"Das Bedürfnis, die Welt besser zu verstehen"
Wie ich zur Forschung kam? Schon immer hatte ich ein das Bedürfnis, die Welt besser zu verstehen und habe nachgefragt, wie und warum etwas passiert. So habe ich als Kind etwa versucht, das Ende von Geschichten zu erraten, bevor sie fertig erzählt waren. Dieses grundlegende Interesse ist mir bis heute geblieben und treibt mich weiter an.
Nach der Matura und dem Bundesheer war mir klar, dass ich studieren möchte. Generell sind meine Interessen relativ breit gefächert, wobei mich Technik und Sport aber besonders interessiert haben. Die Wahl ist deshalb auf das FH Studium Sportgerätetechnik gefallen, da es genau diese zwei Leidenschaften verbindet. Nach einem Jahr an der Fachhochschule habe ich zusätzlich begonnen, Physik an der Universität Wien zu studieren. Auch wenn ich dieses Studium nicht abgeschlossen habe, bekam ich dadurch doch eine solide Ausbildung in Mathematik und Physik, die ich nicht missen möchte.
Anschließend ergab sich für mich die spannende Möglichkeit, ein Doktorat an der TU Wien (Maschinenbau) zu machen. Ich war bei der Prothetik Firma Otto Bock Healthcare GmbH in Wien angestellt und konnte im Rahmen des EU-Förderprojektes GRASP forschen. Dabei kam ich auch das erste Mal mit Robotik und internationaler Spitzenforschung in diesem Bereich in Kontakt. In meiner Dissertation präsentierte ich ein neuentwickeltes System, das die Bewegungen von Robotern und Prothesenhänden mit den Bewegungen der menschlichen Hand vergleicht.
Schon während der Zeit in Wien hatte ich ersten Kontakt mit meiner jetzigen Gruppe in Yale. Da ich wusste, dass die Themen der Forschungsgruppe sich stark mit meinen Interessen und den Themen meiner Doktorarbeit decken, bewarb ich mich - auf Vorschlag der Gruppe - dort nach Abschluss meines Doktorats. Nach einem Treffen in Wien (mein jetziger Chef war damals auf Sabbatical in Italien) bekam ich eine Zusage und packte meine Koffer.
Nach nunmehr drei Jahren hier kann ich sagen, dass es der richtige Schritt war. Ich denke, dass ich mich sowohl fachlich als auch persönlich ungemein weiterentwickelt habe.
In ein Team eingebettet zu sein, in dem jeder hart arbeitet und auf einem sehr hohen Niveau agiert, fördert die eigenen Leistungen und motiviert, das eigene Potenzial voll auszuschöpfen. Die Offenheit für neue Wege und die Möglichkeit, neue Ideen auszuprobieren, selbst wenn man vielleicht nicht von Anfang an weiß, ob sie funktionieren werden, sind hier auch etwas ganz Besonderes. Durch die gute finanzielle Ausstattung der Gruppe kann ich den Großteil meiner Zeit ausschließlich der Forschung widmen; das eigene Schreiben von Forschungsanträgen und auch die Lehre sind in meinem Bereich für Postdocs nur marginal vorgesehen.
Der Vorteil des amerikanischen Systems? Abgesehen von der viel diskutierten besseren finanziellen Dotierung der Forschung und den damit einhergehenden Möglichkeiten gefällt mir die Klarheit der Anforderungen. Ausgehend von einem einschlägigen Doktorat durchläuft man eine oder zwei Postdoc-Positionen, ehe man sich um eine Tenure Track-Professorenstelle bewirbt. In dieser Phase sind die Qualität der Forschung und der Publikationen das wichtigste Kriterium. Bewältigt man diese "Testzeit" erfolgreich, geht die Beschäftigung in ein Dauerverhältnis über. Im Gegensatz zur Einstellungsbewertung ist nun die erfolgreiche Einwerbung von Forschungsgeldern das ausschlaggebende Kriterium. In Österreich gibt es leider kein so einheitliches Schema. Manche Stellen werden bereits nach dem Tenure Track-Modell vergeben, aber es gibt auch direkte Besetzungen in ein unbefristetes Verhältnis. Die genauen Evaluierungskriterien sind individuell recht unterschiedlich zwischen Forschung, Lehre und Erlangung von Forschungsförderung gewichtet. Das macht es schwierig, schon am Anfang seiner Karriere die entsprechenden Schritte zu setzen, um später bei den Bewerbungen erfolgreich zu sein. Prinzipiell habe ich allerdings das Gefühl, dass die Modalitäten der Rekrutierung von Forschern und Lehrkräften an Universitäten und Fachhochschulen in Österreich in die richtige Richtung gehen.
Für eine erfolgreiche Forscherkarriere sollte es zukünftig wichtiger werden, an verschiedenen Institutionen studiert und geforscht zu haben, und es wäre sinnvoll, wenn diese Erfahrung zudem in die Formalkriterien aufgenommen würde. Einerseits ist ein Wechsel der Institutionen förderlich für die persönliche und fachliche Entwicklung, andererseits lassen sich dadurch vielleicht auch zu einseitige interne Besetzungen verhindern. In den USA wird es als Nachteil angesehen, wenn jemand vom Studium weg immer an der gleichen Institution war.
Was die internationale Ausrichtung der heimischen Forschungseinrichtungen betrifft, so sollte sie entsprechend weiter ausgebaut werden, um verstärkt Nicht-Österreicher anzuziehen. Selbst relativ einfache und kostengünstige Maßnahmen wie in gutem Englisch gehaltene Webseiten und Stellenausschreibungen könnten einen wichtigen Schritt in Richtung internationaler Rekrutierung darstellen. Auf ein Wiedersehen in Österreich.