"Das sind ja ganz normale Menschen ..."
Wissenschafterinnen und Wissenschafter kennt jedes Kind. Oder besser gesagt: Jedes Kind hat eine Vorstellung, wie ein Forschender auszusehen hat. Brille, Labormantel und Bart spielen in diesen Bildern eine wichtige Rolle. Ganz nebenbei sind Forschende natürlich männlich und ein wenig zerstreut. - Um alle diese Vorurteile zu widerlegen, helfen persönliche Kontakte. Diese ermöglichen Jugendlichen außerdem auch ganz individuelle und neuartige Zugänge in die Welt der Forschung.
Das Bild des typischen Wissenschafters hält sich hartnäckig in den Köpfen - nicht nur bei Kindern und Jugendlichen. Einer der besten Wege, diese Klischees zu widerlegen, sind Projekte, welche Einblicke in die Welt der Wissenschaft und Forschung ermöglichen. In Österreich bieten unter anderem Kinder- und JuniorUniversitäten jungen Menschen die Möglichkeit, direkt mit Wissenschafter/innen in Kontakt zu treten. Einige "junge Unis" machen sich sogar auf die Reise, um in Parks oder Jugendzentren vermehrt Kinder aus bildungsfernen Schichten oder mit Migrationshintergrund zu erreichen.
Weniger spielerisch und auf schulischer Ebene verankert ist ein vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) initiiertes und finanziertes Programm. Im Rahmen von Sparkling Science erhielten seit 2007 mehr als 75.000 Schülerinnen und Schüler die Gelegenheit, in bisher 260 geförderten Forschungsprojekten mitzuarbeiten. Auf Augenhöhe mit Wissenschafterinnen und Wissenschaftern - eine unkonventionelle und immer noch europaweit einzigartige Initiative zur Nachwuchsförderung. Fortsetzung folgt, denn die nächste Sparkling Science-Ausschreibung startet voraussichtlich Anfang 2016.
Zusätzlich zu Kinder- und JuniorUniversitäten und Sparkling Science gibt es in Österreich eine Reihe weiterer Projekte - von Open Labs über Science Days und die Lange Nacht der Forschung bis hin zu Wettbewerben und Praktika - , welche Kindern und Jugendlichen Forschung näher bringen. Das Angebot ist bunt und vielfältig. Dennoch: Viele junge Menschen bleiben unerreicht. Sei es, weil es sich eher auf größere Städte konzentriert und den österreichweiten Bedarf damit mehr punktuell denn flächenübergreifend abdeckt. Oder sei es, weil oft dieselbe - meist recht elitäre - Zielgruppe bedient wird: Freiwillige Angebote werden großteils von Akademikerkindern bzw. von Kindern aus privilegierten Elternhäusern konsumiert. Bei schulischen Projekten steht und fällt alles mit engagierten Direktor/innen bzw. Lehrpersonen. Letztlich werden in beiden Fällen meist bestehende Kontakte vertieft. Neue Zugänge entstehen selten. Young Science, das beim Österreichischen Austauschdienst (OeAD) angesiedelte Zentrum für Wissenschaft und Schule, arbeitet seit 2011 genau an dieser Schnittstelle. Das vom BMWFW finanzierte Zentrum informiert und vernetzt sowohl Forschende als auch Lehrpersonen, Eltern ebenso wie interessierte Jugendliche. Und schlussendlich initiiert Young Science selbst Projekte zur Verknüpfung von Wissenschaft und Schule.
Forscher/innen als Young Science-Botschafter/innen
Neu ist ein Projekt, das genau an der oben skizzierten Problematik ansetzt: Schülerinnen und Schüler interessieren sich für Wissenschaft und Forschung, doch weder sie selbst noch die Lehrpersonen verfügen über Kontakte zu Forschenden. Daneben gibt es zahlreiche Forscherinnen und Forscher, die ihrerseits Interesse daran haben, ihr Betätigungsfeld und ihre Projekte sowie deren Ergebnisse einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren, aber ebenfalls über keine Kontakte zu Schulen verfügen. Die Initiative "Young Science-Botschafter/innen" vereint diese beiden Gruppen: Interessierte Forscherinnen und Forscher besuchen Schulklassen und erzählen den Schülerinnen und Schülern über ihren Forschungsbereich, ihre aktuellen Projekte und ihren wissenschaftlichen Werdegang. Jugendliche können den Wissenschafter/innen Fragen stellen und mit diesen in Dialog treten. Damit die Schülerinnen und Schüler auf den Besuch auch gut vorbereitet sind, erstellen sie vorab gemeinsam mit ihrer Lehrkraft einen Fragenkatalog, der im Vorhinein an die Forschenden übermittelt wird.
Besuch der Botschafter/innen funktioniert ganz einfach
Wissenschafter/innen, die gerne mitmachen würden, melden dies beim Zentrum für die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Schule (mailto:youngscience@oead.at). Die wichtigsten Informationen zum Forschenden und seinem Fachgebiet werden sodann auf www.youngscience.at/botschafter_innen präsentiert. Dort können sich interessierte Lehrpersonen informieren, welche Forscherin/welcher Forscher ihren/seinen Unterricht bereichern würde. Ist ein interessanter Kontakt gefunden, meldet sich die Lehrperson einfach bei den Mitarbeiterinnen von Young Science, die dann den Termin vermitteln. Derzeit werden bereits über 30 Wissenschafterinnen und Wissenschafter auf der Plattform präsentiert. Eine beachtliche Auswahl, die stetig zunimmt und darauf hoffen lässt, dass im nächsten Schuljahr zahlreiche neue Kontakte zwischen Schülerinnen und Schülern und Forscherinnen und Forschern geknüpft werde. Und dass sich damit das Bild der Wissenschafter/innen in den Köpfen der jungen Menschen weiter wandelt. Denn Wissenschaft ist auch jung und weiblich, trägt Jeans und Converse und hie und da könnte auch ein Tattoo oder Flinserl aufblitzen ...