Problemstoffe im Museum: Zwischen bewahren und entsorgen
Asbest, Quecksilber, giftige Chemikalien und Co. stehen öfter auf der Inventarliste von Museen als man glauben möchte. Deshalb ist es notwendig, eine Strategie für den Umgang mit diesen gefährlichen Objekten nicht nur in der alltäglichen Erhaltungs- und Restaurierungsarbeit, sondern auch zum Schutz der Besucher und Mitarbeiter zu entwickeln. Ein Symposium am Technischen Museum Wien (TMW) widmete sich kürzlich diesem Thema.
Dabei stand die Frage "Erhalt oder Entsorgung?" im Mittelpunkt. Und die dürfte gar nicht so einfach zu beantworten sein. Denn eine Ausscheidung, also Deakzession von Objekten, ist ein langwieriger Prozess für den es unterschiedliche Gründe geben kann, erklärte Valentina Ljubic Tobisch, Bereichsleiterin für Konservierung und Restaurierung im TMW, gegenüber APA-Science.
Grundsätzlich zähle die unverfälschte Bewahrung des Sammlungsgutes zu den Kernaufgaben eines Museums, wobei die Objekte mit allen Bestandteilen als historische Dokumente erhalten werden sollten. Allerdings dürfte der Aufwand zur sicheren Handhabung und Aufbewahrung nicht außer Acht gelassen werden. Sei dieser unverhältnismäßig groß, würde es sich trotz allem nicht vermeiden lassen, einzelne Objekte aus dem Bestand zu entfernen.
Regeln für eine Deakzession
"Abgesehen von der gesetzlichen Genehmigungspflicht durch das Bundeskanzleramt und das Bundesdenkmalamt gibt es internationale Regeln für die Kriterien einer Deakzession und deren Durchführung, wie etwa vom International Council of Museums (ICOM)", so Ljubic Tobisch. Museumsintern werde nach einem definierten Procedere ein Vorschlag ausgearbeitet und dieser mit Begründungen zur Genehmigung vorgelegt.
Bei dem in Kooperation mit der Unfallversicherungsanstalt AUVA und dem Österreichischen Restauratorenverband veranstalteten Symposium wurden nun die Gefahren, die von Museumsobjekten ausgehen könnten, in einer bisher nicht erreichten Breite behandelt, erklärte die Expertin. So seien nicht nur die unterschiedlichsten Problemstoffe und die damit verbundenen Gesundheitsgefahren, sondern auch die Vorgangsweisen anderer Museen beleuchtet worden.
Dabei habe sich gezeigt, dass das TMW im Bereich der Asbestsanierung bereits eine Vorreiterrolle einnehme. Eine entsprechende Auszeichnung gab es bereits im vergangenen Jahr. Für die Entwicklung einer Strategie zur Sanierung und Ausstellung von Museumsobjekten, die asbesthaltiges Material aufweisen, erhielten Ljubic Tobisch und ihre Kollegin Martina Wetzenkircher den "TÜV AUSTRIA Wissenschaftspreis 2013" in der Sonderkategorie "Beispiele aus der Unternehmenspraxis".
Dekontaminationsschleuse mit Unterdruck
So wurde für die Mitarbeiter eine eigene "Asbestkammer" eingerichtet, die sowohl den Vorgaben der ÖNORM 9406 zur sicheren Arbeit mit Asbest als auch den Anforderungen zur Durchführung fachgerechter Sanierungs- und Konservierungsmaßnahmen an Museumsobjekten entspricht. Konkret verfügt das TMW den Angaben zufolge über eine Drei-Kammern-Dekontaminationsschleuse für Personen (inklusive Dusche) und über eine Schleuse für Objekte und Materialien. Im Sanierungsraum herrschen zudem ein permanenter Unterdruck und eine zehnfache Luftwechselrate.
Abgesehen von Asbest gibt es aber noch zahlreiche weitere Problemstoffe im musealen Bereich, weshalb die Institutionen entsprechende Sicherheitsstrategien entwickeln müssten. Im TMW würden einerseits bei regelmäßigen Checks mit Experten immer wieder potenziell gefährliche Materialien unter die Lupe genommen. Andererseits seien alle Mitarbeiter der Restaurierung und des Depots von einer externen Sicherheitsfachkraft im Umgang mit Gefahrstoffen geschult.
"Bei Verdacht auf problematische Objekte werden interne und externe Experten konsultiert. Oftmals kann durch naturwissenschaftliche Analysen ein bestehender Verdacht entkräftet werden", erklärt Ljubic Tobisch. Den Mitarbeitern stehen zudem persönliche Schutzausrüstung wie Atemschutzmasken, Spezialhandschuhe und Einwegoveralls zur Verfügung. Denn egal ob Ausstellungsexponate oder Sammlungsgut in den Depots: Eine entsprechende Sicherheitsstrategie gilt als Muss für Museen.
Von Stefan Thaler / APA-Science