"Was ich immer schon machen wollte"
Leider ist es so, dass viele Menschen oft der Naturwissenschaft und Technik uninteressiert oder sogar feindlich gegenüber stehen. Das hängt auch damit zusammen, dass naturwissenschaftliche Schulfächer oftmals zu den unbeliebtesten Stunden zählen. Es ist aber wichtig, junge Leute und die Öffentlichkeit zu überzeugen, dass diese Bereiche unsere Zukunft sind. Denn nur so können wir unseren Wohlstand aufrechterhalten. Politiker machen nämlich hauptsächlich nur das, was auch Wähler für sinnvoll empfinden. Und wenn die Öffentlichkeit an naturwissenschaftlich-technischem Fortschritt desinteressiert ist oder ihm gar mit Misstrauen begegnet, werden sich auch Politiker nicht dafür einsetzen. Glücklicherweise scheint es ein Märchen zu sein, dass die Menschen sich nicht für diese Themen interessieren. Man muss diese Gebiete nur spannend, interessant und vor allem verständlich präsentieren. Als ein Beispiel möchte ich etwas über die von mir gegründeten „Science Busters“ erzählen.
Fast 40 Jahre war ich an der Technischen Universität Wien tätig. Während dieser Zeit hatte ich immer einen großen heimlichen Wunsch. Nämlich den Menschen und insbesondere der jungen Generation zu erzählen, wie fantastisch Naturwissenschaft und Technik sind. Während meiner aktiven Zeit an der Universität konnte ich mir diesen Wunschtraum aber noch nicht erfüllen, weil einfach neben Forschung und Lehre nicht genügend Zeit dafür übrig war. Erst als ich vor fünf Jahren in Rente ging, konnte ich mir durch die Gründung des Wissenschaftskabaretts „Science Busters“, zusammen mit dem Physiker Werner Gruber und dem Kabarettisten Martin Puntigam, mein großes Ziel erfüllen. Ganz klein angefangen, in einem mittleren Hörsaal, erreichen die Science Busters heute über Theater, Radio, Podcasts, Bücher und Fernsehen hunderttausende von Menschen. Die Science Busters begeistern dabei aber nicht nur die an Naturwissenschaft und Technik interessierte Schicht, sondern auch den Mann und die Frau von der Straße und vor allem Jugendliche. Warum ist es so wichtig, dass sich in Europa junge Menschen für Naturwissenschaft und Technik interessieren? Es kann nur damit dem Fachkräftemangel in fast allen naturwissenschaftlich-technischen Berufen begegnet werden. Es ist daher unbedingt notwendig, junge Menschen zu einem Studium oder einer Ausbildung in diesen Bereichen zu animieren.
Unsere heutige Gesellschaft ist nur zum Teil aufgeklärt, denn viele hängen nach wie vor an vorwissenschaftlichen esoterischen oder religiösen Glaubensinhalten. Die Science Busters wollen dem etwas entgegensetzen und den Menschen nahe bringen, dass Wissen nicht nur interessant und spannend ist, sondern auch für die Zukunft der Menschen etwas Wesentliches ist. Die Science Busters wollen auch den Menschen zeigen, dass es in unserer heutigen Gesellschaft auf Wissen und nicht auf Glauben ankommt. Und das unter der Devise des großartigen Zitats von Marie von Ebner-Eschenbach: „Wer nichts weiß, muss alles glauben“. In diesem Sinne reiten die Science Busters auch für die Aufklärung.
Aber was unterscheidet Wissen und Glauben? Beide sind im menschlichen Gehirn beheimatet, unterscheiden sich aber fundamental und haben nicht viel miteinander zu tun. Wissenschaft ist das, was "Wissen schafft", also die Methode mit der man Wissen gewinnt. Wissen ist grundverschieden vom Glauben. Die wichtigsten Tugenden der Wissenschaft sind Selbstkritik und Kritik. Wissen wird von allen beteiligten Wissenschaftlerinnen und Beteiligten ununterbrochen überprüft, modifiziert, und verbessert. Viele glauben ja, der Erfolg der Naturwissenschaften kommt von Genies, die alle revolutionieren, aber es sind nicht die Genies, es ist die Methode, die alles ständig hinterfragt, prüft, checkt, weiter untersucht, verändert. Wissenschaft ist ständig im Fluss: Was vor zehn Jahren noch gegolten hat, wird in zehn Jahren vielleicht nicht mehr gelten. Wissenschaft ist dynamisch. Glaube hingegen beruht nicht auf Fortschritt, sondern auf unsichtbaren Feldern, nicht existierenden Dingen und Geisterwesen oder auf irgendwelchen göttlichen Offenbarungen. Glaube ist fundamentalistisch dogmatisch, unveränderlich und starr.
Die Programme der Science Busters sind immer eine Gratwanderung zwischen Wissenschaft und Klamauk. Zu wissenschaftlich bedeutet unverständlich und langweilig, aber bei einem zu großen humoristischen Anteil verschwindet die Wissenschaft. Mit anderen Worten, man soll sich bei unseren Programmen unterhalten, dabei aber trotzdem etwas lernen. Besonders freut mich, dass wir höchste Quoten im Fernsehen bei Jugendlichen erreichen. Seit die „Science Busters“ im Fernsehen laufen, werde ich praktisch bei jeder Fahrt in öffentlichen Verkehrsmitteln angesprochen, was mir früher als Professor an der Universität nie passiert ist. Dann rufen mir Jugendliche auch zu: „Professor, Supercool, Science Busters!“