"Medien für die Ewigkeit?"
Was sollen zukünftige Generationen von uns erfahren? Wie können wir ein Bild der Vergangenheit gewinnen? Sammeln, bewahren und zugänglich machen - das sind die Hauptaufgaben von Archivar/innen - und das macht die Arbeit im Medien-Archiv für mich spannend und herausfordernd: Forscher/innen bei ihrer Suche nach Material aus der Vergangenheit zu unterstützen und andererseits durch eine aktive Sammlungspolitik bzw. eine Bewahrungsstrategie mitzugestalten, was künftig von unserer so stark medial geprägten Welt erhalten sein wird.
Die Österreichische Mediathek, eine Abteilung des Technischen Museums Wien, ist das nationale Audio- und Video-Archiv Österreichs und bewahrt über zwei Millionen Aufnahmen aus Kultur- und Zeitgeschichte. Die Dokumente schließen einen Zeitraum vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart ein und umfassen Träger von Schellacks und Tonbändern über Audio- und Videokassetten bis hin zu diversen Dateiformaten.
Forschung in der Österreichischen Mediathek, das ist nicht nur die Arbeit mit den Inhalten, sondern auch die Arbeit mit dem Material. Bewahrungsstrategien zu entwickeln, das ist ein Teil der archivarischen Tätigkeiten - im Fall eines audiovisuellen Archivs ein entscheidender, denn ohne diese ist eine längerfristige Verfügbarkeit der Töne und Videos nicht gegeben. Die Arbeit mit technischen Geräten und digitaler Speichertechnik ist ein integraler Teil der Arbeit eines audiovisuellen Archivs. Es ist nicht nur die Vergänglichkeit der Träger, es ist auch die Obsoleszenz der Abspielgeräte, welche Archive wie die Mediathek zwingt, Digitalisierungsstrategien zu entwickeln. Mit der Entscheidung für oder gegen Digitalisierung eines bestimmten Trägers treffen wir im Archiv mehr oder weniger auch die Entscheidung für oder gegen die Erhaltung der Inhalte für spätere Forschung. Dem Stellenwert der Digitalisierung im Haus entspricht es, dass im Rahmen eines Forschungsprojektes nicht nur Bestände inhaltlich analysiert wurden, sondern auch das Video-Digitalisierungssystem DVA-Profession entwickelt wurde, das unter einer freien Software-Lizenz steht und anderen Archiven zur Verfügung steht.
Digitalisierung, das ist auch die Basis vieler Forschungsprojekte der Österreichischen Mediathek. Wissenschaftliche Drittmittelprojekte ermöglichen es uns, gemeinsam mit jungen Wissenschaftler/innen Teile unserer Bestände aufarbeiten, diese zu digitalisieren und - wenn rechtlich und ethisch möglich - ins Internet zu stellen um weitere Forschung mit dem Material zu ermöglichen und anzuregen. Die Quellen, die im Archiv bewahrt werden, eignen sich gut für die Digitalisierung, die Inhalte sind bei professioneller Digitalisierung ohne Verluste in die digitale Welt transferierbar: Ein Angebot, das auch zunehmend von Wissenschaftler/innen angenommen wird. Denn die Erwartungen der Wissenschaft an ein Archiv haben sich mit der digitalen Revolution in den letzten Jahren gewandelt: Zunehmend ist es weniger der Gang ins Archiv als die Recherche im Internet, die der Forschung zugrunde liegt. Hier ist die Mediathek Teil jener Community kulturbewahrender Institutionen, die mit einem starken Fokus auf Digitalisierung und Internetpräsenz die Zugänglichkeit vereinfachen will. Einerseits entsteht hier eine Fülle an leicht zugänglichen Quellenmaterialien, weltweit per Mausklick verfügbar, andererseits engt sich der Blick dadurch ein: Was nicht Teil der virtuellen Welt ist, wird zunehmend auch weniger Teil der realen Forschung. Der direkte Kontakt zwischen Wissenschaftler/innen und Archivar/innen wird weniger, die Benützung anonymer. Eine Herausforderung für Archive ist es, sich in dieser unüberschaubaren digitalen Welt zu behaupten - mit Qualität und dem Anspruch der Authentizität der Quelle durch alle Prozesse der Digitalisierung, digitalen Langzeitarchivierung und Online-Stellung hinweg. Als Zielgruppe unserer Forschungsprojekte wird hier nicht nur die Wissenschaft gesehen, auch der Bildungsbereich soll mit speziellen Unterrichtsangeboten für die Verwendung von audiovisuellen Quellen im Unterricht gewonnen werden.
Aktuell laufen in der Österreichischen Mediathek mehrere Forschungsprojekte parallel, die sich einerseits der Aufarbeitung vorhandener Archiv-Bestände widmen, wie u.a. das Projekt "Wissenschaft im Film", das sich mit den Forschungsfilmen des Österreichischen Instituts für den wissenschaftlichen Film (ÖWF) beschäftigt und hier vor allem einen Schwerpunkt auf die Geschichte des ethnologischen Film legt, aber auch Projekte wie "The changing role of audio-visual archives as memory", das private Alltagsdokumentationen auf Video in den Mittelpunkt der Forschung stellt und mit dem ein Sammlungsbereich, der bislang im Archiv unterrepräsentiert war, unter Mithilfe privater Sammlerinnen und Sammler neu aufgebaut wird.
Die Österreichische Mediathek im Web: www.mediathek.at
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