"Chance für Österreichs Schüler, sich weltweit zu messen"
Am 18. Mai 2012 holte das Projektteam "AVIO" (Patrick Neulinger, Patrick Marksteiner) unter der Betreuung von Dipl. Ing. Dietmar Wokatsch den 3. Platz bei der "Intel ISEF 2012" (International Science and Engineering Fair), der weltweit größten Wissenschaftsmesse im Bereich der Jugend. Mit dem Projekt "Die intelligente Lawinensuche" behaupteten sich die Schüler der HTL Perg als einziges Team aus Österreich unter ca. 1600 Schülern aus 68 Nationen.
Eine innovative Idee made in Austria
Die Erfolgsgeschichte beginnt eigentlich 2011 mit der Fortführung einer Diplomarbeit. Patrick Marksteiner und Patrick Neulinger begeben sich unter die Fittiche ihres Professors Dipl. Ing. Dietmar Wokatsch an der HTL Perg. Das Projektziel: die Rettung von Lawinenopfern. Um es einfach auszudrücken: Es geht um "Zeit". Ja, denn die Zeit ist einer der entscheidenden Faktoren, ob Lawinenopfer noch lebend oder nur mehr tot geborgen werden können. Die Zeit bis zum Eintreffen der Rettungskräfte ist zu kostbar, um sie ungenutzt verstreichen zu lassen. "Sie könnte bereits für die Suche verwendet werden", so die Überlegung der Schüler.
Also stelle man sich Folgendes vor: Alle Bergstationen der Bergbahnen hätten kleine Drohnen vor Ort. Diese warten in Ladedocks auf ihren Einsatz. Sollte jetzt in dem Gebiet eine Lawine abgehen, so wird dies der Leitstelle gemeldet. Dort markiert ein Mitarbeiter einfach den Hang und los geht’s: Eine oder mehrere Drohnen werden gestartet und suchen nun vor Ort nach Verschütteten. (Dies geschah noch 2011 mit einem LVS-Gerät der Firma Pieps.) Die innovative Idee der Schüler: Jetzt können auch verschüttete Personen geortet werden, die ein Handy bei sich tragen, da alle sendenden Geräte, eben auch Handys, aufgespürt werden. Sollte tatsächlich ein Opfer gefunden werden, so wird dies gemeldet und am Lawinenhang markiert. Nun kann die Zeit bis zum Eintreffen der Rettungskräfte effizient genutzt werden, denn es können sogar Begleiter oder zufällig vorbeikommende Personen mit der Bergung beginnen.
Projektfinanzierung angesichts von Sparpaketen
2011 benötigt das Projektteam dringend finanzielle Unterstützung. Die Lösung: Keine zusätzlichen Mittel über das Schulbudget. Sparpakete sehen eine derartige Projektfinanzierung nicht vor. Was bleibt, ist eine Finanzierung über Preisgelder. Zuerst wird eine Liste stattfindender Wettbewerbe erstellt, anschließend werden einige Bewerbe ausgewählt. Nachdem die Schüler beim ersten Bewerb den 2. Platz erringen, kommt es zur ersten Manöverkritik. "Es war schon wichtig, auch die Zufriedenheit mit dem 2. Platz zu erwähnen, aber ohne Kritik keine Verbesserung." Das zeigt auch Wirkung, denn schon kam der 1. Platz bei "Talents Austria 2012". Es folgen noch insgesamt fünf erste Plätze. "Jugend Innovativ 2012" ist einer davon. Der von T-Systems Austria gesponserte Sonderpreis IKT wird gewonnen und die Jury befindet, das Projektteam der HTL Perg soll Österreich in Pittsburgh bei der Intel ISEF 2012 vertreten. (Die Intel ISEF der Society for Science and Public ist mit bis zu 4 Millionen Dollar Preisgeldern die größte Veranstaltung dieser Art weltweit.)
Pittsburgh Pennsylvania - wir kommen!
Es ist so weit, der 12.5.2012: Frühstück um 5:30 Uhr daheim in Österreich - Abendessen in Pittsburgh. Eine Stahlstadt an einem Fluss wie in der Heimat Linz. Angenehme Temperaturen, die Umgebung eigentlich recht gepflegt, die Straßenzüge beflaggt mit Intel ISEF-Fahnen, das Convention Center riesig, die Organisation erstklassig. Der Ablauf der Preisverleihung ist minutiös geplant, die Show perfekt inszeniert. Unter den Gästen befinden sich 8 Nobelpreisträger, Firmenvorstände und TV-Moderatoren, doch die Schüler stehen immer im Vordergrund. Kurzum, bis hin zum Abendprogramm im Logenbereich der Pittsburgh Steelers ist alles traumhaft wie in Hollywoods besten Filmen.
….and one of the winners is: HTL Perg
Dann beginnen die Preisverleihungen - etwas schneller, aber nicht weniger pompös als bei den Academy Awards in Hollywood. Das Motto des Perger Teams: "Dabei sein ist alles." Doch dann die Sensation - am letzten Tag der Grand Awards bei der Verlesung des 3. Platzes "… from Austria HTL Perg, AVIO with Patrick Neulinger and Patrick Marksteiner …". Erst Stunden später, nachdem sich die Anspannung gelöst hat, realisieren die innovativen Köpfe der HTL Perg den Erfolg.
Eine österreichische Erfolgsgeschichte im internationalen Vergleich
Was bedeutet dieser Erfolg im internationalen Vergleich? Betrachten wir die Situation in anderen Ländern, so fällt eines auf: Amerikanische Schüler bringen eine beachtliche Wettbewerbserfahrung mit. Sie nehmen nicht selten bereits im Alter von 14 Jahren teil, manche amerikanische Schüler waren bereits zum dritten Mal bei der Intel ISEF. Österreich ist mit einem einzigen (!) Projektteam vertreten, Deutschland hingegen mit 9. Auch werden die amerikanischen Projekte von mehr als nur einer Firma unterstützt und das mit erheblichen finanziellen Mitteln. Meist gibt es 2 oder mehr betreuende Professoren, manchmal auch Universitätsprofessoren. Diese optimale Ausgangs- und Betreuungssituation schlägt sich natürlich auch in den Projekten nieder.
Die Ausgangssituation für österreichische Projekte, so auch für das Projekt der diesjährigen Teilnehmer, ist eine andere: Erst "Jugend Innovativ", ein Wettbewerb in Österreich, ermöglichte die Wettbewerbsteilnahme in den USA. Das Team um Jana Zach leistet hier Unglaubliches: Eine perfekte Organisation in Kombination mit endlos scheinendem persönlichem Einsatz eröffnet den Siegerinnen/Siegern das Tor zum internationalen Vergleich. - Die einzige Chance für Österreichs Schüler, sich weltweit zu messen.
Beleuchtet man jedoch die Situation der österreichischen Firmen, so ist hier oftmals nur eine Investitionsbereitschaft zu erkennen, wenn direkte Probleme gelöst oder spezielle Produkte entwickelt werden sollen. Auch wenn dieser Ansatz legitim erscheint, so ist die unbezahlte Arbeit unserer Schüler in der Produktentwicklung und Problemlösung doch keine Zierde für unsere Unternehmen. Im Unterschied dazu finanzieren amerikanische Unternehmen auch Grundlagenforschung, sozusagen nach dem Motto "…könnte ja doch interessant werden".
Auch das BMUKK sollte unseren Schülern die Möglichkeit eröffnen, früher an solchen Wettbewerben teilzunehmen. Natürlich bedarf es dafür einiger Anpassungen, die jedoch leicht zu treffen wären. Es ist an der Zeit, unsere Schüler wieder zu fordern, da deren Leistungsfähigkeit sicherlich international im Spitzenfeld liegen könnte. (Ein Blick auf den Erfolg des österreichischen Projektteams genügt.) Es geht darum, kreative Köpfe zu fördern, innovative Ideen zu unterstützen, enormes Kreativitäts- und Innovationspotential zu heben. Kreative Köpfe benötigen entsprechende Rahmenbedingungen – auch in Zeiten von Sparpaketen. Sie benötigen eine gute Basis - und das ist es, was die Zukunft eines Landes ausmacht. So gilt auch in Zeiten der Sparpakete: "If you pay peanuts, you will get monkeys."
Mit persönlichem Engagement, Motivation und Reflexion ist es gelungen, die Schüler zu dieser außerordentlichen Leistung zu führen. In jedem Fall ist es wichtig, unserer Jugend zu zeigen, dass wir sie schätzen und respektieren. Indem entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden, Grundlagen gelehrt werden, Selbstdisziplin und Leistungsbereitschaft gelebt wird, können unsere Jugendlichen letztendlich solche Erfolge erbringen und wir können mit Stolz auf sie und unsere Gesellschaft blicken.
Zum Schluss gilt es zu gratulieren und sich zu freuen über den schönen internationalen Erfolg.