Größter Verkehrsforschungs-Kongress Europas im April in Wien
Mit der "Transport Research Arena" (TRA 2018) findet vom 16. bis 19. April erstmals Europas größter Verkehrsforschungs-Kongress in Wien statt. Rund 3.000 Experten werden dabei über die aktuellsten Entwicklungen im Bereich Mobilität diskutieren. Das Spektrum reicht vom automatisierten Fahren bis zu Zero-Emission-Schiffen, berichteten die Veranstalter bei einer Pressekonferenz in Wien.
Während in den USA die Jahreskonferenz des Transportation Research Board (TRB) seit über 100 Jahren stattfinde, sei dieses Thema in Europa mit der 7. TRA in der Messe Wien noch relativ jung, sagte Ingolf Schädler vom Infrastrukturministerium, das die Konferenz gemeinsam mit dem Austrian Institute of Technology (AIT), der AustriaTech, der Europäischen Kommission und verschiedenen europäischen Technologieplattformen organisiert. Anspruch der Konferenz sei es, "an der Schnittstelle von Wissenschaft und Technologie und mit starker Beteiligung der Industrie zu diskutieren".
Inhaltlich gehe es um die "großen Trends", etwa Automatisierung in allen Facetten sowie Dekarbonisierung, also "die Transformation eines gesamten Systems". Wichtig ist Schädler auch die Frage, wie man "die Zukunft der Menschen sinnvoll gestaltet". Das komme im internationalen Dialog oft zu kurz, "weil wir manchmal zu stark technologiegetrieben sind".
Automatisiertes Fahren im Fokus
Bei der Umsetzung des automatisierten Fahrens sei man in Europa "vielleicht nicht so schnell, aber wesentlich sicherer", so Bernd Datler von der Asfinag angesichts des tödlichen Unfalls mit einem Roboterwagen in den USA. Das Thema verlange viel Kommunikation mit der Bevölkerung.
Der Vorfall mit einem selbstfahrenden Auto der Firma Uber in der Stadt Tempe in Arizona, bei dem eine Frau zu Tode kam, zeige, dass man sehr genau darüber nachdenken müsse, in welchen Situationen derartige Technologien in den öffentlichen Verkehr integriert werden, sagte Datler. In den USA hätten manche Bundesstaaten weitreichende Möglichkeiten zum Einsatz eingeräumt. In Österreich sei das nicht möglich, weil man hier auch rechtlich viel genauer überlegen müsse, welche Situationen ein System beherrsche.
Die Testumgebungen wie etwa auf der A2 in der Steiermark, seien daher ganz anders konzipiert. Anhand vieler Kameras oder Radarsystemen möchte man dort vor allem wissenschaftlich herausfinden, wie sich das Verhalten der Verkehrsteilnehmer im Zeitverlauf ändert, wenn autonome Fahrzeuge mitmischen, die sich mitunter ungewohnt verhalten können, so Datler. Solche Fragen könnten auf anderen europäischen Teststrecken kaum beantwortet werden, wie der Asfinag-Geschäftsführer für Mautsysteme betonte.
Klar sei, dass Systeme zum autonomen Fahren "viel, aber auch zu wenig können", sagte AustriaTech-Geschäftsführer Martin Russ. Das europäische Rechtssystem sei zudem "nicht auf Wagemut aufgebaut". Auch angesichts des Unfalls, bei dem es noch zu klären gelte, warum das System nicht angeschlagen habe, sei es eher kein Nachteil, wenn man hier vorsichtiger vorgehe. Das sei auch eine Folge anderer Sicherheitskulturen im Vergleich zu den USA, sagte Mark Topal-Gökceli, Leiter der Abteilung Systemtechnik & Konzernproduktion der ÖBB. Das Unternehmen habe schon viele Schritte in Richtung Automatisierung gesetzt, vor jedem Schritt müsse aber sichergestellt sein, dass ein System mindestens die gleichwertige Sicherheit garantiert wie sein Vorgänger. Das "mag konservativer sein", sei aber unumgänglich, so Topal-Gökceli.
Geht man stärker in Richtung Automatisierung brauche es viele Maßnahmen, die auch das Vertrauen festigen. Aktuell sei es so, dass vielen Anwendern vor allem mulmig werde, wenn sie mit vollautomatischen Systemen konfrontiert sind. Einzelanwendungen, wie etwa Brems- oder Spurassistenten, brächten auch die im internationalen Vergleich eher zurückhaltenden Österreicher relativ viel Vertrauen entgegen, sagte Russ.
Im Zuge der TRA 2018 möchte man daher der interessierten Bevölkerung etwa in rund 50 "Showcases" Entwicklungen präsentieren, dabei aber auch auf Limitationen und offene Forschungsfragen hinweisen. Die Konferenz ist laut Russ eine "Arena" in der sich Österreichs Industrie und Forschung in Szene setzen kann. Andreas Dorda vom Infrastrukturministerium wies auf zu erwartende starke Wachstumsraten bei der E-Mobilität hin. Die heimische Industrie und Forschungslandschaft habe hier einiges anzubieten, so Dorda, der erklärte, dass alleine in Österreich bis 2030 mit rund einer Million E- oder Hybrid-Fahrzeugen zu rechnen sei.
Österreichs Leistung "im Schaufenster"
In Summe wird es rund 650 Vorträge und Poster-Präsentationen geben, u.a. zu Themenbereichen wie Digitalisierung und Automatisierung, Urbane Mobilität, Fahrzeugtechnologien, Akzeptanz und Sozioökonomie sowie Verkehrstechnologie, sagte Manfred Haider vom AIT. Ein Ziel der Veranstaltung sei auch, "die Interaktion zu stärken", so Russ. Dazu gibt es auf 7.000 Quadratmetern mehrere Ausstellungsbereiche, wie eine "Interactive Zone", wo beispielsweise Prototypen gezeigt werden, sich Start-ups präsentieren können und neue Entwicklungen ausprobiert werden können. Diese Ausstellung ist auch für das Nicht-Fachpublikum geöffnet.
Österreichs Industriesektor im Verkehrsbereich sei "überproportional groß", so Schädler. Gemessen am nichtlandwirtschaftlichen Privatsektor mache der Verkehrssektor 9,2 Prozent der Unternehmen aus, 12,7 Prozent der Beschäftigten, 12,8 Prozent der Einnahmen und hält damit einen Anteil von 7,7 Prozent am BIP. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) dieser Branchen machen zwölf Prozent der gesamtwirtschaftlichen F&E-Ausgaben aus - alleine der Kraftfahrzeugbau komme hier auf einen Anteil von acht Prozent.
Die Konferenz biete auch die Möglichkeit, "die österreichischen Leistungen ins Schaufenster zu stellen". Dazu wird es ein "Austrian Village" mit rund 30 österreichischen Unternehmen und Initiativen geben.
Im Umfeld der TRA finden weitere Konferenzen und Treffen in Wien statt. Dazu zählen etwa die "Connected and Automated Driving Conference" oder ein Dialog zwischen der EU und den USA über rechtliche Rahmenbedingungen etwa für selbstfahrende Autos.
Service: www.traconference.eu