"Die Vermessung der Siemens Welt..."
Die Vermessung der Siemens Welt...oder wie ich meinen Mitarbeitern ein komplexes Unternehmen erkläre.
Stellen Sie sich folgende Herausforderung vor: Heute ist Ihr erster Arbeitstag in einem Unternehmen mit weltweit über 370.000 Mitarbeitern, die in vier Sektoren mit zahlreichen Divisionen in den unterschiedlichsten Fachgebieten tätig sind. Das Unternehmen beschäftigt sich mit nahezu allem, womit Sie im täglichen Leben auf die eine oder andere Weise in Berührung kommen: von Infrastrukturlösungen für Städte, über Medizintechnik und Industrielösungen bis hin zu Energieerzeugung und -verteilung. Die Innovationskraft des Unternehmens bringt beinahe täglich neue Lösungen hervor. Um die Zusammenarbeit in diesem Unternehmen möglichst effizient zu gestalten, bedarf es einer Vielzahl von Prozessen und Standards .... und Sie als neuer Mitarbeiter sollen sich in dieser komplexen Unternehmensumwelt möglichst rasch zurechtfinden.
Das Unternehmen von dem die Rede ist heißt Siemens, und die Antwort auf die Herausforderung heißt E-Learning. Alle unsere Mitarbeiter kommen erstmals beim Onboarding – also An-Bord-Holen – mit Online-Lernen in Kontakt. Dort nehmen sie an einer virtuellen Führung durch die komplexe Unternehmenswelt von Siemens teil. Das gestaltet sich allerdings nicht als passives Durch-Folien-Klicken. Die neuen Mitarbeiter müssen in kleinen Gruppen verschiedene Aufgabenstellungen lösen, was zusätzlich zur Vermittlung von Basiswissen über das Unternehmen auch den Einstieg in ein weltweites Expertennetzwerk fördert.
Über die vergangenen Jahre haben wir den Einsatz von E-Learning bei Siemens deutlich verstärkt. Wir setzen es auf einer sehr breiten Ebene ein. Überall dort, wo es um die Vermittlung von Wissen geht, ist E-Learning das Werkzeug der Wahl. Vor allem, um Theorie- und Fachwissen orts- und zeitunabhängig vermitteln zu können ist E-Learning bestens geeignet. Das bringt in unserer mobilen Arbeitswelt den Vorteil mit sich, dass Mitarbeiter selbstorganisiert auf Inhalte zugreifen können, wann und wo es notwendig bzw. hilfreich ist.
Lernformen greifen wie Zahnräder ineinander
Dank des Einsatzes von E-Learning können wir in Präsenzveranstaltungen – die es natürlich nach wie vor gibt – größeren Fokus auf die Anwendung von Theoriewissen legen. Die Mitarbeiter kennen die Grundlagen bereits und können sich in den Präsenzveranstaltungen auf die Vertiefung der Kenntnisse und das Ausprobieren konzentrieren. Um wieder beim Onboarding zu bleiben, werden beispielsweise verknüpft mit dem virtuellen Unternehmenseinstieg in kleinen Teams und unter der Leitung von Profiregisseuren Kurzfilme gedreht, die eine Botschaft zu Siemens-Kernthemen transportieren. Die Ergebnisse: ein Western zum Thema Energieeffizienz, ein Compliance-Krimi oder ein Werbespot zum Thema Diversity.
Auf diese Art lernen neue Mitarbeiter, sich schnell im Unternehmen zurechtzufinden und die verschiedenen Facetten ihres Geschäfts und die strategische Ausrichtung des Konzerns zu erfassen. Das Training setzt nicht auf das rein kognitive Verstehen, sondern auf das emotionale Erleben, auf konkretes Erfahren, Beobachten und Experimentieren. Diese Methodik basiert auf dem Experiential-Learning-Modell – also Lernen auf Basis von selbst erlebten Erfahrungen – nach David Kolb. Das Medium Film ist nur eines von vielen möglichen Vehikeln, zeichnet sich aber dadurch aus, dass es besonders starke Emotionen weckt. Mit Filmen hat jeder persönliche Erfahrung, egal welchem Fachbereich, welchem Kulturkreis oder welcher Nation er angehört.
Lass uns Compliance spielen
Trockene Themen und komplexe Inhalte spannend aufzubereiten ist eine besondere Herausforderung in der Wissensvermittlung. Bei „trockenen“ Inhalten lassen sich die Stärken von E-Learning voll ausspielen. Das Wort „spielen“ darf hier wörtlich verstanden werden, denn das Lösen von komplexen Problemstellungen kann am Computer leicht verständlich, interaktiv und spielerisch aufbereitet werden. So werden die Compliance-Trainings, die unsere Mitarbeiter regelmäßig zu absolvieren haben, zu interaktiven Trainings. Informations- und Aktionsphasen wechseln sich ab, die Aufmerksamkeit bleibt erhalten und frisch Erlerntes wird ständig in spielerischen Praxissituationen auf die Probe gestellt.
E-Learning ist nicht Grenzenlos
Auch E-Learning hat seine Grenzen und ist kein „Allheilmittel“ für alle Lernanforderungen. Bei Siemens werden Online-Inhalte vor allem dann angeboten, wenn es um Wissensvermittlung geht. Für persönlichkeitsbildende Trainings – also Lerninhalte, die auf Verhaltensänderung abzielen – ist E-Learning weniger geeignet. Kurse zu Führung, Konfliktlösung, Verhandlungsgeschick, etc. werden bei Siemens daher immer noch als klassische Präsenzveranstaltungen durchgeführt. Mit einem Trainer kann man das Verhalten vor Ort in „echten“ Situationen ausprobieren. Je nach Anwendungsfall kommt aber oftmals der Blended-Learning-Approach zum Zug. E-Learning und Präsenzveranstaltungen ergänzen sich, um die Stärken der jeweiligen Methode voll auszuschöpfen und komplementär zu ergänzen.
Ziel: Selbstorganisierter Wissenskosmos
Sämtliche E-Learning Module werden im Moment bei Siemens zentral verwaltet und mit Inhalten befüllt. Der nächste Schritt für uns wird es sein, die E-Learning Module zu dezentralisieren. Ziel ist es, den direkten Austausch von Wissensträgern zu bestimmten Spezialthemen oder Fragestellungen zu fördern. Mitarbeiter sollen sich selbstständig in einer Lern- bzw. Expertencommunity vernetzen und austauschen. Das würde den Einsatz von E-Learning zum Wissenstransfer perfektionieren, denn die über 370.000 Experten von Siemens sind auf der ganzen Welt in 4 Sektoren und zahlreichen Divisionen mit unzähligen Fachrichtungen verteilt.