"Wasserstoff: Große Zukunft eines Energieträgers"
Ende des Jahres 2015 findet die entscheidende Klimakonferenz in Paris statt. Ob es ein ambitioniertes globales Klimaschutzabkommen geben wird, ist ungewiss, aber für Europa steht bereits fest: Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden. Eine große Herausforderung, die nur mit dem Einsatz neuer Technologien gemeistert werden kann. Die Wasserstofftechnologie ist aus technischer Sicht weit ausgereift und könnte einen entscheidenden Beitrag zum Gelingen einer Dekarbonisierung unserer Lebensbereiche leisten.
Eine Reihe von Energieforschungsprojekten beschäftigt sich derzeit mit der Wasserstofftechnologie. Aufgrund der ehrgeizigen Klima- und Energieziele der EU und dem zügig voranschreitenden Ausbau von erneuerbaren Energien bekommt insbesondere die Frage der Energiespeicherung und der Umgang mit überschüssigem Strom einen immer höheren Stellenwert. Da die Sonne nicht immer scheint und der Wind nicht immer weht, gibt es Fluktuationen in der Stromerzeugung mit einhergehenden negativen Systemeffekten. Um dem entgegenzuwirken, kann Wasserstoff als Energiespeicher - insbesondere bei Langzeitspeicherung - helfen, um neue Photovoltaik- oder Windkraftanlagen sinnhaft in das System zu integrieren und die Versorgungssicherheit in Europa zu erhöhen. Mit dem überschüssigen Strom wird mittels Elektrolyse Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten. Der Wasserstoff kann anschließend bei einem bestimmten Mischverhältnis direkt in das Erdgasnetz eingespeist werden. Erdgasspeicher bieten die Möglichkeit, eine erhebliche Menge an Wasserstoff langfristig zu speichern und anschließend wieder zu verstromen.
Aus Wasserstoff kann in einem weiteren Schritt mit der Zugabe von CO2 in einer katalytischen Reaktion synthetisches Methan als vollwertiger Ersatz für Erdgas erzeugt werden. Der Vorteil besteht darin, dass die bereits existierende Erdgasinfrastruktur voll genutzt werden kann. Darüber hinaus ist dies ein entscheidender Schritt zum CO2-Recycling. Das Wirtschaftsministerium fördert daher über die Energieforschungsinititative das Christian Doppler Labor "Erneuerbare Syngas Chemie". Ziel ist es, einen Prozess zu entwickeln, mit dem Synthesegas aus CO2 und mit Sonnenenergie hergestellter Wasserstoff effizient und in größeren Mengen hergestellt werden kann.
Österreich gilt schon bisher aufgrund seiner bevorzugten topografischen Lage und seinen Pumpspeicherkraftwerken als wesentlicher Energiespeicher Europas. Im europäischen Energiebinnenmarkt wird der Bedarf an Speicher erheblich steigen und kann nicht mit Pumpspeicherkraftwerken allein befriedigt werden. Durch die hochentwickelte Gasinfrastruktur und die großen Gasspeicher bietet sich die Chance für Österreich, durch Wasserstoffspeicherung die Rolle einer zentralen Energiespeicherregion auszubauen.
Diese Technologie lediglich als Energiespeicher zu nutzen greift allerdings zu kurz. Die stark ausgeprägte energieintensive Industrie in Österreich benötigt für diverse Produktionsprozesse Wasserstoff. Erneuerbar hergestellter Wasserstoff kann hier somit zu einer deutlichen Minderung des CO2-Ausstoßes beitragen. Mittels Brennstoffzelle kann Wasserstoff auch wieder in Strom und Wärme zurückverwandelt werden. Autos können Wasserstoff als Brennstoff nutzen und werden damit effizienter und emittieren kein CO2. Die Umweltvorteile sind gleich wie bei Elektroautos. Zusätzlich haben sie die Annehmlichkeit, binnen kürzester Zeit betankt zu werden und eine vergleichbare Reichweite wie herkömmliche Verbrennungsmotoren zu haben. Wie wichtig neue Entwicklungen im Mobilitätsbereich sind, zeigen die Emissionsdaten: Der Verkehrssektor verursacht in Österreich 28 Prozent, wenn man jene Emissionen abzieht, die dem EU-weiten Emissionshandel unterliegen, sogar 45 Prozent der gesamten österreichischen Treibhausgasemissionen.
Grundsätzlich sind die Kosten der Wasserstofftechnologie noch relativ hoch. Mit einer erhöhten Marktdurchdringung können aber Kostenreduktionen geschafft werden, die der Technologie zum Durchbruch verhelfen. In Teilbereichen der Wasserstofftechnologie sind bereits Schritte der Kommerzialisierung zu sehen: Erste Autohersteller haben beispielsweise schon begonnen, Wasserstoff-Brennstoffzellen-Autos in Serie zu produzieren.