Mit Vehemenz gegen Demenz
Demenz ist eine chronische Erkrankung, bei der die "Verstandeskraft" nach und nach schwindet. Allein in Österreich sind 130.000 - vorwiegend ältere - Menschen betroffen. Wegen der demografischen Entwicklung ist die Tendenz steigend, bis 2050 soll sich der Anteil der Demenzpatienten an der Gesamtbevölkerung mindestens verdoppeln. Medikamentöse Therapien zur Heilung gibt es nach wie vor nicht, aber mittlerweile wenigstens einen leisen Hoffnungsschimmer.
Laut ICD 10-Klassifizierung ist Demenz ein Syndrom als Folge einer chronisch fortschreitenden Erkrankung des Gehirns mit einer Störung vieler höherer kortikaler Funktionen. Gekennzeichnet ist sie durch Einbußen an kognitiven, emotionalen, aber auch sozialen Fähigkeiten. Im Verlauf der Erkrankung kommt es zu Beeinträchtigungen bei Denkvermögen, Gedächtnis, Orientierung, Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache, Urteilsvermögen und Motorik.
Mit ungefähr 60 bis 70 Prozent aller Fälle ist Morbus Alzheimer die mit Abstand häufigste Demenzform und in Österreich bereits die dritthäufigste Todesursache. Das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, nimmt mit dem Alter exponentiell zu. Ab dem 60. Lebensjahr ist rund ein Prozent der Bevölkerung betroffen, mit 80 Jahren leidet schon jede vierte bis fünfte Person daran (für viele weitere Zahlen und Fakten siehe Glossar).
Unterschiedliche Risikofaktoren
Auch wenn die Demenzfälle mit dem Alter allgemein steigen, gibt es beim Erkrankungsrisiko sehr unterschiedliche Abstufungen und Kategorien. Viele Faktoren, so viel vorweg, sind beeinflussbar und nicht dem Schicksal überlassen. "Generell unterscheidet man modifizierbare und nicht modifizierbare Risikofaktoren", sagt Elisabeth Stögmann, Leiterin der Ambulanz für Gedächtnisstörungen und Demenzerkrankungen des Allgemeinen Krankenhauses (AKH) und der Medizinischen Universität Wien.
"Nicht modifizierbar sind das Alter und das Geschlecht. Wir wissen, dass mehr Frauen als Männer betroffen sind", so Stögmann im Gespräch mit APA-Science. Das liege einerseits daran, dass Frauen im Schnitt älter als Männer werden, aber auch spezifische biologische Faktoren dürften hier eine Rolle spielen. Der dritte nicht modifizierbare Faktor ist die Genetik. Nur in seltenen Fällen (weniger als ein Prozent) ist eine Alzheimer-Demenz ausschließlich familiär-genetisch bedingt und kann dann schon ab dem zwanzigsten Lebensjahr auftreten. Bei der typischen Altersdemenz führen genetische Varianten in Kombination mit Lebensstilfaktoren zu der Erkrankung, erläutert die Demenz-Spezialistin.
Gesunder Lebensstil wichtigste Stellschraube
Es gibt aber auch andere Faktoren, die das Erkrankungsrisiko erhöhen. Dazu gehört zum Beispiel das Vorliegen einer Depression, Diabetes, Schwerhörigkeit, Übergewicht, Bluthochdruck oder schlechter Schlaf. Da Demenz noch nicht heilbar ist, kommt den modifizierbaren Risikofaktoren ein umso größerer Stellenwert zu. Das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, lässt sich vermutlich mit einem gesunden Lebensstil besonders im mittleren Lebensalter deutlich reduzieren, ergänzt Stögmann: "Die Lebensphase zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr spielt eine bedeutende Rolle in der Prävention."
Der allgemeine gesundheitliche Nutzen von ausgewogener Ernährung, geistiger Betätigung, sozialen Kontakten und regelmäßiger Bewegung lässt sich so oder so nicht von der Hand weisen. Laut Stefanie Auer, Leiterin des Zentrums für Demenzstudien an der Donau-Universität Krems, läuft es in der Prävention von Krankheiten auf die Faustregel "Was für das Herz gut ist, ist auch für das Gehirn optimal" hinaus. "Das ist ein guter Hinweis, der aus den Befunden der Wissenschaft gestützt ist", so Auer am Rande einer Demenzkonferenz in Krems.
"Wer bis ins hohe Alter körperlich aktiv bleibt, geistige Herausforderungen sucht und ein reges Sozialleben führt, reduziert das Risiko kognitiven Abbaus", schreibt Peter Dal-Bianco, Präsident der Österreichischen Alzheimer Gesellschaft, in seinem Gastkommentar "Demenz - Präventivmaßnahmen und Lebensstilveränderungen". "Aufgrund des generell positiven gesundheitlichen Effekts von regelmäßiger Bewegung sollten ältere Menschen zu körperlicher Aktivität motiviert werden. Laut Studienlage hat Tanzen vor Wandern und Schwimmen die größte vorbeugende Wirkung gegen den geistigen Abbau", so Dal-Bianco.
An der Evidenz, ob körperliches Training oder künstlerische Aktivitäten wie Musik- oder Tanztherapie den Verlauf einer Demenzerkrankung verlangsamen können, herrschen jedoch auch Zweifel. "Bei manchen Dingen liegen Studien vor, die eine Wirksamkeit annehmen lassen, aber bei den meisten hält das Studiendesign kritischen Überprüfungen nicht stand", sagt etwa Reinhold Schmidt von der Universitätsklinik für Neurologie der Medizinischen Universität Graz (siehe "Demenztherapie - (Nicht viel) Neues aus der Warteschleife").
Frühere Definition
Die seit Mitte der 1980er-Jahre gängige Definition der Alzheimer-Krankheit - und damit auch deren Behandlung - beginnt mit dem Auftreten einer Demenz, also mit bereits klar erkennbaren Einbußen an kognitiven Fähigkeiten. Würde man die Diagnose deutlich früher ansetzen, nämlich schon bei einer leichten kognitiven Störung ("Mild Cognitive Impairment", MCI), könnte man Betroffene effizienter behandeln. Dafür tritt etwa Bruno Dubois ein, Professor für Neurologie am Universitätskrankenhaus Salpêtrière, Sorbonne Universität in Paris.
"Es gibt viel Evidenz dafür, dass ein Eingreifen in einer frühen Phase der Krankheit einen signifikanten Effekt auf deren Voranschreiten haben könnte", erklärte Dubois vor kurzem in Rahmen einer Demenzkonferenz in Krems. Obwohl auch eine Früherkennung keine Heilung verspricht, könne mit einer Vielzahl an medikamentösen und nicht-medikamentösen Interventionen der Krankheitsverlauf verzögert und positiv beeinflusst werden.
Ursache unbekannt
Die genaue Ursache der Alzheimer-Demenz ist unbekannt. Im Gehirn von Patienten befinden sich jedoch typische neuropathologische Veränderungen. Es kommt zu abnormen Proteinablagerungen, die bereits der Entdecker der Krankheit, Alois Alzheimer, vor mehr als hundert Jahren beschrieben hat. Zum einen sind dies Ablagerungen außerhalb der Zelle (extrazelluläre Plaques) des Eiweißstoffes "Beta-Amyloid", zum anderen Aggregate innerhalb der Zelle durch den Eiweißstoff "Tau". Forscher und Mediziner versuchen schon seit einiger Zeit, diese therapeutisch zu bekämpfen - bisher mit wenig Erfolg. "Diese Ablagerungen dürften zu einer Schädigung der Nervenzellen führen, und zwar einerseits der Nervenzellenfortsätze und andererseits auch der Nervenzelle selbst. Wie genau diese Eiweißablagerungen schließlich zum Zelltod führen, versteht man eigentlich nicht vollständig", erklärt Stögmann.
Galt das Aufspüren von Beta-Amyloid im Gehirn noch vor einigen Jahren als sicherer Vorbote einer drohenden Demenzerkrankung, ist das aus heutiger Sicht nicht mehr zwingend erwiesen - zumindest bei bereits betagten Personen. Das hat sich etwa in einer im Fachmagazin Lancet Neurology publizierten Studie unter Leitung von Dubois gezeigt. Der Experte argumentiert daher dafür, das Feststellen von Biomarkern nur mit einem Risiko, nicht aber gleich mit der Krankheit selbst zu verbinden. Wo die Übergänge zwischen Risikovorstufen, leichten kognitiven Beeinträchtigungen und einer Demenz sind, ist also noch nicht ausdiskutiert.
Eine medikamentöse Behandlung läuft derzeit darauf hinaus, die Symptome zu bekämpfen und das Fortschreiten der Erkrankung zu verzögern. Bei den gängigen Therapien ist es für Mediziner auch schwierig zu entscheiden, zu welchem Zeitpunkt man eingreifen sollte, wenn sie zum Beispiel von vornherein wissen, dass die Medikamente nur eine gewisse Zeit helfen. Sie könnten entweder bei milden Symptomen ansetzen oder sogar bevor die ersten Anzeichen eintreten, um vielleicht die Krankheit zu verhindern oder stark hinauszuzögern (siehe "Demenztherapie ...").
Hoffnung auf Aducanumab
Mit dem Wirkstoff Aducanumab des US-Biotechkonzerns Biogen ist seit längerer Zeit wieder einmal die Hoffnung auf eine wirksame Therapie aufgekeimt. Nachdem das Unternehmen im Frühjahr 2019 zwei Studien mit der Substanz als erfolglos stoppte, plant Biogen nun sogar einen Zulassungsantrag für den Antikörper bei der US-Gesundheitsbehörde FDA. In der Zwischenzeit seien mehr Daten verfügbar, eine neue Analyse habe ein positives Ergebnis für eine der beiden Studien ergeben, teilte Biogen Ende Oktober zusammen mit seinem japanischen Entwicklungspartner Eisai mit.
Bei den Patienten, die eine hohe Dosis Aducanumab erhielten, hätten sich deutliche Vorteile etwa für das Gedächtnis, die Orientierung und die Sprache gezeigt. Den Zulassungsantrag will der Konzern Anfang 2020 einreichen. Nach Angaben von Biogen wäre Aducanumab bei einer Zulassung das erste Medikament, welches das Fortschreiten der Alzheimer-Erkrankung verlangsamt. Es wäre zudem die erste Therapie, die zeigt, dass eine Entfernung von Beta-Amyloid zu besseren klinischen Ergebnissen führt.
An der Phase-III-Studie beteiligt war neben der Medizinischen Universität Graz (Reinhold Schmidt) und dem Uniklinikum Salzburg (Wolfgang Staffen) auch die MedUni Wien unter der Leitung von Elisabeth Stögmann. Einmal monatlich wurde den Patienten der Wirkstoff verabreicht, bis es zum vorläufigen Studien-Stopp gekommen ist. Nun könnten dieselben Patienten wieder eingeladen werden, um erneut, aber diesmal mit einer höheren Dosis behandelt zu werden. Aktuelle Resultate der internationalen Studie sollen in Kürze (4. bis 7. Dezember 2019) im Rahmen der Konferenz "12th Clinical Trials on Alzheimer's Disease (CTAD)" in San Diego (USA) präsentiert werden. Über die Erfolgsaussichten von Aducanumab zeigt sich Stögmann vorsichtig optimistisch: "Richtig mehr wissen wir in ein, zwei Jahren. Ich würde nicht sagen, wir haben die Heilung gefunden, aber es ist schon ein vielversprechendes Resultat."
Lange Liste von Misserfolgen
Vorsicht beim Verkünden von Erfolgen gegen Alzheimer ist durchaus angebracht, ist die Suche nach Therapien bisher doch eine lange Liste von Misserfolgen. Zuvor floppte der Schweizer Pharmariese Roche mit einem Mittel, Rückschläge mussten auch schon Eli Lilly, AstraZeneca, Johnson & Johnson oder Merck & Co verdauen. Pfizer stellte seine Entwicklung von Medikamenten gegen Alzheimer und Parkinson sogar ganz ein. Mehr als 100 klinische Studien erbrachten bisher keine wirksame Therapie für die fortschreitende Demenzerkrankung.
"Ich glaube nicht, dass es eine Heilung geben wird in dem Sinne, dass man sein Gedächtnis in seiner vollen Funktion zurückbekommt. Ich denke man wird einmal in der Lage sein, den Verfall zu stoppen, ihn gewissermaßen zu stabilisieren. Das wäre schon eine große Verbesserung im Vergleich zu jetzt", erklärte entsprechend auch Marc Wortmann, ehemaliger Direktor von Alzheimer's Disease International, gegenüber APA-Science bei der Kremser Demenzkonferenz.
Nur ein Drittel diagnostiziert
Weltweit soll die Zahl der Menschen mit einer Demenzerkrankung von derzeit über 50 Millionen auf 152 Millionen bis 2050 steigen. Die im Österreichischen Demenzbericht genannte Zahl der Betroffenen (130.000) in Österreich dürfte nur die Spitze des Eisbergs darstellen, meint Stefanie Auer. "20 bis 30 Prozent der Betroffenen bekommen schätzungsweise in Österreich eine medizinische Diagnose", so die wissenschaftliche Leiterin der MAS Alzheimerhilfe. Das liege einerseits an einer mangelhaften Ausbildung von Ärzten und dazugehörigen Professionen und andererseits an fehlenden Strukturen, so Auer: "Wir müssen eine Willkommenskultur anbieten, die Menschen Mut macht, sich in einer frühen Phase der Erkrankung zu melden und sich dem Thema zu stellen." Frühe Signale aufzunehmen und darauf zu reagieren sei deshalb eine wichtige Aufgabe für Menschen im Gesundheitswesen, betont die Expertin.
Die Frage, ab wann frühe Signale wie Vergesslichkeit Anlass zur Sorge bereiten sollten, erklärt Elisabeth Stögmann so: "Wenn es häufig ist und im Alltag störend und belastend wird." Vergisst ein älterer Herr die Anweisung seiner Frau, eine Packung Milch zu kaufen, sei das noch nicht unbedingt ein Alarmsignal. Wenn er aber Fußballfan ist, der immer alle Spiele verfolgt und sich plötzlich die Ergebnisse nicht mehr merken kann, sollte er einen Facharzt aufsuchen. Der Unterschied liegt laut Stögmann in "einem Inhalt, den ich mir merken will, den ich mir aber wiederholt nicht merke".
Eine klassische Screeninguntersuchung wie einen Bluttest zum Vorliegen einer Demenzerkrankung gibt es derzeit nicht. Entscheidend, so die Erfahrung der Expertin in der Ambulanz, ist ein langes Gespräch mit den Betroffenen und mit den Angehörigen. Dabei wird zum Beispiel abgeklärt, ob vielleicht eine Depression vorliegt, die sich oft in Demenz-ähnlichen Symptomen wie Vergesslichkeit manifestieren kann. Als nächstes erfolgt eine Blutanalyse, um andere Krankheiten auszuschließen. Schließlich wird eine neuropsychologische Testung vorgenommen, bei der viele Punkte abgefragt und anschließend mit Ergebnissen von Menschen in gleichem Alter und mit gleichem Bildungsgrad verglichen werden. "Dann können wir erst sagen, sind die Einschränkungen noch im Altersmaß oder darüber hinausgehend." Zur ganz genauen Diagnostik können auch nuklearmedizinische Methoden oder Untersuchungen der Nervenflüssigkeit zum Einsatz kommen.
Demenz ändert die Pflege
Ist eine Demenz einmal festgestellt, gilt es, das Leben so schnell wie möglich danach auszurichten, so die Empfehlung. Mehr als nur mitbetroffen sind fast immer die unmittelbaren Angehörigen, denn rund vier Fünftel aller pflegebedürftigen Österreicher werden laut Sozialministerium zu Hause betreut, in ca. 40 Prozent der Fälle sind das Angehörige (siehe "Wenn Angehörige pflegen: Verwandte Verantwortung"). Auswirkungen sind auch in der professionellen Pflege spürbar. "Die Ausbildungslandschaft ändert sich sukzessive, die Zunahme chronischer Erkrankungen, zu denen die Demenz zählt, trägt dazu wesentlich bei. So wurden in Reaktion auf die demografischen Entwicklungen die Curricula entsprechend angepasst", stellt etwa Elisabeth Potzmann, Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Pflegepädagogik, fest (siehe "Demenz ändert die Pflegeausbildung").
Änderungen und Unterstützung für Patienten und Pflegende ergeben sich auch durch die rasch voranschreitende Entwicklung technischer Hilfsmittel wie Pflegeroboter, Tablet-PCs, Apps und Sensorik (siehe "Wie Hightech im Demenz-Alltag unterstützt"). Smarte Alltagsgegenstände und Hilfsmittel zielen laut Roswitha Engel, Leiterin des Departments Angewandte Pflegewissenschaft und Leiterin des Bachelorstudiums Gesundheits- und Krankenpflege an der FH Campus Wien, darauf ab, "Selbstständigkeit, Sicherheit und Wohlbefinden der Erkrankten zu erhalten bzw. zu steigern". Auch die Angehörigen sollen mit evidenzbasierter Information rasch und unkompliziert Unterstützung erfahren, so Engel. Das bringe "eine allgemeine Entspannung für betroffene Familien" (siehe auch Gastkommentar).
Gesundheitsproblem Nummer eins
"In den stärker alternden Ländern ist Demenz das Gesundheitsproblem Nummer eins", sagt Marc Wortmann und verweist neben der steigenden Anzahl der Betroffenen auf den zunehmenden (Intensiv-)Pflegebedarf, die Auswirkungen auf die Angehörigen und nicht zuletzt die Kosten. In Japan, einem Land mit hoher Lebenserwartung und niedriger Geburtenrate, sei Demenz schon heute das größte Problem des Gesundheitssystems, so Wortmann.
"Ökonomische Kosten werden häufig unterschätzt, auch weil es in vielen Bereichen keine Daten gibt", führt die Gesundheitsökonomin Maria Hofmarcher-Holzhacker in ihrem Gastkommentar ("Demenz fordert uns alle, Effizienz und Fürsorge sind gefragt") ins Treffen. Dazu zählen etwa Produktivitätsentfall und Verdienstentgang von pflegenden Angehörigen und andere indirekte Kosten. Für Österreich werde geschätzt, dass durch informelle Pflege 1,6 Mrd. Euro oder 54 Prozent der gesamten demenzbedingten Kosten anfallen werden, so die Expertin.
Volkswirtschaftliche Kosten sind freilich nur ein Aspekt der gesellschaftlichen Auswirkungen. Wenn immer mehr Menschen an einer Demenz erkranken, wird es im Alltag immer öfter zu Begegnungen mit Betroffenen kommen, denn nicht alle sind bereits diagnostiziert oder befinden sich in Pflege. Wie aber damit umgehen und wie erkennt man überhaupt, dass man es mit einer dementen und nicht etwa psychisch kranken oder durch Drogen beeinträchtigten Person zu tun hat?
Demenzstrategie "Gut leben mit Demenz"
Um solche und weitere Fragen zu klären, wurde Ende 2015 die österreichische Demenzstrategie "Gut leben mit Demenz" ins Leben gerufen. Während es mittlerweile eine gute Vernetzung über Bund, Länder und Sektoren hinweg gebe, ortet Projektleiterin Brigitte Juraszovich von der Gesundheit Österreich GmbH einen starken Bedarf an einer engeren Verzahnung von Praxis und Forschung. Letztlich wolle man vom Fokus auf die Versorgung wegkommen und stattdessen aufzeigen, wie ein "gutes" Leben mit Demenz möglich sei. Diese Zielvorstellung werde auch vom Bund unterstützt. Immer mehr Städte und Gemeinden würden mittlerweile die Verantwortung dafür übernehmen, Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Menschen mit Demenz und ihre Angehörige so lange wie möglich am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können.
Damit die Integration in den Alltag gelingt, ist eine Enttabuisierung und Entstigmatisierung des Krankheitsbildes Demenz nötig, darin sind sich Betroffene wie Fachleute einig (siehe auch "Kunst erforscht alternative Zugänge zu Demenz"). Den derzeitigen Status quo bringt Monika Kripp, Vize-Präsidentin der Selbsthilfegruppe Alzheimer Austria, auf den Punkt ("Wenn Angehörige pflegen: Verwandte Verantwortung"): "Es muss noch tiefer in das Bewusstsein, dass Demenz ein allgemeines, weitreichendes Problem ist, das sich nicht einfach auflösen wird."
Von Mario Wasserfaller / APA-Science