Kompetenzzentren stärken Fachhochschulen
Praxisorientierte und anwendbare Lehre - damit punkten die Fachhochschulen. Nun kämpfen sie dafür, auch als ebenbürtige Forschungspartner wahrgenommen zu werden. Eine Partnerschaft an einem Kompetenzzentrum oder K-Projekt im Rahmen des COMET-Programms in enger Kooperation mit Wirtschaft und Forschungseinrichtungen bietet darum viele Chancen.
"Fachhochschulen haben den Bereich Forschung & Entwicklung (F&E) in den vergangenen Jahren sehr forciert", stellt Johann Kastner, Chef der FH OÖ Forschungs & Entwicklungs GmbH und Leiter des Ausschusses für F&E bei der Fachhochschulkonferenz (FHK), fest. Seit 2008 waren bzw. sind laut Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) heimische Fachhochschulen an 57 K2-, K1- und K-Projekten beteiligt. Im Schnitt seien die F&E-Agenden um etwa 14 Prozent pro Jahr gewachsen. "Insgesamt bemühen wir (Anm.: die österreichischen FH) uns, immer bessere und hochwertigere Forschungsprojekte durchzuführen", betont Kastner.
Beispiele gefällig? Vielschichtig engagiert ist die FH Oberösterreich: Sie mischt als wissenschaftlicher Partner bei ACCM (K2 - Mechatronik), K1-Met (K1 - Metallurgie), ACMIT (K1 - Medizintechnik) und einer Reihe von K-Projekten wie Future Farm Technology mit. Ebenfalls als wissenschaftlicher Partner durchgesetzt hat sich die FH Joanneum bei K2-Mobility, RCPE (K1 - Pharmazeutische Prozess- und Produktentwicklung) und dem K-Projekt MPPF (Multiplug and Play Facade).
Stellvertretend für die vielen weiteren Beteiligungen hat APA-Science einen genaueren Blick auf die COMET-Aktivitäten zweier Fachhochschulen geworfen.
Industrielle IT-Sicherheit
Die Fachhochschule St. Pölten ist seit Jahresbeginn wissenschaftlicher Partner im K1-Zentrum SBA II. Dort wird im Rahmen des COMET-Programms gemeinsam mit den Technischen Universitäten (TU) Wien und Graz sowie der Universität Wien und der Wirtschaftsuniversität Wien an industrieller IT-Sicherheit geforscht.
SBA II ist ein Kompetenzzentrum innerhalb der SBA Research. Dieses industrielle Forschungszentrum, das 2006 von den TU Wien und Graz sowie der Uni Wien gegründet wurde, ist mit derzeit mehr als 100 Forschern neben der TU Graz das größte im Bereich IT-Sicherheit in Österreich. "Die SBA Research ist seit mehreren Jahren Mitglied im Studiengangsbeirat, von daher gab es bereits eine gewisse Nähe und man kannte sich schon", erklärt Johann Haag, Vizerektor der FH St. Pölten und Leiter der Studiengänge für IT Security und Information Security. Eine stärkere Vernetzung in diesem Bereich des IT-Schwerpunkts war der Hauptgrund für die Zusammenarbeit. Geforscht werde im Rahmen von SBA II vor allem an den Themen Governance, Risiko und Regelkonformität; Datensicherheit und Privatsphäre; Codierung und Codeanalyse sowie Hardware und Netzwerk-Sicherheit.
Inkubator für weitere Projekte
Das COMET-Zentrum spielt bei den Forschungsprojekten der FH "eine zwar bedeutende Rolle, aber nicht die größte - es funktioniert sozusagen als wichtiger Inkubator, um dann wieder an andere Projekte zu kommen", stellt Haag fest. Denn die Fachhhochschule kooperiert mit der SBA Research auch in über das Kompetenzzentrum hinausgehenden Projekten. "Wir reichen gemeinsame Forschungsprojekte ein und arbeiten in vielen Bereichen intensiv zusammen", so der IT-Experte weiter. Der Informationsaustausch habe einen hohen Stellenwert. "Es werden viele Konferenzen organisiert, wo wir auch unsere Studenten und Dozenten hinschicken."
Die enge Zusammenarbeit zwischen Universitäten und der Fachhochschule fördert den Austausch in beide Richtungen: So haben bereits einige Studenten ihre Masterarbeit am Zentrum geschrieben und Absolventen einen Job erhalten. Im Gegenzug haben Forscher des Zentrums Lehraufträge an der FH erhalten oder auch einzelne Vorträge gehalten.
FH Burgenland: Neue Perspektiven
Ebenfalls das erste Mal an einem COMET-Zentrum beteiligt ist die Fachhochschule Burgenland. Die seit 2008 bestehende wissenschaftliche Partnerschaft rund um das Recycling und die Aufbereitung von biogenen Rohstoffen im Rahmen des K1-Zentrums BIOENERGY2020 eröffnet Studenten und Lehrenden neue Perspektiven, ist Area Manager Christian Wartha, Studiengangsleiter an der FH, überzeugt: "Das Projekt bietet uns die Möglichkeit, Studenten in Forschungsprojekte einzubringen. Zudem hat sich auch für einige Absolventen die Chance ergeben, nach ihrem Abschluss im Zentrum zu arbeiten und ihre Dissertation zu schreiben", erklärt er.
Das sei schon etwas Besonderes, denn nach wie vor gebe es eine gewisse Reserviertheit seitens der Universitäten gegenüber den Fachhochschulen, meint Wartha. "Durch den persönlichen Kontakt werden hier sicherlich Vorurteile abgebaut", ist er überzeugt. Die weiteren wissenschaftlichen Partner sind die TU Graz und TU Wien, Universität für Bodenkultur, Francisco Josephinum Biomasse Logistik Technologie Wieselburg und FH Pinkafeld.
Ähnlich wie bei der FH St. Pölten sind pro Jahr rund drei bis fünf Lehrende und Studierende im Kompetenzzentrum tätig: Fixes Stammpersonal sowie wechselnde Masterstudenten, die für ihre Arbeit fünf bis sieben Monate beschäftigt sind. Auswirkungen auf die FH sind für Wartha zwingend gegeben: "Natürlich beeinflusst die Forschungsarbeit die Lehre - wir beteiligen uns an Projekten, weil wir am neuesten Stand bleiben wollen", erklärt er. Derzeit ist die Forschung Burgenland, eine 100-prozentige Tochter der FH, laut den Angaben an Forschungsprojekten in der Größenordnung von fünf Millionen Euro beteiligt.
Von Sylvia Maier-Kubala / APA-Science