Projekt "Time Machine" will virtuelle Zeitreisen ermöglichen
Aus historischen Daten aus ganz Europa soll ein "Big Data der Vergangenheit" werden. Geht es nach den Vorstellungen des "Time Machine"-Konsortiums könnte das etwa in virtuelle Rekonstruktionen von Geschichte münden. Im Rahmen eines Infotages in Wien gab es Einblicke in das Vorhaben. Ihren Sitz hat die neu gegründete "Time Machine Organisation" in der Bundeshauptstadt.
Besonders in Europa stoße man quasi allerorts auf historische Daten. Wissenschafter haben diese auch vielfach eingehend beforscht - meistens analog. Durch die neuen Möglichkeiten, die Digitalisierung, Big Data-Analysen, Künstliche Intelligenz (KI) und Computervisualisierungen seit einiger Zeit bieten, eröffnen sich auch ganz neue Möglichkeiten zur Aufarbeitung des europäischen Kulturerbes, zeigte sich der Präsident des internationalen Archivnetzwerkes ICARUS und "Time Machine"-Mitinitiator, Thomas Aigner, im Gespräch mit der APA überzeugt.
50 österreichische Forschungseinrichtungen, Archive und Firmen beteiligt
Gedacht wird in diesem Zusammenhang auch durchaus groß: Derzeit zählt das wissenschaftliche Konsortium rund 500 Mitglieder, 410 davon kommen aus Europa. Der österreichische Anteil daran ist mit insgesamt rund 50 Forschungseinrichtungen, Archiven oder Firmen, die sich mit virtuellen Rekonstruktionen beschäftigen, proportional am größten, wie Aigner betonte. Im Herbst hat man gemeinsam die "Time Machine Organisation" (TMO) gegründet, im Rahmen derer das Vorhaben vorangetrieben wird. Ihr Hauptsitz wird gerade in Wien aufgebaut, ab Anfang März soll die Vereinigung voll operativ tätig sein, so Aigner.
Im vergangenen Jahr war die Initiative einer von sechs Kandidaten im Rennen um die hohen Förderungen im Rahmen der EU-Flagship-Initiative. Mittlerweile ist dieses Förderprogramm, das bis zu einer Milliarde Euro in Aussicht gestellt hat, jedoch offiziell eingestellt. Die "Time Machine"-Idee verfolge man aber unabhängig davon weiter, derzeit im Rahmen der Erarbeitung einer Art Fahrplan über zehn Jahre, "um das europäische kulturelle Erbe ins digitale Zeitalter zu bringen". Daran seien insgesamt "mehrere Hundert europäische Experten" beteiligt, sagte Aigner. Die TMO soll nun einzelne Projekte auf der Basis von nationalen oder EU-Forschungsprogrammen vorantreiben.
Er verweist darauf, dass es die TMO auch zu einer Erwähnung im Programm der türkis-grünen Regierung gebracht hat. Dort ist von einer "aktiven Beteiligung an Plattformen und Netzwerken im Bereich des gesellschaftlichen Wandels" die Rede und die "Time Machine Organisation" explizit als Beispiel genannt.
Schnittstelle historische Quellen/moderne Technologie
Beispiele für gelungene Vorhaben an der Schnittstelle von historischen Quellen und moderner Technologie gebe es auch in Österreich einige. Im Rahmen des "Time Machine Austria"-Tages wird etwa das von der Uni Innsbruck koordinierte Projekt "Recognition and Enrichment of Archival Documents" (READ) vorgestellt. Hier werden Systeme entwickelt, die u.a. mittels KI alte Handschriften digital transkribieren können.
Egal ob es sich um Schriften, um Fotos, die die historische Entwicklung eines Ortes widerspiegeln, oder um alte Bauten und deren Pläne handle - es gebe viele Möglichkeiten, einstige Entwicklungen auch für Nicht-Experten anschaulich darzustellen und beispielsweise "in virtuellen Realitäten" zugänglich zu machen. Mittlerweile sei man "an einem interessanten Punkt in der digitalen Weltgeschichte" angelangt, an dem man darüber nachdenken sollte, dass nicht jedes Museum oder jede Forschungsinstitution seine eigene technische Lösung finden muss. "Wir müssen uns jetzt die Frage stellen: Wie bringen wir das alles zusammen? Die 'Time Machine' soll die Antwort darauf sein", sagte Aigner.
Service: Projekthomepage: https://timemachine.eu