"Erfolgsrezept für junge Wissenschafter und Erfinder?"
Forschung und (Er)Findung sind zwei voneinander untrennbare Komponenten der Wissenschaft. Von der Medizinischen Universität Wien zum Erfinder des Jahres 2015 ernannt zu werden, ist eine große Auszeichnung und die Bestätigung, dass einer arbeitsintensiven Zeit dann jene folgen kann, in der man Anerkennung dafür erntet. Die eigentliche Erfindung war eher zufällig: gemeinsam mit einem Kollegen in Freiburg haben wir Effekte von zyklischen Pflanzenpeptiden an humanen Immunzellen getestet und festgestellt, dass diese Peptide immunsupressiv wirken. Diese ersten Versuche waren weniger rational geplant, sondern basierten vielmehr auf der Neugier für interdisziplinäre Forschung. Ohne die Abläufe von der Erfindungsmeldung, über die Patentierung bis letztlich dem Verwertungsprozess im Detail zu kennen, wurde ich als Forscher genau dabei zielstrebig von der Abteilung Technologietransfer der Medizinischen Universität Wien unterstützt. Nach dem Einreichen der Patentanmeldung spielten viele Faktoren eine Rolle, unter anderem auch, dass wir durch Forschungsgelder unterstützt wurden, und vor allem, dass wir mittels unserer Technologie das Interesse einer Firma geweckt haben. Diese wird nun das Peptid einer präklinischen Prüfung unterziehen, um womöglich die klinische Entwicklung eines Wirkstoffes für die Multiple Sklerose Therapie zu beginnen. Wir befinden uns auf einem guten Weg; ob unsere Erfindung jemals als Medikament für betroffene PatientInnen zur Verfügung stehen wird, wird die Zukunft zeigen. Und ob dieser Weg für andere junge Wissenschafter als Erfolgsrezept funktioniert, will ich mir nicht anmaßen.
Es ist erstaunlich, welche objektiven und subjektiven Faktoren den Werdegang eines jungen Forschers beeinflussen. Ob und wann man genau von der Umwelt als Talent erkannt wird, lässt sich nicht vorhersagen. Doch gibt es einige wesentliche Prozesse, die den Weg dorthin ebnen und ohne die es schwierig wird, sich in einer höchst kompetitiven Welt zu behaupten. Als junger Absolvent sieht man oft den Wald vor lauter Bäumen nicht, und doch ist genau diese Phase des Überganges vom PhD-Studierenden zum PostDoc der Zeitpunkt, der die weitere Karriere maßgeblich bestimmt.
Die österreichische Forschungs- bzw. Förderungslandschaft bietet jungen Wissenschaftern bemerkenswert viele Möglichkeiten, die Basis für eine erfolgreiche Zukunft zu legen und dabei vielleicht sogar als besonderes Talent anerkannt zu werden. Jedoch ganz nach dem Motto "Jeder ist seines Glückes Schmied". Man kann noch so gute Ideen und Forschungserfahrung vorweisen; im Endeffekt ist die Anzahl und Qualität der Publikationen das Maß aller Dinge, um ein PostDoc-Stipendium, zum Beispiel des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) oder auch eine Marie Skłodowska-Curie Research Fellowship der EU, zu erhalten.
Ein in Österreich absolviertes PhD-Studium und Publikationen reichen zur Absicherung einer akademischen Laufbahn nicht mehr aus. Ideen sind gefragt - Ideen, beeinflusst durch Auslandsaufenthalte, die zu einem steigenden "track-record" führen. Dabei helfen Erfahrungen aus Kooperationen mit Persönlichkeiten, die sich längst in der Wissenschaftswelt etabliert haben. So paradox es klingen mag: Um in der österreichischen Forschungswelt Fuß zu fassen, muss man diese zunächst einmal verlassen. Dass der eine oder andere dabei nicht den Weg zurück findet, ist ein bekanntes Phänomen, das sich in einer globalisierten Welt aber nicht verhindern lässt.
Natürlich bietet internationale Forschungserfahrung keine Garantie dafür, dass man sich auch nach dem PostDoc in der österreichischen Forschungswelt behaupten kann. Ganz wichtig ist es, sich mit einem eigenen Forschungsthema einen Namen zu machen. Hier gelten die Exzellenzförderungen für Jungforscher (sogenannte 'Early Career Researchers') des FWF Start Programms beziehungsweise die Starting Grants des European Research Councils als Karrieresprungbrett. Allerdings sind diese Förderungen höchst kompetitiv und wie so oft spielt der Faktor Glück eine wesentliche Rolle. Außerdem sind Wagemut und ein gewisser Hang zu ungewöhnlichen Ideen bzw. innovativen Forschungsansätzen in der eher als konservativ und langweilig geltenden akademischen Welt durchaus förderlich. Der Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) unterstützt genau solche unkonventionellen Projekte, sogenannte "high-risk calls". Mit so einer Förderung hat man sehr gute Aussichten, sich an einem Institut als Juniorgruppenleiter zu etablieren und erhält möglicherweise die Chance, im Rahmen des bisher gängigen Karrieremodells "Qualifizierungsvereinbarung" bzw. dem Nachfolgemodell, welches in der Universitätsgesetz-Novelle 2015 verankert ist, eine "tenure-track" Stelle mit Aussicht auf eine Professur zu bekommen.
Was man allerdings als Jungforscher nicht vergessen sollte und was allzu oft vernachlässigt wird, ist die Beteiligung an akademischer Lehre und Lehrerfahrung. Während der PhD- und PostDoc-Zeit wird man dazu angehalten, sich gänzlich auf die Forschungsarbeit zu konzentrieren. Aber gerade in Zeiten von kompetitiver Forschungsmittelvergabe sind Anstellungen auf akademischen Laufbahnstellen gefragter denn je. Entscheidend ist hier nebst der Qualität der Forschungsergebnisse die gesammelte Lehrerfahrung bzw. die Bereitschaft und Motivation, sich der Ausbildung von Studenten zu widmen. Aufgrund des Leistungsdilemmas nach dem Motto 'nur die besten Forscher werden sich behaupten', gilt die akademische Lehre in jungen Forscherjahren oft als 'Klotz am Bein' und beansprucht mitunter viel Zeit. Doch kann ich aus eigener Erfahrung jedem Forscher nur raten, sich so früh wie möglich in der Lehre zu engagieren. Denn die Lehre kann durch das Vermitteln alternativer Denkansätze auch die eigene Forschung beflügeln.
Für eine akademische Laufbahn in Österreich gibt es durchaus gute Karrieremodelle und Förderungsmaßnahmen, die in ihrer Anzahl allerdings entscheidend durch die Budgetplanungen der Politik beeinflusst werden. Es gibt nach wie vor zu wenig Ressourcen für zu viele Anwärter. Man sollte sich daher früh darüber Gedanken machen, welchen Weg man einschlägt und welche Schritte man setzt. Um den Blick stets auf dem Wesentlichen halten zu können, benötigen junge Talente die Unterstützung von erfahrenen Wissenschaftern und vor allem frühzeitig die Aussicht auf eine gesicherte Stelle mit der Möglichkeit, Ideen zu entwickeln und damit die wissenschaftliche Welt zu bereichern.