürgertums (spätes 18. Jhdt.) einher.
"Im Kern besagt das, dass das Spiel mehr als nur Spiel sein muss", erklärt Strouhal. Beim Spielen solle man sich genussreich bilden - eine Art frühes Infotainment. Spiel wird in dieser Zeit didaktisiert und ästhetisiert. Es wird mit Sinn aufgeladen. Manche Spiele werden aufgewertet, besonders solche, wo man Leistung erbringen muss. In diese Zeit fällt laut Strouhal auch der Ursprung des modernen Leistungssports.
Glücksspiel dagegen wird abgewertet. "Im Mittelalter war es für Erwachsene nicht vorstellbar, ohne materielle Einsätze zu spielen", erklärt der Kulturwissenschafter. "Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Spiel des Erwachsenen zurückgedrängt, das kindliche Spiel hatte noch Bestand, aber Erwachsene mussten produktiv sein. Spielen galt Vielen eben als unproduktiv", meint wiederum Pfeiffer. Der Mathematiker und Spieltheoretiker Karl Sigmund hält dazu in einem Blog fest: "Selten ist ... ein Spiel von unmittelbaren Nutzen, aber offenbar längerfristig von Wert: ohne Zweck, aber sinnvoll."
In weiterer Folge - im 20. Jahrhundert - wird das Spiel zusehends zu einem Wirtschaftsfaktor. Mittlerweile ist das Glücksspiel zu einer der wirtschaftlich stärksten Branchen weltweit aufgestiegen. "Wir erleben heutzutage eine ludische Kultur. Vor allem die Glücksspielindustrie ist - teilweise mit verheerenden Folgen - stark im Aufwind", so Strouhal. Er warnt weiter, den Aufstieg des Glücksspiels müsse man sehr kritisch betrachten: "Da wird fast jeder zweite Euro mit Spielsüchtigen gemacht."
Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts hat das Spiel laut Buland durch die Informationstechnologie verstärkt die Funktion als Kreativitätsmotor und der Simulation von möglichst realistischen Zusammenhängen bekommen. Außerdem haben sich Computer- und Videospiele laut Strouhal zum zentralen Medium der Jugendkultur entwickelt. Elektronische Spiele wurden zu einem global Player der Kultur- und Freizeitindustrie.