Siemens: Langfristige Forschung als größter K2-Pluspunkt
Die fünf K2-Zentren des Kompetenzzentren-Programms COMET stellen die größten Forschungsinfrastrukturen in Österreich dar. Mit einer Beteiligung an zwei dieser "Flaggschiff"-Zentren (Virtual Vehicle und Materials Center Leoben) ist der Technologiekonzern Siemens von den Vorzügen dieser Organisationsform überzeugt. "Der wirklich große Vorteil dieser Konstellation ist die Langfristigkeit und die Nachhaltigkeit", erklärte Andreas Haigermoser vom Siemens Mobility gegenüber APA-Science.
"Oft wechseln wissenschaftliche Mitarbeiter an den Universitäten nach ein paar Jahren, das aufgebaute Know-how geht verloren. Und mit dieser Konstellation ist es aus meiner Sicht gelungen, einen längerfristigen Know-how-Aufbau zu gewährleisten und Strukturen zu schaffen, die als Forschungs- bzw. Kompetenzzentren auch wirklich lebensfähig sind. Das ist ganz entscheidend." Im Vergleich mit EU-Projekten und anderen Förderungen gestalte sich der Alltag in einem Kompetenzzentrum relativ unbürokratisch, zählte Haigermoser einen weiteren Pluspunkt auf.
Internationale Standards
"Die Forschungsthemen entsprechen internationalen Standards und ermöglichen es, sich international zu positionieren. Eine Innovation im Bereich Mobility, die im Rahmen von Virtual Vehicle entstand, ist z.B. die Simulation von Schienenfahrzeugen. Dadurch lassen sich Verschleißerscheinungen und Risse an den Schienen im Voraus berechnen und optimieren. In diesem Themenfeld konnten wir umfassende internationale Kooperationen etablieren, unter anderem z.B. mit der Deutschen Bahn und der Schweizer Bundesbahn. Das ist ein Beitrag zur Standortsicherung in Österreich", meint Haigermoser, der bei Siemens das Innovationsmanagement bei der Entwicklung von Drehgestellen leitet und im Kompetenzzentrum Virtual Vehicle in diversen Gremien tätig ist.
Konkret habe das Institut für Mathematik der Technischen Universität (TU) Graz die plastische Verformung der Schienenteilchen zunächst mathematisch beschrieben. Bei der Voestalpine wurde dann in einem Prüfstand der Abrollvorgang und das Entstehen von Rissen geprüft. In einem anderen Institut stellte man anhand von Modellen verschiedene Materialcharakteristika fest, die bei der Simulation gebraucht werden. Bei Siemens wurden schließlich Simulationen von einem ganzen Fahrzeug erstellt, um zu kalkulieren, welche Kräfte, Gleitgeschwindigkeiten etc. im Kontakt zwischen Rad und Schiene auftreten. "Da haben verschiedene Disziplinen zusammengewirkt, die das Modell, das Verständnis für diese Vorgänge und die Möglichkeiten, das zu berechnen, verbessert haben", fasst Haigermoser eine Kooperation zusammen, die exemplarisch für die Vorteile einer COMET-Beteiligung stehe.
Der wahrscheinlich schwierigste Punkt in der Zusammenarbeit im Rahmen eines Kompetenzzentrums seien die Eigentumsrechte, "aber da gibt es seitens des Fördergebers relativ eindeutige Vorgaben und am Ende bleibt nichts anderes über als das zu akzeptieren", gibt sich der Experte pragmatisch. Für das Zentrum selbst bedeute das einen großen Aufwand, die Firmen selbst seien von diesen Genehmigungsprozessen relativ wenig betroffen. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung der einzelnen Projekte gebe es eine gewisse Flexibilität, nicht alles müsse im Vorfeld passieren.
Konflikte mit Unis
Während in der Regel alle beteiligten Partner gut von der Kooperation profitieren würden, sei ein Konflikt mit den Hochschulen gewissermaßen natürlich angelegt. Einerseits bereite der finanzielle Eigenanteil den Unis Probleme, andererseits gerieten auch die Uni-Institute untereinander in Konkurrenzsituationen: "Da finden sich eher die Konflikte als zwischen den Industriepartnern und den Zentren", so Haigermoser. Seitens der Unternehmen wiederum sei eine gewisse Einflussnahme auf die strategische Ausrichtung der Hochschulen durchaus erwünscht: "Wir haben einen Kooperationsvertrag mit der TU Graz und wir finanzieren da Schwerpunkte."
Oft komme es vor, dass sich Siemens-Mitarbeiter wissenschaftlich orientieren wollen, die dann in das Zentrum wechseln und umgekehrt. Auch die Automotive-Partner wie zum Beispiel AVL würden einen sehr regen Austausch pflegen und seien entsprechend stärker in dem Zentrum vertreten. "Pro Jahr bewegt sich das in einer Größenordnung von zwei bis drei Leuten, die zu uns kommen", so Haigermoser über die personelle Fluktuation in beide Richtungen, die weder unerwünscht noch unüblich sei.