Wissenschaft für alle bei der "Langen Nacht der Forschung"
Wer schon immer Einblicke in die wissenschaftliche Arbeit an österreichischen Forschungsinstituten und Unternehmen gewinnen wollte, kann am 4. April aus dem Vollen schöpfen. An insgesamt mehr als 1.000 von Forschern für die Öffentlichkeit gestalteten Stationen lädt die sechste "Lange Nacht der Forschung" (LNF) erstmals in allen neun Bundesländern zum Mitmachen und Staunen ein.
Das Programm von Österreichs größter Veranstaltung zur Wissenschaftsvermittlung nimmt von Tag zu Tag mehr Gestalt an. Anfang März wird endgültig klar sein, wie umfangreich am Eventtag in die heimische Forschungsszene eingetaucht werden kann. Die Ausmaße der letzten LNF im Jahr 2012 werden dabei vermutlich "zumindest erreicht, eher sogar übertroffen", erklärte Walter Schneider von dem mit der überregionalen Koordination befassten Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFT) gegenüber APA-Science.
Bei der fünften LNF waren es 1.380 Stationen und damit im Vergleich zum vorletzten Event 2009 mehr als doppelt so viele. Im Gegensatz zu 2012 und davor wird die LNF diesmal in allen Bundesländern gleichzeitig über die Bühne gehen. Auf der Webseite http://www.langenachtderforschung.at werden sämtliche Stationen detailliert beschrieben und lassen sich nach Bundesländern, Regionen, Stationen und Wissensgebieten sortieren. Angesprochen werden Interessierte aller Altersgruppen und Menschen mit unterschiedlichem Bildungshintergrund.
Mit dem Enkerl gegen die Schwellenangst
Die Erfahrung aus vergangenen Langen Nächten zeige, dass oft Großeltern mit Enkelkindern zu den Ausstellungsorten kommen. Immer wieder würden Kinder mit Fragen gleichsam vorgeschoben, die eigentlich von den Erwachsenen kommen. "Das kleine Mäderl ist sozusagen das Feigenblatt, weil der Opa dahinter sich nicht traut, etwas zu fragen", stellte Schneider bereits mehrmals fest. "Wir bauen hier also Schwellenängste ab. Der niederschwellige Zugang ist das Kernthema." Entscheidend dabei sei die Fähigkeit der Forschungsgemeinde, ihre Arbeit so darzustellen, dass die meisten Menschen sie auch verstehen - was nicht selbstverständlich und einfach zu bewerkstelligen sei, großteils aber sehr gut gelinge.
Auch komme es immer wieder dazu, dass "die Leute Fragen gestellt haben, die sich Wissenschafter selbst noch nie gestellt haben". In solchen Situationen erhielten die Forscher wertvolle Anregungen und kämen auf neue Ideen. Der Austausch mit den Wissenschaftern könne in einigen Fällen sicher dazu beitragen, dass sich ein Kind oder Jugendlicher später einmal für eine einschlägige Ausbildung interessiere, ist Schneider überzeugt. Durch die LNF würden sich auch für wissenschaftliche Bereiche, die sonst weniger im Blickfeld der Öffentlichkeit stehen, Chancen ergeben, sich zu positionieren.
Offene Forschungsgemeinde
Aus der heimischen Szene kämen jedenfalls fast durchwegs positive Signale. Viele Wissenschafter seien sehr interessiert daran, mit der Bevölkerung in einen Dialog zu treten. "Wir sind teilweise wirklich baff, mit wie viel Enthusiasmus und Motivation manche Institutionen da reingehen", so Schneider. Trotzdem ist "sowohl die zeitliche, als auch die finanzielle Ressourcenausstattung da und dort ein Thema". Wer nämlich an der Umsetzung der LNF an einem der mittlerweile etwa 200 Ausstellungsorte mitarbeitet, tut das fast immer auf eigene Rechnung. Grob gerechnet komme man österreichweit auf etwa 30.000 Arbeitsstunden, die Wissenschafter und Studenten in Eigeninitiative in die Veranstaltung investieren. Das dürfe man nicht als Selbstverständlichkeit ansehen. Schneider: "Wir verlangen hier von der gesamten Community wirklich viel."
Große organisatorische Herausforderungen
In einigen Bundesländern sind die Planungen für die sechste LNF aktuell bereits sehr weit fortgeschritten. In Wien sei man gerade noch dabei, "große Player mit ins Boot zu holen", so Schneider. Das liege auch daran, dass man in den verschiedenen Bundesländern zu verschiedenen Zeitpunkten mit dem Gesamtprogramm an die Öffentlichkeit gehen werde. "Jeder macht es ein wenig anders und das finde ich auch fein", erklärte der Mitorganisator. Es sei wichtig, dass die verschiedenen Organisationsteams auch unterschiedliche Herangehensweisen verfolgen. Es handle sich bei der LNF eben um eine Veranstaltung, deren Struktur von den handelnden Personen - also "Bottom-up" - definiert werde.
In Kärnten oder Salzburg setze man beispielsweise auf die Konzentration der Präsentationen an wenigen, zentralen Standorten, wohingegen man in Oberösterreich ganz gezielt sehr viele Regionen miteinbeziehe. Dort gehe es darum, nicht nur den akademischen Sektor an den Universitäten oder Fachhochschulen zu zeigen, sondern auch die Innovationen, die in vielen kleineren technologiegetriebenen Unternehmen entstehen. Auch in Niederösterreich habe sich die Veranstaltung "stark vergrößert" und sei regionaler geworden, so Schneider.
Österreichweit bis regional
Auch was die budgetäre Situation für mediale Maßnahmen betrifft, gebe es große Unterschiede. Für bundesweite Promotion haben die Organisatoren von den drei für Forschung zuständigen Ministerien "eine durchaus nennenswerte Summe" erhalten. "Damit lässt sich ein sehr attraktiver Medienmix gestalten, wo wir der Meinung sind, hier unterschiedliche Ebenen auf verschiedenen Kanälen zu erreichen", so Schneider. Zur LNF werden Kino-, Radio- und Fernsehspots laufen, außerdem werden unterschiedliche Print- und Onlinemedien bespielt. Hier gehe es darum, die Veranstaltung an sich bekannt zu machen und die Aufmerksamkeit für Wissenschaft und Forschung im Allgemeinen zu erhöhen.
Auf Ebene der einzelnen Bundesländer zeige sich, dass es "einige Regionen gibt, die nicht ganz so aus dem Vollen schöpfen können". Grundsätzlich gebe es in mehreren Ländern viel politisches "Commitment". Fehlt das, so werde das vom Engagement der Akteure wettgemacht. In Wien gebe es zwar großes Interesse, die Stadt als Wissenschaftsstandort zu präsentieren, das Aufsetzen der Organisationsstruktur sei allerdings schwierig gewesen und auch für Marketingmaßnahmen gebe es kaum Ressourcen. Das sei problematisch, da die teilnehmenden Institutionen eigentlich neben dem Aufwand für die Veranstaltung an sich auch selbst Initiativen zur Bewerbung der LNF setzen müssen. "Man muss ihnen also zweimal etwas abverlangen. Das ist schon ein Problem, wo wir teilweise auf sehr dünnem Eis tanzen", wie es Schneider ausdrückt.
Das Gelingen einer solch umfangreichen Veranstaltung sei neben der ausreichenden Information für die Bevölkerung auch von Angeboten wie etwa regionalem Shuttlebus-Service und einem attraktiven Termin abhängig. Mit dem 4.4.2014 habe man sich auf ein klingendes, leicht zu merkendes Datum geeinigt. Insgesamt sei es bewundernswert, dass bei einer Veranstaltung dieser Dimension die Teams auf sehr vielen Ebenen "tatsächlich an einem Strang und in eine Richtung ziehen", so Schneider.
Den Schwung mitnehmen
Aus einer solchen Großveranstaltung könne viel Schwung mitgenommen werden, zeigt sich der Experte überzeugt. Wie innovativ Österreich von den Unternehmen bis zu den Universitäten ist, gelte es auch abseits eines solchen Events immer wieder in die breite Öffentlichkeit zu tragen. Dazu sollten Netzwerke, die etwa durch die LNF entstehen, auch weiter intensiv genutzt werden, rät Schneider.
Von Nikolaus Täuber / APA-Science