Spitzenforscher im Boulevard
Seriöse Wissenschaft und Boulevardzeitungen zeichnen sich üblicherweise nicht durch ein inniges Verhältnis aus. In der "Kronen Zeitung" findet sich dennoch seit Dezember 2015 am Dienstag eine wöchentliche Wissenschaftsseite.
Unter dem Serientitel "Krone der Wissenschaft" werden heimische Spitzenforscher und ihre Projekte vorgestellt - ohne irgendein Gegengeschäft, wie Alternsforscher Georg Wick, früherer Präsident des Wissenschaftsfonds FWF und Initiator der Serie, auf Anfrage der APA sagt.
"Wissenschaftsberichte in 'Presse' oder 'Standard' sind ja sehr schön, aber wir müssen in die größte Tageszeitung damit kommen, um mehr wissenschaftsferne Leserkreise zu erreichen." Das war Wicks Befund im Vorjahr bei einer Diskussion über die Finanznot des FWF und darüber, wie man der Bevölkerung am besten die Bedeutung der Grundlagenforschung vermitteln könne.
Diese Herausforderung habe seinen Ehrgeiz geweckt, und er wusste persönliche Beziehungen zu nutzen: Einer seiner Söhne war Nachbar Christoph Dichands und stellte den Kontakt zum Herausgeber und Chefredakteur der "Kronen Zeitung" her.
"Ganz unösterreichisch"
"Christoph Dichand hat sich sofort für das Thema interessiert und angeboten, eine Seite zu machen", so Wick. Dahinter stehe keine Institution, die das unterstütze, "das ist wirklich eine Leistung der 'Krone' für die österreichische Wissenschaft", bestätigt Wick, der dies angesichts vieler Medienkooperationen, speziell im Bereich der Wissenschaftsberichterstattung, "ganz unösterreichisch" findet.
"Wir sind ein Land der Wissenschaft, auf das wir stolz sind", begründet Christoph Dichand auf Anfrage der APA, warum die "Kronen Zeitung" die Spitzenleistungen österreichischer Forscherinnen und Forscher einem Millionenpublikum nahebringe. Man wolle damit einen Beitrag zu "Wissen schafft Macht" leisten.
Wick ist die Vermittlung wissenschaftlicher Arbeit schon lange ein Anliegen, 1994 wurde er dafür vom Klub der Bildungs- und WissenschaftsjournalistInnen zum ersten "Wissenschafter des Jahres" gewählt. Für die Serie identifiziert der Mediziner Beispiele aus allen Gebieten der österreichischen Spitzenforschung und bittet die jeweiligen Wissenschafter, in einem Beitrag von 2.000 Zeichen ihr Forschungsgebiet und sich selbst vorzustellen. Diese Texte werden von Wick redigiert, ehe sie in die "Krone"-Redaktion kommen, wo die Serie von Conny Bischofberger betreut wird.
Wissenschaft "integraler Bestandteil der Kultur"
Er habe diese Serie initiiert, weil er der Meinung sei, dass "im Gegensatz zu Deutschland, der Schweiz und angelsächsischen Ländern der Wissenschaft im Allgemeinen und der Grundlagenforschung im Besonderen in Österreich zu wenig Bedeutung beigemessen wird", schreibt Wick in dem Einladungsbrief an die ausgewählten Autorinnen und Autoren und verweist darauf, "dass Kultur nicht mit Kunst gleichzusetzen ist, sondern dass Wissenschaft ein integraler Bestandteil der Kultur ist".
Er versuche, Fachgebiete und Orte abzuwechseln, sagt Wick, und scheut in der Serie auch nicht vor Themen zurück, die man sonst selten in der "Krone" liest, etwa Quantenphysik, Byzantinistik oder Philosophie. Mit der Serie wolle er zeigen, dass es in Österreich nicht nur gute Musiker, Schifahrer und Fußballer gebe, "sondern auch international anerkannte Spitzenforscher, die ihre Arbeit den Steuerzahlern klar, prägnant und aufregend darstellen können".
Von Christian Müller, APA