"Apotheker als Medikationsmanager"
Als Apotheker liegt unser Fokus naturgemäß auf der Arzneimitteltherapie. Personalisiert war diese schon immer, weil die Wirkstoffe und die Dosierung je nach Alter, Geschlecht, Gewicht, Nierenfunktion, Vorerkrankungen und anderen Therapien vom Arzt und Apotheker gezielt bestimmt werden. Auch bei der Wahl der Arzneiform wie Tropfen, Salben, Tabletten oder Infusionen wird auf den individuellen Zustand des Patienten und seine Möglichkeiten/Vorlieben Rücksicht genommen, sodass der Patient seine Therapie optimal umsetzen kann. Durch die Polymedikation, also die Einnahme von mehreren Medikamenten, nimmt der Bedarf an individueller Beratung zu. Jeder Mensch ist mit seiner Medikation und seinem Umgang mit Arzneimitteln einzigartig.
Wir haben hier einen großen Bedarf an persönlicher Beratung und Begleitung gesehen und das neue Projekt "Medikationsmanagement" ins Leben gerufen. Dabei gehen die Apothekerinnen und Apotheker ganz gezielt auf die individuelle Situation ihrer Kunden/Patienten bei der Einnahme von Medikamenten ein, damit für jeden eine optimale Lebensqualität erreicht wird. Die wichtige Rolle des Apothekers im Medikationsmanagement besteht in der intensiven Überprüfung von Medikamenten, Doppelverordnungen, der Vermeidung von Polymedikation, in der gezielten Beratung von Wechsel- und Nebenwirkungen und damit deren Vermeidung. Diese apothekerliche Leistung wird gesondert honoriert. Wir betrachten dies, also die zielgerichtete, auf den Patienten angepasste Therapie bereits als personalisierte Medizin.
Diese äußerst spannenden Erfahrungen in der personalisierten Medizin werden nun durch eine neue Facette bereichert. Der Trend geht in die Richtung, dass auch das pharmakogenetische Profil in das Medikationsmanagement einfließt. Ähnlich wie bei einer Wechselwirkung zwischen zwei Medikamenten, die beide am selben Enyzm im Körper angreifen oder abgebaut werden, gibt uns das pharmakogenetische Profil Aufschluss über Wirksamkeit und Verträglichkeit eines Stoffes. Pharmakogenetik hat ausdrücklich nichts mit Erkrankung, Krankheitsrisiko oder Gentherapie zu tun, vielmehr damit wie der Körper und der Arzneistoff harmonieren.
Im Zuge der Fortbildungsveranstaltung "Pharmakogenetik" von 24. bis 26. Juni starten wir mit einem Selbstversuch. Die Apothekerinnen und Apotheker können für sich und eine weitere Person Startboxen für einen pharmakogenetischen Test erwerben. Dabei führt die Apothekerin, der Apotheker mittels Abstrichtupfer die Entnahme einer Mundschleimhautprobe durch. Das genetische Profil wird in einer Laboranalyse ermittelt. Anhand des Ergebnisses können die Wirksamkeit und die Verträglichkeit eines oder mehrerer Arzneistoffe individuell besser in die Therapieoptimierung im Rahmen des Medikationsmanagements miteinfließen. Bei der Auswahl des geeigneten Medikaments werden sowohl molekulare Charakteristika der Krankheit als auch die individuelle Ausstattung des Patienten mit Enzymen zusammen mit Lebensstil und Umweltfaktoren berücksichtigt. Ebenso Responder, die wahrscheinlich auf die Therapie ansprechen, und Non-Responder, die wahrscheinlich nicht profitieren und solche Personen, die mit schweren Nebenwirkungen zu rechnen haben. Arzneimittel interagieren mit einer Vielzahl anderer Strukturen, die mit der zu behandelnden Krankheit nicht im Zusammenhang stehen - also eine "Wechselwirkung mit dem Menschen selbst" erzeugen. Der große Vorteil dieser Tests liegt darin, zu wissen, welche Arzneistoffe im Körper gut wirken. Dadurch werden sich unsere Kunden/Patienten ein langwieriges und kostspieliges Ausprobieren verschiedener Medikamente ersparen. Genetische Vortests verursachen selbstverständlich Kosten, die durch die Einsparungen aufgrund der gezielten Therapie aufgewogen werden. Als Ergebnis erhält man eine effizientere Behandlung und in Summe eine höhere Lebensqualität.
Wir Apotheker sind davon überzeugt, dass die personalisierte Medizin den Apotheken in den nächsten Jahren neue Möglichkeiten in der Beratung eröffnet. In fünf Jahren wird uns das mit der Pharmakogenetik gelingen, in zehn Jahren mit Hilfe der Informationen zum Mikrobiom (Gesamtheit der Bakterien im und am Körper) und in fünfzehn Jahren vielleicht schon mit epigenetischen Informationen (aus einzelnen Zellen als Anpassung an die konkrete Lebenssituation). In der Apotheke wird der wissenschaftliche Fortschritt erlebbar und für den Patienten nutzbar gemacht.