Demenztherapie - (Nicht viel) Neues aus der Warteschleife
Was genau Demenz-Erkrankungen auslöst, weiß niemand. Dementsprechend schwierig ist es daher, Therapien zu finden, die den Krankheitsverlauf aufhalten und ihre Ursachen bekämpfen könnten. Derzeit gibt es nur zwei medikamentöse Therapieformen, die den Ärzten zur Behandlung von Alzheimer-Patienten zur Verfügung stehen. Eine davon hält einen wichtigen Gedächtnis-Botenstoff länger am Leben, die andere verzögert den Verlust von Gehirnzellen ein wenig.
Bei der Alzheimer-Erkrankung sterben gewisse Nervenzellen ab, die normalerweise den Botenstoff "Acetylcholin" bilden, erklärte Christian Humpel vom Department für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Medizinischen Universität Innsbruck: "Das ist ein Botenstoff, der bei Gedächtnis und Erinnerung eine wesentliche Rolle spielt". Umso mehr solcher "cholinerger" Nervenzellen absterben, umso weniger Acetylcholin steht in den Synapsen zur Verfügung, und umso stärker ist der Gedächtnisverlust bei den Patienten. Es gibt Medikamente, die zwar nicht den Tod von cholinergen Nervenzellen, aber zumindest die Spaltung von Acetylcholin durch Enzyme (Acetylcholinesterasen) hemmen können. Solche Acetylcholinesterase-Blocker wie Donepezil, Rivastigmin und Galanthamin verhindern somit den Abbau des wichtigen Gedächtnis-Botenstoffes. Sie sind für leichte bis mittelschwere Alzheimerdemenz zugelassen, sagte Reinhold Schmidt von der Universitätsklinik für Neurologie der MedizinischenUniversität Graz.
Diese Medikamente wirken je nach Patient unterschiedlich gut: "Es gibt eine kleine Gruppe von ungefähr zwei Prozent der Kranken, die ein starkes Ansprechen haben", sagte er. Hier gäbe es einen "Halleluja-Effekt", wo die Angehörigen tatsächlich merken, dass sich etwas getan hat. Bei einem Drittel zeige sich jedoch überhaupt kein Effekt, bei den anderen zwei Dritteln kann eine Krankheitsverzögerung um ein bis zwei Jahre erreicht werden", erklärte der Mediziner. Die Effekte seien demnach meist "moderat", aber immerhin seien die Medikamente schon so lange am Markt, dass es auch Generika davon gibt.
Gewöhnungseffekt als zweite Krux
Bei der Therapie mit Acetylcholinesterasehemmern gäbe es aber noch eine zweite Krux, so Humpel: "Sie wirken meist nicht ewig, denn wie bei vielen anderen Medikamenten gewöhnt sich der Körper daran und reagiert nicht mehr darauf". Im speziellen Fall würden andere Systeme aktiviert, die Acetylcholin wieder abbauen, nämlich zum Beispiel ein zweites Enzym namens Butyrylcholinesterase. Es werkt teils umso fleißiger, umso mehr das andere blockiert wird. "Es wäre zum Beispiel eine Strategie für die Pharmaindustrie, Medikamente zu entwickeln, die beide hemmen können", meint er.
Das zweite zugelassene Medikament wird für mittelschwere bis schwere Demenz eingesetzt, berichtet Schmidt. Es blockiert eine Andockstelle (NMDA-Rezeptor) für einen anderen Botenstoff (Neurotransmitter) namens Glutamat. Der Glutamatspiegel steigt bei einem Schlaganfall, Hirnverletzungen (Traumata) oder durch den Tod von Nervenzellen, was ja vermehrt bei der Demenz vom Alzheimertyp passiert, sagte Humpel. Glutamat passt an den NMDA-Rezeptor wie ein Schlüssel zu einem Schloss und sorgt dafür, dass vermehrt Kalzium einströmen kann. "Das überfordert die betroffenen Zellen und sie sterben letztlich ab", so Schmidt. Der Wirkstoff Memantin könne dieses Schloss teilweise schließen und so die Wirkung von ständig im Übermaß produziertem Glutamat zumindest teilweise normalisieren. Auch hier sind die Effekte moderat, man kann höchstens mit Verzögerungen von einem Jahr rechnen, sagte er. "Die beiden Medikamente sind das Wenige, was wir zur Zeit haben", erklärte Humpel.
Zwei typische Pathologien
Es gibt zwei Krankheitszeichen (Pathologien), die schon Alois Alzheimer in den Jahren 1905 bis 1920 beschrieben hat: Ablagerungen außerhalb der Zelle (extrazelluläre Plaques) des Eiweißstoffes "Beta-Amyloid", und Aggregate innerhalb der Zelle durch den Eiweißstoff "Tau". Die Forscher und Mediziner versuchen schon seit einiger Zeit, sie therapeutisch zu bekämpfen.
Beta-Amyloid Plaques sind Eiweißstoff-Ablagerungen (hauptsächlich der 42 Aminosäure langen toxischen Form "Beta-Amyloid-42"), die mit 200 bis 300 Mikrometern zehnmal so groß wie eine Nervenzelle (30 Mikrometer) werden können, erklärte Humpel. "Beta-Amyloid-42 ist eine klebrige Substanz. Sie entsteht bei der Alzheimer-Erkrankung durch pathologische Spaltung und wird im Gehirn abgelagert", so Schmidt. In den vergangenen Jahren habe man sich in der Alzheimer-Forschung stark damit beschäftigt, die Produktion dieses Beta-Amyloids-42 zu verhindern oder die Ablagerungen wieder aus dem Gehirn zu entfernen. "Das ist vor allem durch passive Immunisierung mittels Antikörpern gelungen, wie man mit Positronen-Emissions-Tomographie (PET) bei behandelten Patienten nachweisen kann", erklärte der Mediziner.
Die schlechte Nachricht ist aber, dass man es zwar herausbringt, aber es bei Demenzpatienten dadurch zu keinen Verbesserungen der kognitiven Fähigkeiten kommt. Nach diesem ernüchternden Ergebnis fragten sich die Experten, warum dem so ist, und die nahe liegendste Antwort war zunächst, dass man bei den Studien mit Patienten in fortgeschrittenen Krankheitsstadien einfach zu spät dran war, etwas zu bewirken. Mehrere Forschungsgruppen versuchten folglich die Therapien bei Patienten mit "milder geistiger Beeinträchtigung" (mild cognitive impairment – MCI). "Leider haben die Studien, die auf das MCI Stadium konzentriert waren, bisher auch keine positiven Ergebnisse gebracht", so Schmidt: "Theoretisch könnte man noch früher beginnen, weil diese Amyloid-Ablagerungen wahrscheinlich schon 20 bis 30 Jahre früher auftreten, als die Alzheimer Demenz nachweisbar ist".
"Der letzte große Hoffnungsschimmer ist ein Antikörper gegen Beta-Amyloid-42 menschlichen Ursprungs namens Aducanumab", erklärte Schmidt. Zunächst sah man jedoch in einer Studie selbst in frühen Alzheimer-Stadien keine Effekte mit diesem Antikörper und brach sie im März dieses Jahres ab. Kürzlich kam jedoch die Meldung, dass vielleicht doch eine positive Wirkung zu sehen ist und verfrüht abgebrochen wurde. Die Patienten aus der alten Studie werden nun neu rekrutiert, damit sie doch noch fortgesetzt werden kann. "Was dabei rauskommen wird, ist unklar, aber die Hoffnung auf Erfolg bleibt somit bestehen", sagte er.
Tau verklumpt und macht Probleme
Die zweite schon von Alzheimer beschriebene Pathologie sind Verklumpungen des Eiweißstoffs Tau innerhalb der Nervenzellen. Er ist wichtig für den Transport von Stoffen innerhalb der Nervenzellen, und zwar vom Zentrum (Zellkörper) zu den Signal-Übertragungsstellen (Synapsen). Bei Alzheimer-Patienten ist Tau massiv verändert, und zwar ist es übermäßig mit Markierungen (Phosphat-Gruppen) versehen. Es verklumpt, der Stoffwechseltransport innerhalb der Zellen kommt zum Erliegen und letztendlich sterben diese ab.
"Diese Tau-Ablagerungen therapeutisch anzugreifen ist ein interessanter Ansatz, denn sie korrelieren besser mit dem kognitiven Abbau als die Amyloid-Plaques", so Schmidt. Dies probiere man auf verschiedenste Arten: Mit Stoffen, die eine Verklumpung verhindern könnten (Aggregationsinhibitoren), mit solchen, die eine übermäßige Markierung mit Phosphat-Gruppen hemmen (Kinasehemmer) oder rückgängig machen, indem sie diese wieder "herunterschneiden" (Phosphatasen). "Es gibt einige Ergebnisse dazu, aber die meisten sind negativ", sagte er: "Nun ist die passive oder aktive Immunisierung gegen Tau en vogue". Sprich, man gibt dem Immunsystem zu verstehen, dass es gegen diese pathologischen Tau-Eiweißkörper vorgehen soll. Dabei gibt es allerdings ein Problem: Wenn man es als Ganzes attackiert, greift es möglicherweise nicht nur krankhaftes (pathologisches), sondern auch gesundes (physiologisches) Tau-Protein an. "Es ist im Nervensystem aber ein wichtiges Strukturprotein, und wenn das physiologische Tau-Protein verändert wird, könnte dies zu schweren Nebenwirkungen führen", erklärte der Mediziner. Demnach versucht man, das Immunsystem gezielt gegen pathologische Veränderungen an Tau scharf zu machen.
In Zusammenarbeit mit der Firma Axon Neuroscience habe man in Österreich unter seiner Leitung die erste Phase-I-Studie mit solch einem Alzheimer-Impfstoff durchgeführt, und es zeigten sich keine Nebenwirkungen, außer lokalen Reaktionen an der Injektionsstelle. Es bestand eine "sehr gute Immunreaktion" gegen ein für pathologisch verändertes Tau charakteristische Fragment (Antigen). Kürzlich wurde auch eine Phase-II-Studie erfolgreich abgeschlossen, berichtete er: Es gab einige Hinweise, dass vor allem bei jüngeren Männern positive Effekte zu sehen sind, und ein Kennzeichen für den Abbau von Nervenzellen (Neurodegeneration), nämlich die Konzentration von "Neurofilament" im Blut war in der geimpften Gruppe geringer als bei den Kontrollpersonen. "Dies ist zumindest ein Hinweis auf einen möglichen protektiven Effekt", meint der Mediziner. Nun laufen Verhandlungen für weiterlaufende Phase-III-Studien. Ob die Entwicklung weitergeführt werden kann, ist derzeit unklar.
Nervenwachstumsfaktor anregen
Es ist auch einen Versuch wert, den Nervenwachstumsfaktor (Nerve Growth Factor NGF) gegen Alzheimer einzusetzen, erklärte Humpel: "Er wurde schon vor knapp 100 Jahren entdeckt und ist ein extrem potenter Wachstumsfaktor, der vor allem das Absterben von cholinergen Nervenzellen effektiv verhindert." Das Problem sei allerdings, dass man ihn ganz genau an den Wirkungsort im Gehirn bringen müsste, damit er keine Nebenwirkungen zeigt. Kommt er zum Beispiel ins Rückenmark, würde er dort Schmerzen auslösen und die Nervenzellen unerwünschterweise zum Sprossen bringen. "Man hat schon versucht, ihn durch Transplantationen von Zellen, die NGF produzieren, ausschließlich ins Hirn zu bringen, per Blutstrom über die Blut-Hirnschranke, oder mit Nasensprays." Außerdem sei man daran, den Nervenwachstumsfaktor so zu verändern, dass er ausschließlich ins Hirn transportiert wird oder nur dort wirkt. Hier sei man von einer möglichen Anwendung aber noch sehr weit entfernt.
Flächenbrand im Gehirn
Bei der Alzheimer Krankheit kommt es auch zu Entzündungen im Gehirn. "Man nimmt an, dass verschiedene Noxen (Anm.: schädliche Stoffe und Faktoren), unter anderem auch das Amyloid, bei Alzheimerpatienten zu einer ständigen Aktivierung der Microglia führen, das sind die Immunzellen des Gehirns", erläuterte Schmidt. Sie sind dadurch stets in Alarmbereitschaft und sondern entzündungsfördernde Substanzen ab, die quasi einen Flächenbrand im Gehirn entfachen. Laut dem Alzheimerforscher Rudy Tanzi von der Universität Harvard (US) könnte besagtes Beta-Amyloid-42 das Streichholz sein, das dieses Großfeuer entstehen lässt. PET-Untersuchungen hätten jedenfalls eine solche Microglia-Aktivierung nachgewiesen und es gäbe biologische Schaltwege in diesen Zellen, mithilfe derer man sie zur Räson bringen könnte.
Ein spezieller Eiweißstoff (Trem-2) an der Außenseite von Microglia-Zellen wirkt zum Beispiel normalerweise entzündungshemmend (antiinflammatorisch), ist aber bei vielen Alzheimer-Patienten defekt (mutiert). "Dies führt zu einem Verlust seiner Funktion, so dass der entzündungshemmende Effekt verschwindet", erklärte Schmidt. Es gebe bereits erste Ansätze, krankhaft verändertes Trem-2 wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuführen, und somit den Flächenbrand zu bekämpfen. Hier stünde man zwar erst am Anfang der Untersuchungen, aber zum Beispiel die amerikanische Gesundheitsbehörde (NIH) fördere ein großes Programm (Therapeutic targeting of TREM2 for Alzheimer's disease), um in diese Richtung zu forschen.
Der richtige Zeitpunkt ist ungewiss
Bei den derzeitigen Therapien ist es auch äußerst schwierig zu entscheiden, zu welchem Zeitpunkt man als Mediziner eingreifen sollte, wenn sie zum Beispiel von vornherein wissen, dass die Medikamente nur eine gewisse Zeit lang helfen. Sie könnten entweder bei milden Symptomen eingreifen oder sogar bevor die ersten Anzeichen eintreten, um vielleicht die Krankheit zu verhindern oder stark hinauszuzögern. Damit riskieren sie aber auch, ihre ganze "Munition" gleich am Anfang aufzubrauchen. Sie können aber auch abwarten und die Krankheit erst massiv bekämpfen, wenn sie schon in einem fortgeschritteneren Stadium ist, aber dann ist das Eingreifen vielleicht wirkungslos, weil die Defekte nicht mehr auszubessern sind.
"Bei den meisten Studien handelte es sich um schwere Fälle, wo es wahrscheinlich schon zu spät war: Wenn 90 Prozent der cholinergen Nervenzellen sterben, hilft es zum Beispiel kaum mehr, Nervenwachstumsfaktor zu geben, oder die Plaques aufzulösen", meint Humpel. Tendenziell sei es wahrscheinlich besser, lieber zu früh als zu spät Maßnahmen gegen die Krankheit zu setzen. Da ihre Entstehungsgeschichte aber wahrscheinlich bereits 20 bis 30 Jahre vor den ersten Symptomen beginnt, wird dies problematisch, denn man müsste dann symptomfreie Menschen behandeln, von denen man nicht weiß, ob sie die Krankheit jemals betreffen wird. Dies ist ethisch wohl nur zu rechtfertigen, wenn das Risiko für Nebenwirkungen minimal ist, und der Nutzen weit überwiegt, sprich die Vorsorge verlässlich und effektiv ist.
Blutplättchen als Therapeuten?
Humpel forscht an der Rolle von Blutplättchen bei Beta-Amyloid-Ablagerungen. In ihnen gibt es das Vorläufer-Eiweiß (Beta-Amyloid-Precurser-Protein), und sie bilden normalerweise eine Beta-Amyloid Version, die mit 40 Aminosäuren Länge kleiner ist als die pathologische Beta-Amyloid-42 Variante. "Sie spielt möglicherweise eine Rolle bei beschädigten Gefäßen und könnte diese eventuell wieder verschließen", so der Forscher. Bei der Alzheimer-Erkrankung stellen die Blutplättchen vielleicht zu viel davon her sowie auch das schädliche (toxische) Beta-Amyloid-42, meint er. Eventuell könnte man sie dann so umprogrammieren, dass sie weniger davon produzieren oder zu den Aggregaten wandern, und diese auflösen. "Das ist aber noch ein hypothetischer Ansatz, der weit weg von der Umsetzung ist", sagte Humpel.
Kaputte Gefäße
"Es gibt auch einige Forscher, und zu denen zähle ich mich selbst dazu, die es für möglich halten, dass Alzheimer eine Gefäßerkrankung ist", erklärte Humpel. Mit 60 bis 70 Jahren, wenn die Krankheit "ausbricht", sind die Blutgefäße bei manchen Menschen oft in einem schlechten Zustand. Dann kommen zu wenig Sauerstoff und Energie (in Form von Zucker) ins Gehirn, was das Absterben von Nervenzellen begünstigt. Für diese Hypothese würde sprechen, dass bei Alzheimer-Patienten auch im Gehirn viele Blutgefäße kaputt gehen. "Wir sehen, dass die Blut-Hirn-Schranke defekt ist, und dass Gehirngefäße verklumpen, wobei auch wieder einmal Beta-Amyloid eine Rolle spielt", sagte er.
Die Verklumpung von Beta-Amyloid in den Gefäßen wird als "cerebrale Amyloid Angiopathie" bezeichnet. Wenn die Gefäße im Gehirn nicht durchlässig sind, können sie die Nervenzellen nicht mit Sauerstoff und Zucker versorgen, wodurch in weiterer Folge eine "massive Dysfunktion des Gehirns" ausgelöst wird. Hier sei wohl Vorsorge zielführend. "Das geht stark in Richtung Lifestyle, also die Risikofaktoren zu reduzieren: Sport betreiben, nicht Rauchen, wenig Alkohol, lebenslanges Lernen, psychomotorische Übungen, Musik hören und üben, und auf eine gesunde Ernährung zu achten", so der Experte. Dadurch könne man die Blutgefäße in einem möglichst guten Zustand halten und Alzheimer verhindern oder hinauszögern.
Musik und Tanz schaden nicht
Neben medikamentösen Therapien gibt es auch Versuche, den Verlauf von Demenzerkrankungen mit körperlichem Training, durch künstlerische Aktivitäten wie etwa Musiktherapie und Tanztherapie, oder Stimulation der sensorischen Reize bei Aromatherapie zu verlangsamen. "Bei manchen Dingen liegen Studien vor, die eine Wirksamkeit annehmen lassen, aber bei den meisten hält das Studiendesign kritischen Überprüfungen nicht stand", sagte Schmidt.
Eine Leitlinie für Ärzte zu Demenzen der Deutschen Gesellschaft für Neurologie habe unter Mitwirkung der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie (ÖGN) den Überprüfungs- und Evidenzgrad dieser Methoden untersucht. Demnach könne zum Beispiel körperliche Aktivität empfohlen werden, es fehle jedoch an Evidenz, welche "körperlichen Aktivierungsverfahren" besonders geeignet sind. Musizieren (aktive Musiktherapie) solle ebenfalls angeboten werden, denn es gebe Hinweise, dass sie etwa Angst bei den Patienten mäßige. Auch passive Musiktherapie, also dass man den Betroffenen Musik vorspielt, die sie gerne hören, könnte zum Beispiel ihr aggressives Verhalten ein wenig reduzieren. Aromatherapie würde teils ebenfalls "geringe Effekte" zeigen, und Massagen würden die Betroffenen fallweise beruhigen.
Fazit: Gegen die Demenz ist noch kein Kraut gewachsen
Trotz jahrzehntelanger, engagierter Forschung sind die Therapiemöglichkeiten bei Demenzerkrankungen also derzeit beschränkt. Die möglichen Behandlungen wirken bei den verschiedenen Patienten unterschiedlich – bei manchen zumindest eine Zeit lang recht gut, manche sprechen jedoch kaum darauf an. Derzeit versuchen die Forscher und Mediziner die Krankheit auf verschiedenen Fronten zu bekämpfen und es ist eine Vielzahl an Studien im Gange. Ob darunter eine das Potenzial hat, Demenz wirkungsvoll zu bekämpfen, ist allerdings unklar. Derzeit erwarten sich die Pharmafirmen am meisten von Alzheimer-Impfungen. Experten wie Christian Humpel sehen dies aber kritisch und verweisen auf die Impfmüdigkeit, die etwa bei der Masern- und Influenzaimpfung beobachtbar ist. Nur wenige Leute würden sich wahrscheinlich gegen eine Krankheit impfen lassen, die sie vielleicht in ein paar Jahrzehnten bekommen könnten, noch dazu wenn ungewiss ist, wie gut der Impfstoff sie schützen könnte.
Das große Problem bei der Entwicklung von Alzheimer-Therapien ist, dass man nicht weiß, was die Krankheit wirklich auslöst. Ist dies einmal herausgefunden, haben die Forscher und Mediziner wohl viel größere Chancen, effektive Therapien zu entwickeln.
Von Jochen Stadler / APA-Science