Innovationsstiftung für Bildung: "Es wäre mehr möglich gewesen"
Am 1. Jänner 2019 wird die Bildungsinnovationsstiftung zwei Jahre alt. Gleichzeitig erhält sie mit dem dann sein Amt antretenden neuen Geschäftsführer des Österreichischen Austauschdiensts (OeAD), Jakob Calice, einen neuen Vorstand. Der scheidende OeAD-Chef Stefan Zotti verwies gegenüber der APA auf eine "herzeigbare" Bilanz: "Aber es wäre mehr möglich gewesen."
"Die Grundidee war faszinierend: Man errichtet eine Stiftung, die mit einer soliden Summe - nämlich 50 Mio. Euro - ausgestattet ist, etwas außerhalb des Systems steht und die an neuralgischen Punkten Interventionen setzen und dafür Geld in die Hand nehmen kann", so Zotti. "Wir wissen, dass wir bei Themen wie Digitalisierung, Lehrerausbildung oder Inklusion Nachholbedarf haben - auf der anderen Seite gibt es eine Unsumme an innovativen Schulversuchen oder Kleinprojekten, ohne dass diese jemals die Chance hatten, breiter umgesetzt zu werden und systemisch zu wirken."
Die Stiftung hätte sich dann auf drei Fragestellungen konzentrieren sollen - Digitalisierung, Lernen in einer komplexen Welt sowie Bildungsräume im Wandel: "In diese Felder wären wir mit vergleichsweise hohen Summen hineingegangen, hätten eine wissenschaftliche Begleitung unterstützt, evaluiert und skaliert, um auch wirklich systemische Änderungen herbeizuführen", schilderte Zotti. "Das österreichische System krankt ja nicht daran, dass du nicht ein bisschen Geld bekommst für ein kleines Projekt. Da gibt es vielleicht sogar ein Überangebot. Das Problem ist, dass es kaum Möglichkeit gibt, aus diesem kleineren Projekt in die Breite zu gehen und zu sagen: 'Das ist ein spannender Ansatz, der an dieser Schule funktioniert hat. Probieren wir das an fünf oder zehn Schulen und schauen, ob es das bringt.'"
Deutlich weniger Geld
Im Herbst 2017 sei dann nach der Entwicklung eines Drei-Jahres-Programms der Rückschlag gekommen: "Das Finanzministerium hat uns mitgeteilt, dass es die erste 25-Mio-Euro-Rate an uns nicht budgetiert hat. Damit wurden wir quasi im Sprung gehemmt, das hat auch Glaubwürdigkeit gekostet", so Zotti. Im Doppelbudget 2018/19 sei dann die Finanzierung geändert worden: Statt einer Dotierung mit 50 Mio. Euro erhält die Stiftung nun zwei Mio. Euro jährlich.
"Damit ist natürlich der große Hebel, mit einer kritischen Summe ins System gehen zu können, auf einmal weggebrochen", betonte Zotti. Daher habe man sich im Sommer neu orientiert. "Große Würfe sind so nicht mehr möglich. Es bringt auch nichts, die zwei Mio. Euro auf sieben Programme aufzusplittern. Wir konzentrieren uns daher auf ein Thema, nämlich Digitalisierung."
"Im Moment sind digitale Lehr- und Lernmittel im Regelfall ja noch immer ein digitalisiertes Schulbuch, geschrieben von Lehrern", meinte Zotti. "Wir wollten aber, dass auch Schülerinnen und Schüler, Leute aus Wirtschaft und Wissenschaft involviert werden. Bei einer Ausschreibung zu dem Thema gab es 55 Einreichungen. Daraus werden wir sieben bis acht auswählen und mit bis zu 25.000 Euro fördern." Derzeit gebe es schlicht zu wenig Content: "Selbst wenn ich Lehrer finde, die sich auf das Abenteuer Digitalisierung einlassen wollen - in manchen Fächern fehlen einfach die Programme. Es reicht einfach nicht, die Kinder mit Tablets auszustatten, die muss man auch irgendwie bespielen."
Ausschreibung für "BildungsLAB"
Im Jänner startet dazu noch in Zusammenarbeit mit der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) eine Ausschreibung für ein sogenanntes "BildungsLAB": In diesem Lern- und Experimentierraum sollen Schulen bzw. Lehrer offenen Zugang zu Forschungsinfrastruktur haben und dies für innovative Bildungsformate, Lehr- und Lernsettings nutzen.
Über eine zweite Schiene will die Stiftung außerdem zusätzliche Mittel lukrieren: Durch die Gründung von Substiftungen sollen private Mittel aufgestellt werden. "Das ist derzeit die einzige steuerbegünstigte Möglichkeit, als Privater im Bildungsbereich zu investieren", so Zotti. Derzeit gebe es zusammen mit Casinos Austria die Substiftung "motion4kids" zur Bewegungsförderung sowie zusammen mit gemeinnützigen Privatstiftungen die "Sinnbildungsstiftung".
Darüber hinaus gab es Gespräche mit regionalen Wirtschaftskammern, die über Schwierigkeiten bei der Weiterbildung und Umschulung von Fachkräften klagten. "Was der Werkzeugmacher vor 20 Jahren in der Lehre gelernt hat, wird er heute nicht mehr eins zu eins anwenden können. Und was der Lehrling heute lernt, wird er in 40 Jahren auch nicht mehr brauchen. Deshalb stehen wir vor der Herausforderung, dass Fachkräfte heute eine Art zweite Lehre machen müssen." Dies könnten zwar große Industrieunternehmen wie Daimler oder VW selbst stemmen - in Österreich gebe es solche aber kaum. "Das wäre daher ein mögliches Thema für Substiftungen: Wie schaffen wir es, überbetrieblich Fachkräfte im Bereich der Digitalisierung weiterzuentwickeln."
Von Andreas Kuthan / APA