"Ein Museum der Zukunft muss zuhören"
Die Institution Museum als Ort der Geschichten hat sich seit ihrer Erfindung enorm gewandelt und weiterentwickelt, steht aber weiterhin in der Pflicht, den gesellschaftlichen Entwicklungen gerecht zu werden und nicht zu einem Fossil der Vergangenheit zu erstarren. Die Veränderung ist ein ganz zentrales Element des Ars Electronica Center, des Museums der Zukunft. Es erfindet sich regelmäßig neu, bleibt aber dem Grundsatz treu, auf das Zusammenspiel von Kunst, Technologie und Gesellschaft einzugehen und einen öffentlichen Ort für Gespräche und anregende Diskussionen zu schaffen.
Der Begriff der Bildung muss breit gedacht werden. Der Alltag, das Lebensumfeld und letztendlich auch die eigenen Erfahrungen der BesucherInnen sind wesentliche Anknüpfungspunkte - ein bestimmtes Vorwissen ist nicht nötig. Einer Wunderkammer gleich, trägt das Ars Electronica Center die unterschiedlichsten Objekte der Welt zusammen, um damit mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Manches ist vertraut, anderes hat man schon am eigenen Körper erlebt oder in den Medien davon erfahren. Irritation macht sich breit - gehört das Objekt zur Kunst oder doch zur Wissenschaft? Es ist genau dieser Moment, den ein Museum für die Gesellschaft leisten kann: Den Menschen beim Formulieren der Fragen zu helfen, und versuchen, sie gemeinsam zu beantworten.
"Gemeinsam" schließt im Ars Electronica Center die in den Ausstellungsbereichen anwesenden InfotrainerInnen mit ein. Sie versorgen die BesucherInnen zwischen den technologischen und künstlerischen Exponaten mit anregenden Geschichten und geben ihnen Impulse, um sich den einzelnen Themen der Ausstellungen zu nähern. Nur so ist es möglich, aktuelle Tendenzen aufzugreifen und als Gleiche unter Gleichen Wissen an diesem "Verhandlungsort" auszutauschen. Genauso wie die InfotrainerInnen unterschiedliche Hintergründe haben, und das Know-how aus den Bereichen wie Biotechnologie, Soziologie, Kunst, Design, Sozial- und Medienpädagogik und Psychologie und der langjährigen Erfahrungen aus der Museumspraxis zusammentragen, so ist es auch mit dem Wissensstand der BesucherInnen. Sie treffen auf InfotrainerInnen, die sich ins Thema eingelesen haben und mit denen man ins Gespräch kommen kann.
Eigenständiges Erkunden, Führungen, Präsentationen, Workshops und offene Labore, bei denen die BesucherInnen eingeladen sind, selbst etwas auszuprobieren, gehören zu den erfolgreichen Vermittlungsformaten des Ars Electronica Center. So nutzen auch Schulgruppen das Museum der Zukunft als außerschulischen Lernort, der sich als Ergänzung und nicht als Konkurrent zu den herkömmlichen Bildungseinrichtungen versteht und den Dialog mit den PädagogInnen als "BotschafterInnen" aufrecht erhält. Neben gesellschaftlich aktuellen Themen findet sich hier die notwendige Infrastruktur wie 3-D-Drucker, Eyetracking- System oder der Deep Space mit Wand- und Bodenprojektionen, um auf fächerspezifische Schwerpunkte und individuelle Wünsche, ob Volksschulklasse oder Fachhochschulgruppe, eingehen zu können.
Kooperationen mit lokalen und internationalen Bildungseinrichtungen wie Universitäten, Fachhochschulen, pädagogischen Lehranstalten oder medizinischen Institutionen unterstützen das Ars Electronica Center mit ihrem Fachwissen bei der Konzeption von Ausstellungen. Weitere Expertise und Innovation bezieht das Museum ganz stark vom dazugehörigen Ars Electronica Futurelab, einem außeruniversitären Forschungs- und Entwicklungsinstitut. Seit Jahren arbeiten hier InteraktionsdesignerInnen, MedienkünstlerInnen, Software- und HardwareentwicklerInnen sowie SozialwissenschaftlerInnen und KulturtheoretikerInnen Seite an Seite in flexibel arrangierten Teams - ein idealer Nährboden für die Erforschung, Entwicklung und Evaluierung technologischer Innovationen. Mit dem Ausstellen von Forschungsergebnissen bieten sich aber auch für das Futurelab selbst wieder weitere Möglichkeiten der Evaluation.
Ars Electronica betrachtet Forschung und Bildung durch die Brille der Kunst. Künstlerische Erfahrung fördert wissenschaftliches Forschen und lässt neue Verbindungen zu. Wie ein Katalysator, der sich bei einer Reaktion nicht selbst verbraucht, kann Kunst ein nachhaltiger Antrieb sein, für Wissen, Kreativität und Ideen - für die Rohstoffe der Zukunft. Es sind Rohstoffe, die sich nicht abbauen lassen, es dabei aber unerlässlich ist, der Gesellschaft wieder etwas zurückzugeben. Jeder kann sich seinen Teil vom Kuchen nehmen - das funktioniert aber nur so lange, wie wir auch ans Backen denken.
Es ist das Gespräch mit den Menschen, das im Ars Electronica Center im Vordergrund steht. Die Exponate sind die Wörter für Geschichten, die auf gesellschaftliche Entwicklungen aufmerksam machen. Es ist ein Ort, an dem spannende Vergleiche, Verknüpfungen, Denkanstöße und vor allem Fragen entstehen. Das Ars Electronica Center ist ein Museum, das zuhören kann.