"Für die Studierenden und mit den Studierenden"
Kompetenzorientierung und Studierendenzentrierung zählen bereits seit einigen Jahren zu den Schlüsselkonzepten im Diskurs um die Qualität des Lehrens und Lernens an den europäischen Hochschulen. Dabei scheinen klar jene Ansätze zu dominieren, die in erster Linie beim Wissen und dem Lehrverständnis der einzelnen Hochschulllehrer/innen ansetzen.
Geht man rein von der Zahl einschlägiger Leitlinien und Weiterbildungsworkshops zur Formulierung so genannter Learning Outcomes (Lernziele) aus, die sich in der jüngeren Vergangenheit - neben den omnipräsenten Lehrveranstaltungsevaluierungen - zu einem der wichtigsten Instrumente universitärer Qualitätsentwicklung gemausert haben, müsste der vielfach postulierte Paradigmenwechsel von der Lehr- zur Lernorientierung längst gelebte Wirklichkeit sein. Dass dem (noch?) nicht so ist, hat viele Gründe. Eine der wichtigsten Ursachen liegt vermutlich in der Überschätzung der individuellen Lehrveranstaltung begründet: Um nachhaltig ein bestimmtes intendiertes Kompetenzprofil zu erwerben, müssen Studierende in der Regel ein ganzes Studienprogramm absolvieren. Erst wenn die einzelnen Teile dieses Programms - ob einzelne Lehrveranstaltungen oder Module - sinnvoll in einander greifen, kann der erhoffte Lernerfolg ein dauerhafter sein.
An der WU (Wirtschaftsuniversität Wien) steht die Programmebene deshalb bereits seit mehreren Jahren im Mittelpunkt des Qualitätsmanagements. Besonderes Augenmerk liegt dabei nicht nur auf einer sorgfältigen Curriculumentwicklung, sondern auch auf der regelmäßigen Überprüfung des Lernerfolgs der Studierenden. Im Rahmen des WU Student Panel Monitorings werden Studierende und Absolvent/inn/en so zu unterschiedlichen Zeitpunkten des Studiums zu ihren persönlichen Studienerfahrungen, vor allem aber auch zu ihren Lernerfolgen und den erworbenen Qualifikationen, befragt. Dies lässt eine Verlaufskurve des subjektiven Kompetenzzuwachses vom Beginn des Studiums bis mehrere Jahre nach dem Studium nachzeichnen. Ergänzend dazu werden für alle Studienprogramme die Lernziele und Qualifikationsprofile regelmäßig evaluiert. Auf Basis von Prüfungsdaten, Präsentationen, Projektseminaren und wissenschaftlichen Abschlussarbeiten wird nicht nur festgestellt, was die einzelnen Studierenden gelernt haben, sondern auch, ob die Universität die selbst gesetzten Programmziele erfüllt hat. Wo dies nicht der Fall ist, werden entsprechende Veränderungsmaßnahmen gesetzt. Eigens entwickelte Analyseinstrumentewie der Multiple Choice Monitor liefern dabei Hinweise, ob einzelne Prüfungen und Prüfugnsfragen geeignet sind, bestimmte Kompetenzen und Fähigkeiten zu überprüfen und damit auch zu schulen.
Gleichzeitig wird es immer wichtiger, die Studierenden als Partner/inn/en einzubeziehen, und zwar nicht nur als Zuliefer/innen von Feedback oder Adressat/inn/en von Lehrinhalten, sondern als die zentralen Akteure/innen, wenn es um Lernen geht im dynamischen Lehr-Lern-Prozess. Dazu gehört es, die Studierenden regelmäßig über Entwicklungen, die auf studentischen Rückmeldungen fußen, zu informieren - aber auch, sie auf diese Partnerrolle entsprechend vorzubereiten. Ein kompetenzorientiertes Programmdesign kann nur erfolgreich sein, wenn alle Beteiligten um die damit verbundenen Konzepte und ihre eigene Umsetzungs(mit)verantwortung wissen. Für viele Studierende ist auch Studierendenzentrierung leider noch ein rein politisches Schlagwort, das zunächst unterhaltsamere Lehrveranstaltungen verspricht. Solange sich Informationen und Schulungen zum Thema Lehrqualität und Didaktik rein an die Lehrenden richten, wird dies vermutlich so bleiben. Auch in dieser Hinsicht gibt es für die nächsten Jahre wohl noch viel Potenzial, die universitäre Qualitätsentwicklung in Richtung in Richtung einer partizipativen Kompetenz- und Handlungsorientierung auf der curricularen Ebene nachzuschärfen.