Boltzmann Gesellschaft startet Initiative zur Bürgerbeteiligung
Die Ludwig Boltzmann Gesellschaft (LBG) startet ab 2015 eine Modellinitiative zur Bürgerbeteiligung im Bereich der Gesundheitswissenschaften. Im Rahmen des Projekts sollen Forschungsfragen zu psychischen Erkrankungen formuliert werden. 2016 folgt ein Ausbildungsprogramm, das Forschern "Open-Innovation"-Methoden nahebringt.
Die LBG sei die erste Forschungsorganisation Österreichs, die unter Mitarbeit von nationalen wie internationalen Experten eine gezielte Öffnung von Forschungsprozessen in den Gesundheitswissenschaften starte, hieß es kürzlich. "Traditionell werden Forschungsthemen von der Wissenschaftscommunity im Sinne der akademischen Freiheit selbst bestimmt, aber auch Politik und Wirtschaft reden bei der Forschungsagenda mit. Was bisher fehlt, ist ein direkter Einfluss der Bürgerinnen und Bürger auf Forschungsfragen", wurde LBG-Präsident Josef Pröll in einer Aussendung zitiert.
Ausgelöst wurde die Initiative durch den Rat für Forschung- und Technologieentwicklung (RFT), der eine Auseinandersetzung mit dem Thema "Open Innovation" in der Wissenschaft in einer Ausschreibung angeregt hatte, erklärte die zuständige Projektmanagerin Lucia Malfent von der LBG im Gespräch mit APA-Science. Die Initiative "Open Innovation in Science" hat eine Laufzeit von drei Jahren. Von der Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung werden insgesamt zwei Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Neue Form der Bürgerbeteiligung
In der Kombination beider Programme sei man vermutlich europaweit Vorreiter, erklärte Malfent. Im Zuge dieser "Pionierprojekte" gelte es auch, abzutesten, wie gut ein solcher Crowdsourcing-Ansatz zur wissenschaftlichen Themenfindung geeignet ist und ob ein derartiges Ausbildungsprogramm, dessen Curriculum noch im Entstehen ist, tatsächlich den Nerv von Forschern in den mittleren Karrierestufen trifft. "Bürgerbeteiligung in der Wissenschaft gibt es ja mittlerweile relativ oft, aber nicht, wenn es darum geht, wirklich Forschungsfragen und -agenden mit zu definieren und zu bestimmen. Wenn das ein Erfolg wird - was wir hoffen - ist es sicher wegweisend für zukünftige Forschungsprojekte", so Malfent.
Die größte Herausforderung sei nun vermutlich, genau die Menschen zu mobilisieren, die substanziell etwas beitragen können. Unter dem Projekttitel "Crowdsourcing Research Questions In Science" (CRIS) werden daher ab kommendem Jahr Betroffene, Angehörige, Pflegende, Ärzte, Therapeuten, Experten und andere Bevölkerungsgruppen aufgefordert, Forschungsfragen zu psychischen Erkrankungen mitzuentwickeln. Das Thema wurde bewusst gewählt: Denn das Interesse sei auch in der Bevölkerung groß und in der Forschung habe die Erkenntnis Einzug gehalten, dass man sich zukünftig stärker am Patienten orientieren müsse, um inhaltlich weiter zu kommen.
"Wo liegt relevantes Wissen?"
Das "Lab for Open Innovation in Science" (LOIS) ist wiederum als Ausbildungsprogramm konzipiert, in dem 15 bis 20 Wissenschafter ab 2016 "Open Innovation"-Methoden kennenlernen, um sie in weiterer Folge im Forschungsalltag zu integrieren. Auch dabei wird der Fokus auf den Gesundheitswissenschaften liegen. In einer Befragung von 20 Wissenschaftern aus dem Gebiet sei dezidiert der Bedarf an mehr Wissen über Methoden für bisher nicht genützte, außerhalb der Forschung liegende Wissensquellen formuliert worden, erklärte Malfent. Viele Forscher stellen sich die Frage, "wo liegt relevantes Wissen"?
Auf der anderen Seite stünden viele Wissenschafter auch zunehmend unter Druck, ihre Forschungsergebnisse nach außen zu tragen. Wie man Wissenschaftskommunikation bewerkstelligt, sei aber oft nicht bekannt und werde auch zu selten gelehrt. "Da gibt es durchaus Bedarf", so die Projektverantwortliche.
Service: Die LBG-Initiative im Internet: http://www.openinnovationinscience.at