MSA-Forscherin Stefanova sucht seit 20 Jahren nach Therapien
Die gebürtige Bulgarin Nadia Stefanova arbeitet seit rund 20 Jahren im neurologischen Forschungslabor der Medizinischen Universität Innsbruck. Ihr großes vorrangiges Ziel ist es seit Beginn, Therapie- und Diagnosemöglichkeiten für die parkinsonähnliche Krankheit Multisystematrophie (MSA) zu finden.
Eigentlich wollte Stefanova nur neun Monate in Innsbruck bleiben. Aus den geplanten neun Monaten im Rahmen eines Fellowship-Programms sind mittlerweile ganze zwei Jahrzehnte geworden. "Es hat einfach alles gut gepasst", sagte sie im APA-Science Gespräch und lächelte etwas. Sie wirkt gefestigt, angekommen, nicht nur örtlich. Kein Wunder, verlief ihre Karriere doch bisher fast wie geplant. "Für mich war es klar, dass ich Medizin studieren wollte", meinte Stefanova. Schließlich stamme sie aus einer Arztfamilie, ihr Vater sei Psychiater, ihr Großvater Gynäkologe.
Mehr als nur Arbeit mit dem Mikroskop
Ärztin ist sie dann aber dennoch nicht geworden. Hatte sie schon während des Medizin-Studiums die Faszination für den Forschungsbereich Neurologie entdeckt, so war es während ihrer PhD-Zeit im Labor endgültig um sie geschehen. "Ich bin dann irgendwo dort hängen geblieben", merkte sie leicht lakonisch dazu an. Aus dem anfänglich intendierten Einblick in den Forschungsbereich Neurologie ist eine Lebensaufgabe geworden. "Es gibt in diesem Bereich schreckliche Krankheiten, für die es noch immer keine Therapie gibt", beschrieb sie ihre ursprüngliche und noch immer anhaltende Motivation für ihre Tätigkeit.
Und diese Tätigkeit, die weit mehr ist als nur die Arbeit mit dem Mikroskop, scheint sie voll auszufüllen. So sehr, dass sie nicht daran glaubt, dass man eine Grenze zwischen Arbeit und Freizeit ziehen muss: "Man geht nach Hause und fragt sich, was man unter dem Mikroskop gesehen hat. Manchmal arbeitet man auch im Schlaf weiter." Manchmal helfe ihr aber das Wandern. Jedoch auch wieder im Dienste der Sache, denn "dann ist der Kopf frei und man hat wieder neue Ideen."
Am liebsten ist die Bulgarin aber noch immer im Labor. "Bei der Analyse", wie sie sagte. Diese Analyse soll in absehbarer Zeit, sie gab fünf bis sechs Jahre zu Protokoll, unter anderem dazu führen, dass eine Früherkennung von MSA möglich wird und somit die "Therapieoptionen früher einsetzen." Im Moment sei es nämlich "bereits zu spät, wenn ein Patient mit Symptomen in die Klinik kommt." Zu diesem Zeitpunkt seien schon zu viele Neuronen im Gehirn abgestorben und der Patient innerhalb von fünf bis neun Jahren nach der klinischen Diagnose tot.
E-Mails, Doktoranden und kaputte Kühlschränke
Neben der für Betroffene lebenswichtigen Suche nach MSA-Therapien hat die Forscherin aber auch profanere Aufgaben auf ihrer Tagesagenda stehen. "Ich muss mich um die Forschungsfinanzierung kümmern", führte sie aus. Auch die Bestellung von Materialien oder neuen Geräten fällt in ihren Bereich. Und dann sind da auch noch die zu beantwortenden E-Mails, die zu betreuenden Doktoranden und kaputte Kühlschränke, um die sie sich ebenfalls kümmern muss. "Der Tag modelliert sich von selbst", merkte Stefanova zu ihrem Arbeitsalltag an.
Daran, dass sie diesen Berufsweg wieder einschlagen würde und exakt diesen Arbeitsalltag wieder haben wollte, besteht kein Zweifel. "Ich habe das für mich Richtige gefunden", führte sie aus. Herausfordernd im herkömmlichen Sinn erlebt sie ihre Arbeit nicht. "Das Schöne ist ja gerade die Herausforderung", so Stefanova. Auch, dass sie sehr viel reisen könne, gab sie als Pluspunkt ihres Berufes an.
Dennoch handelt es sich dabei womöglich nicht um einen Job für jedermann. "Man sollte neugierig sein, gut dranbleiben und mit Enttäuschungen umgehen können", beschrieb die Wissenschafterin die Eigenschaften, die Menschen mitbringen sollten, um in ihrem Bereich dauerhaft arbeiten zu können. "Und man muss auf das Ziel schauen", fügte sie hinzu. Schließlich sind die bisher in Innsbruck in diesem Forschungsbereich vergangenen 20 Jahre eine lange Zeit. Dieses Ziel behält sie jedenfalls für sich fest im Blick: "Das Ziel ist eine Krankheit zu therapieren, die bisher unheilbar ist." Zweifellos ein großes Ziel und ein starker Motivator.
Von Markus Stegmayr / APA