K2-Manager halten viele Bälle in der Luft
Derzeit laufen fünf der besonders ambitionierten K2-Zentren im Rahmen des COMET-Kompetenzzentrumprogramms der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) in Österreich. Das Ausbalancieren der verschiedenen Interessen und Zugänge von Industrie und Wissenschaft und das Vermeiden von Konkurrenzsituationen stellen dabei die größte Herausforderung für die Zentrumsmanager dar, ergab eine Umfrage von APA-Science.
Ein COMET-Zentrum, das die anwendungsorientierte Forschung mit einer industrieorientierten Prozessmethodik verknüpfen muss, wirke als maßgeblicher Wettbewerbsvorteil für Universitäten, meint Andreas Pauschitz, Geschäftsführer des Exzellenzzentrums für Tribologie (XTribology) - die Lehre von Reibung, Verschleiß und Schmierstoffanwendung - "auch in Hinblick auf ihr Drittmittelgeschäft". Die derzeitige Größe eines K2-Zentrums sei eine Mindestvoraussetzung, um überhaupt auf einem internationalen Wettbewerbsniveau forschen zu können. "Je mehr Partner dabei sind, desto mehr Kooperationspotenzial gibt es, und man vermeidet Doppelgleisigkeiten", so Pauschitz.
"Bedauerlicherweise" sei die Reibungsforschung an heimischen Unis im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern sehr begrenzt. "Das wertet uns für die Industrie auf", so seine Einschätzung. Das Zentrum befinde sich nach einer "sehr erfolgreichen Zwischenevaluierung" zu Beginn des sechsten von zehn Jahren.
Hebel für weitere Aktivitäten
Auch Reinhold Ebner, wissenschaftlich-technischer Geschäftsführer des Materials Center Leoben (MCL), hält einen Forschungsverbund in "überkritischer" Größe für enorm wichtig für ein kleines Land wie Österreich. Der stark exportorientierte Bereich Materialtechnologie stehe für 20 Prozent der heimischen Wertschöpfung.
Wie viele andere Kompetenzzentren auch punktet das MCL damit, Projekte entlang der gesamten Wertschöpfungskette durchführen und komplexe Themen bearbeiten zu können. Ebner schätzt den "extrem guten" Zugang zu Unternehmens- und Forschungspartnern, Themenstabilität durch den Einsatz gleicher Technologien in unterschiedlichen Branchen und eine Hebelwirkung, da durch die Kooperation im Konsortium weitere Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten (F&E) und langfristige strategische Partnerschaften stimuliert würden.
Das größte K2-Zentrum Österreichs ist Virtual Vehicle mit dem Programm K2 Mobility. "Wir haben uns auf der europäischen Bühne etabliert und sind in puncto europäischer Vernetzung und Einwerben von EU-Mitteln vorbildlich aufgestellt", das zeige das Feedback von allen Seiten, so Geschäftsführer Jost Bernasch. Für vorteilhaft hält er die langfristige Planung von zwei Förderperioden von jeweils fünf Jahren, um die herausfordernden Ziele zu erreichen.
Unterschiedliche Blickwinkel
Reibungspotenzial birgt nicht nur für Gerald Schatz, Vorstandsvorsitzender der LCM Linz Center of Mechatronics GmbH (vormals ACCM, Austrian Center of Competence in Mechatronics), das Aufeinandertreffen der wissenschaftlichen auf die wirtschaftliche Welt und damit einhergehend "die Integration von zwei völlig unterschiedlichen Mitarbeitertypen". Das Mechatronik-Forschungszentrum begleitet seine Kunden unter anderem beginnend bei "eher wissenschaftlichen Aufgabenstellungen" bis zum fertigen Produkt und der Serieneinführung.
"Die 'Übersetzungsarbeit' zwischen den Kulturen - einerseits dem kreativ-dynamischen akademischen Umfeld, andererseits der ziel-, ergebnis- und gewinnorientierten Industrie ist die größte Herausforderung", meint auch Mathias Drexler, Geschäftsführer des acib - Austrian Center of Industrial Biotechnology. Seine Ausbildung als Mediator komme ihm bei den zahllosen Gesprächen "sicher zugute".
Auch das Biotech-Zentrum acib hat die verpflichtende Zwischenevaluierung nach der Hälfte der Laufzeit sehr gut bestanden. "Tatsächlich liegen wir in einem externen Benchmarking vor anderen vergleichbaren Zentren in Europa, die sogar über mehr Budget verfügen", so Drexler. In der zweiten Förderperiode will sich das Zentrum verstärkt dem weiteren Ausbau der Kooperationen auch abseits des COMET-Programms widmen. "Mittelfristig streben wir eine Quote von 50 Prozent im sogenannten Non-K-Bereich ("Nicht-Kompetenzzentrum"-Bereich; Anm.) an", erklärt er. Ein "Ende" in dem Sinn sieht er auch nach 2019 nicht - "bis dahin werden wir uns als fixe internationale Größe in der industriellen Biotechforschung etabliert haben", ist er überzeugt.
Reden, reden, reden
Langwierige Abstimmungsprozesse sind auch Reinhold Ebner vom Materials Center Leoben nicht unbekannt, "aber diese werden durch die anschließende Themenstabilität überkompensiert", meint er. Generell sei sehr viel Kommunikation erforderlich, um mit den unterschiedlichen Stakeholdern zu arbeiten, ist Virtual Vehicle-Chef Bernasch überzeugt. Zufriedenstellen will man einerseits die - zahlenden - Unternehmenspartner - "sie sollen ja wiederkommen" -, andererseits auch die Forschungspartner, die mehr Wert auf Publikationen und Kennzahlen legen. "Renommee zählt mehr als Umsatz", erklärt auch Ebner.
In dem Zusammenhang sei es auch für den operativen Chef - fast immer sind die Agenden zwischen einem wissenschaftlichen und kaufmännischen Leiter geteilt - allemal von Vorteil, "wenigstens eine Zeitlang - etwa im Rahmen der Dissertation - wissenschaftlich gearbeitet zu haben, um Sichtweisen und Abläufe aus erster Hand verstehen und einordnen zu können", meint Bernasch. So sieht das auch der Biotechnologe Drexler, der Ausbildung und Erfahrung in der Forschung als "sehr hilfreich" ansieht, um die nötige Akzeptanz bei den Forschungspartnern zu erhalten.
Synergieeffekt trotz Konkurrenz
Durch die Vielzahl an kooperierenden Unis, Instituten, Institutionen und Firmen kommt es mitunter zu "gefühlten oder tatsächlichen" Konkurrenzsituationen, so Ebner. Diese gelte es in der thematischen Abstimmung zu vermeiden. Doch selbst Konkurrenten könnten synergistisch zusammenarbeiten, sind die Manager überzeugt.
Problematisch sei die fälschliche Annahme mancher Partner, COMET-Zentren hätten Geld zu verteilen. "Das wertvolle Fördergeld muss aber mit Industriegeld angereichert werden - und dann müssen mit diesem die festgelegten Ziele erreicht werden", hält Bernasch fest. XTribology-Chef Pauschitz ortet bei der Frage der Abgeltung von Rechten bzw. der Verwertung von Ergebnissen erhöhtes Konfliktpotenzial durch die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten. "Hier eine optimale Umsetzung zu erreichen, erfordert viel Kooperationswillen und Flexibilität", stellt er fest.
Kooperativer Zugang untereinander
Der Austausch zwischen den einzelnen K2-Zentren sei erst relativ spät angelaufen, habe sich mittlerweile aber gut eingependelt, sagt Bernasch. "Man trifft sich auf formeller Ebene regelmäßig zu Themenschwerpunkten, die alle Zentren betreffen. Auf informeller Ebene gibt es projektbezogenen fachlichen Austausch, je nach Kundenanforderung", erklärt auch Schatz. Die einzelnen K2-Zentren seien in sich stark ergänzenden Bereichen tätig, das Verhältnis zueinander sei sehr kooperativ.
Ein Wermutstropfen bei allen Jubelmeldungen ist für Bernasch, dass die COMET-Zentren selber zu wenig in Planungen für die Zukunft einbezogen werden. "Im Gegensatz zu Universitäten, die ihre Budgetverhandlungen und Interessen gegenüber den Ministerien selber wahrnehmen, werden zu offiziellen Treffen meist nur die FFG und etwa die Bundesländer, aber keine repräsentativen Vertreter der Zentren eingeladen", hält der Manager fest.
Von Sylvia Maier-Kubala / APA-Science