"Postfaktisches Zeitalter? Fake News, Fakes und Mimikama"
Falschmeldungen, Fakes und Fake News sind das allumfassende Thema im ersten Quartal des Jahres 2017. Es geht dabei um Ängste, Meinungen, politische Entscheidungen, aber auch die Angst vor politischen Entscheidungen, sowie die potenziellen manipulativen Fähigkeiten von Falschmeldungen in Bezug auf politische und gesellschaftliche Entscheidungen. In diesem Kontext tritt auch der Verein Mimikama in das Blickfeld.
Der Verein Mimikama mit Sitz in Wien wurde im Jahre 2011 mit der Zielsetzung gegründet, Internetmissbrauch, Internetbetrug und Falschmeldungen bzw. Fakes entgegen zu wirken und zu bekämpfen. Der Fokus ist hier vor allem auf die sozialen Medien wie Facebook, Twitter und WhatsApp gerichtet, in denen Useranfragen durch die Mitarbeiter des Vereins direkt beantwortet bzw. zugesendete Informationen/Gerüchte überprüft und die Ergebnisse publiziert werden. Der Verein entstand nicht als durchkonzipiertes Projekt, sondern allein aus dem Bedarf und aus der Situation heraus.
In den frühen Stunden des Vereins handelte es sich dabei zumeist um einfache Falschmeldungen, die eher ein "Hoax" (Scherz) oder urbane Legenden waren, welche auf Facebook geteilt wurden. Dabei wurden Inhalte von Nutzern oftmals unreflektiert, unkritisch und ungeprüft weitergegeben, was Nutzer anfällig für Falschmeldungen macht. Dabei sind auch Angst und vorherrschende Befürchtungen ein wichtiger Faktor, denn Falschmeldungen und Fakes funktionieren immer genau da, wo Befürchtungen und Besorgnis den Nährboden bereitet haben.
Mit dem immer stärkeren Ausbau des flächendeckend verfügbaren Internets wurden auch die sozialen Netzwerke und Messenger immer häufiger genutzt, die permanente Verfügbarkeit als Empfänger für Inhalte hat zudem die Kommunikationsrate deutlich gesteigert. Daraus resultiert natürlich auch, dass verschiedene Informationsgeber das Netz nutzen, um bewusst falsche Inhalte zu streuen.
An dieser Stelle beginnt auch der Ansatz von Mimikama: Falschmeldungen entlarven, verdrehte Inhalte klarstellen, auf Nutzerprobleme reagieren und dies ist bei der hohen Geschwindigkeit der sozialen Medien, sowie der starken Emotionalisierung der politischen Auseinandersetzungen mehr als notwendig!
Falschmeldungen gab es schon immer!
In früheren Zeiten wurden Falschmeldungen eher durch Hörensagen weitergegeben, via Brief übermittelt oder in den eher seltenen Fällen als klassische "Enten" in den Medien vertrieben. Mit dem Aufkommen neuer Kommunikationsformen fand auch die Falschmeldung einen neuen Weg der Verbreitung. Telefax und SMS waren frühe "neue" Wege, danach E-Mail und mittlerweile sind wir bei Messengern und sozialen Netzwerken als Hauptverbreitungsgebiet angekommen. Die Falschmeldung war also immer schon da, lediglich das Trägermedium ist immer anders.
Ebenso unterliegen auch die jeweiligen Fakes und Falschmeldungen einer Evolution, da sie sich immer gesellschaftlichen Themen anpassen - besser gesagt, sie entstehen aus gesellschaftlichen Themen. Der Inhalt einer erfolgreichen Falschmeldung unterliegt dem Zeitgeist und den temporär primär vorherrschenden Ängsten und Befürchtungen. Insofern traten in den letzten Jahren immer neue Entwicklungsstufen der Falschmeldungen auf, die es zu erkennen und sortieren gilt. Denn auch das ist ein Phänomen der sozialen Netzwerke und Messenger: die Filterfunktion, welche ursprünglich durch seriösen Journalismus ausgeübt wurde, entfällt hier. Jeder Teilnehmer ist Empfänger und Sender zugleich, die Prüfinstanz liegt letztendlich bei dem Empfänger, der somit in eine neue Position versetzt wurde.
Das Jahr 2017: Fake News und Hybrid-Fakes
Wir müssen an dieser Stelle ganz klar abgrenzen: die Fake News, so wie sie im Gespräch um die US-amerikanische Präsidentschaftswahl in den Fokus gerückt sind, haben wir im deutschsprachigen Raum bis zum Jahreswechsel 16/17 eher selten beobachten können. Gleichzeitig wird dieser Begriff omnipräsent für jede Art von Falschmeldung, ja sogar in Bezug auf Meinungsverschiedenheiten genutzt. Die fehlende Differenzierung, obwohl es im allgemeinen Sprachgebrauch genügend Beschreibungen für Falschmeldungen aller Art gibt, hat zu der Verwässerung und auch oftmals falschen Nutzung des Wortes geführt.
Um zu differenzieren: Als Fake News gelten Webseiten mit Autoren, welche jedoch keine journalistische Sorgfaltspflicht tragen und auch keinen Faktencheck betreiben. Diese Autoren prüfen ihre Quellen nicht und haben auch kein Interesse daran, ob die Geschichten stimmen, die sie veröffentlichen. Es handelt sich um Geschichten, welche optisch aufbereitet sind, als seien sie Presse- oder Medienmeldungen. Die Seiten tragen ein seriös wirkendes Logo, haben Namen, welche an Zeitungen erinnern und bedienen thematisch das News-Feld.
Die Betreiber von Fake News-Seiten haben auch eher weniger Interesse daran, politische Manipulation zu betreiben. Das primäre Ziel ist monetär. Es geht um Werbeplätze, Views und Klickzahlen. Hierbei ziehen auf Schlagworte fokussierte Themen ein hohes Leserinteresse an.
Im deutschsprachigen Raum haben wir im Gegensatz zu Fake News wesentlich häufiger den Hybrid-Fake vorliegen, eine ideologisch geprägte Falschmeldung, welche aus zwei Komponenten besteht: Der Hybrid-Fake trägt in sich einen wahren Kern, einen realen Vorfall. Diese Aussage (Text/Bild/Video) fand statt, wurde jedoch durch eine Komponente erweitert, welche eben nicht in diesen Zusammenhang gehört.
Einem Text wird beispielsweise ein falsches Bild oder Video hinzugefügt, um den Inhalt zu dramatisieren. Oder umgekehrt: ein Bild/Video wird inhaltlich in einen falschen Kontext gesetzt. Hier kann man grundsätzlich sehr schwer die Inhalte als generell falsch oder richtig deklarieren, da sie eben die unterschiedlichen Komponenten tragen. Anstatt einer Markierung ist hier die Analyse ein wesentlich probateres Mittel.
Davon abzugrenzen sind wiederum Redaktionslinien, die je nach Radikalität und Lagerung eines Mediums unterschiedlich ausfallen können.
In dieser Gesamtsituation finden sich nun Internetnutzer wieder, die auf jede Art von Inhalten stoßen und diese zumeist allein und in hoher Geschwindigkeit verarbeiten müssen. Das erfordert neue Arten der Kompetenz und auch die Kenntnis darüber, wie man Inhalte bewerten und verarbeiten kann.