Umfrage: Wissenschaftsthemen kommen an
Kommen Themen aus Wissenschaft/Forschung und Bildung via Medien in der Bevölkerung an? Die klare Antwort lautet: Ja. Jeweils fast zwei Drittel der befragten Landsleute interessieren sich "sehr" oder "etwas" für diese beiden Bereiche (je 59,1 Prozent). Das zeigt eine von APA-Science und Marketagent.com durchgeführte Umfrage über "Einstellung und öffentliche Wahrnehmung zu Wissenschaft und Forschung".
"Bewohner von großen Städten und höher Gebildete zeigen sich am interessiertesten an Wissenschaftsthemen, ebenso wie Selbstständige und Personen in Ausbildung", so Thomas Schwabl, Geschäftsführer des Marktforschungsinstituts Marketagent.com. Immerhin noch 26,7 Prozent interessieren sich "mittelmäßig" für Wissenschaft/Forschung und 28,3 Prozent für Bildung. Nur rund jeder Zwanzigste kann sich für diese Themen "überhaupt nicht" erwärmen, ergibt die im Auftrag von APA-Science durchgeführte repräsentative Befragung. Höher im Kurs stehen nur noch die Themen "Lokales/Regionales" (71,5 Prozent) und "Gesundheit/Medizin" (68,1 Prozent).
Aktive und "Darüber-Stolperer"
Aktiv über wissenschaftliche Themen informieren sich 13,5 Prozent - die überwiegende Mehrheit der Befragten (72,4 Prozent) stolpert gelegentlich darüber und informiert sich beiläufig, aber nur 14 Prozent "überhaupt nicht" über wissenschaftliche Themen. Am häufigsten werden Forschungsthemen im Schnitt via Fernsehen konsumiert, 27,4 Prozent stoßen täglich oder mehrmals pro Woche auf entsprechende Inhalte. Zeitungen (23,8 Prozent) sind die zweithäufigste Quelle. Fast gleichauf liegen dahinter Webseiten (19,5 Prozent), Gespräche mit Freunden/Bekannten/ Verwandten/Kollegen (19,1 Prozent), soziale Medien (18,9 Prozent), Online-Recherche und Radio (je 18,2 Prozent).
Deutlich erkennbar ist, dass die jüngere Generation stärker von Online-Quellen Gebrauch macht. Während es bei der Nutzung von traditionellen Medien wie Fernsehen und Radio kaum Unterschiede zwischen den Generationen gibt, kommt mehr als ein Drittel der 14- bis 19-Jährigen auf Videoplattformen wie YouTube mit wissenschaftlichen Themen in Kontakt - bei den 60- bis 69-Jährigen sind es nur 1,4 Prozent.
Wissenschaft ist medizinischer Fortschritt ...
Jeder fünfte Österreicher assoziiert Wissenschaft und Forschung spontan am ehesten mit medizinischem Fortschritt ("Medizin", "Heilung von Krankheiten", "Krebsforschung" und "neue Medikamente"). Dahinter folgen allgemeinere Begriffe wie "Neuerungen/ Innovationen", "Fortschritt" und "Zukunft".
Spontane Assoziationen mit Wissenschaft und Forschung wie "Intelligenz, Wissen" oder "weiße Laborkittel, Fortschritt, Innovationen" kommen nicht überraschend. Es sind aber auch Trendthemen darunter zu finden wie "Industrie 4.0", "Digitalisierung" und "Big Data". Aussagen wie "die Politiker interessieren sich zu wenig dafür", "wird in Österreich nicht unterstützt" halten der Forschungspolitik einen Spiegel vor, während mit Begriffen wie "Hoffnung", "Zukunft", "Fortschritt", "interessant, aufregend" positive Konnotationen zum Ausdruck kommen.
... und Albert Einstein
Die "Personifizierung" von Wissenschaft stellt für die Österreicher Albert Einstein dar. Knapp ein Viertel (24 Prozent) nannte den Begründer der Relativitätstheorie als jene Person, an die man spontan dabei denkt. Mit großem Respektabstand folgen Stephen Hawking (4,8 Prozent), Marie Curie (4,3 Prozent) und Isaac Newton (4 Prozent). Immerhin auf Platz 5 landete mit dem ehemaligen "Science Buster" und nunmehrigen Leiter des Wiener Planetariums, Werner Gruber, der erste Österreicher. Auffällig ist die Dominanz der Naturwissenschafter bei den genannten Personen unter den Top Ten, die mehrheitlich der Physik zugeordnet werden können.
Stadt-Land-Gefälle bei Interesse
Beim Interesse an Wissenschaftsthemen in den Medien kommt ein leichtes Stadt-Land-Gefälle zutage, ähnlich sieht es beim Ausbildungsniveau aus. Während sich 29,3 Prozent der Großstädter "sehr" für Forschung interessieren, spielt das Thema nur für ein Fünftel der Landbevölkerung eine tragende Rolle. Ähnlich das Verhältnis beim Bildungsstand: 29,5 Prozent der Befragten mit Matura, Kolleg oder Hochschule als höchster Ausbildung legen starkes Interesse an den Tag, während sich nur 19,5 Prozent mit Lehre/Fachschule dafür begeistern können. Beim Berufsstand führen die Selbstständigen/Geschäftsführer mit 38,5 Prozent das Feld an, gefolgt von "in Ausbildung" (34,4 Prozent), während sich relativ wenige Arbeitslose (18 Prozent) und Pensionisten (17,2 Prozent) dafür interessieren.
Ein deutliches Altersgefälle ist bei der Art der Mediennutzung ersichtlich. So landet das Fernsehen bei den 14- bis 19-Jährigen erst an sechster Stelle hinter sozialen Medien (38,1 Prozent), Videoplattformen, Webseiten, Gesprächen und Onlinerecherchen. Es sind auch die Jüngeren, die am ehesten bei Veranstaltungen und Vorträgen mit Wissenschaft und Forschung in Berührung kommen (12,4 Prozent), während diese Möglichkeit insgesamt im Schnitt nur von 5,1 Prozent der Befragten genannt wurde.
Dokumentationen (56,8 Prozent) und Reportagen (52 Prozent) sind die mit Abstand beliebtesten Darstellungsformen, Zeitungsartikel (Print) konsumieren 30,4 Prozent gerne. Nur ein Zehntel der Befragten greift wissenschaftliche Themen in keiner Form gern auf.
"Entdeckung neuer Planeten" mit bleibendem Eindruck
Ein spezifischer Bericht in der jüngeren Vergangenheit zu einem Wissenschaftsthema fiel 22,3 Prozent der Befragten ein. Am häufigsten blieb die "Entdeckung neuer Planeten" in Erinnerung (21,7 Prozent), an ein Thema aus dem Bereich "Auto/Elektroauto/Automobilindustrie" erinnerten sich 6,6 Prozent, gefolgt von "Universum/Weltraum" (5,8 Prozent) und "Zoologie/Tierwelt" (4,9 Prozent). Konkret genannt wurden etwa Berichte zu "Wie gesund ist Salz, wie viel Salz braucht der Körper", das "Gedächtnis der Pflanzen", "Der erstmalige Nachweis von Gravitationswellen ist gelungen" oder "Tschernobyl". Im Gedächtnis verhaftet blieben vor allem Berichte, die im Fernsehen ausgestrahlt wurden (41,2 Prozent). Zeitungen (10,6 Prozent), soziale Medien (7,5 Prozent) und Webseiten (7,1 Prozent) sind hier untergeordnete Informationsquellen.
Für 41,3 Prozent der Befragten sind in den Medien präsentierte Wissenschaftsberichte "sehr" oder "eher" vertrauenswürdig, 51,6 Prozent gaben "teils/teils" an. "Eher wenig" oder "überhaupt kein" Vertrauen haben 7,1 Prozent. Mehr als die Hälfte der Österreicherinnen und Österreicher legt Wert darauf, dass Wissenschaftsjournalisten Forschungsinhalte für Laien übersetzen (55,4 Prozent) und erklären (51 Prozent). 41,8 Prozent erachten es als wichtig, dass Hintergründe geliefert werden. Die unterhaltsame Aufbereitung spielt dagegen nur für 19,6 Prozent eine Rolle.
Zoos als Publikumsmagneten
Bei den "Einrichtungen oder Veranstaltungen mit Wissenschaftsbezug, die in den letzten zwölf Monaten besucht" wurden, zeigt sich die Zugkraft von Tieren auf die Österreicherinnen und Österreicher: 38,4 Prozent besuchten demnach einen Zoo oder ein Aquarium. 28 Prozent gingen in ein Wissenschafts-, Natur- oder Technikmuseum. An Veranstaltungen wie der Langen Nacht der Forschung, an einem Tag der offenen Tür an Hochschulen oder wissenschaftlichen Einrichtungen nahmen 14,6 Prozent teil. Detail: Teenager waren hier mit 32 Prozent überdurchschnittlich stark beteiligt.
"Es braucht verstärkt Wissenschaft und Forschung, um große gesellschaftliche Herausforderungen der Zukunft wie Klimawandel, Energiesicherheit oder demografische Verschiebungen in den Griff zu kriegen": Eine breite Mehrheit stimmt dieser Aussage "voll" (47,4 Prozent) oder "eher" (40,9 Prozent) zu. Eine generelle Prävalenz ist dahingehend erkennbar, dass sich Wissenschaft und Forschung stärker am Nutzen für die Gesellschaft orientieren sollten: 29,3 Prozent sind "voll und ganz" bzw. 54,4 Prozent "eher" dieser Meinung.
Wie das Wissenschaftssystem insgesamt funktioniert, ist nur 12,4 Prozent der Befragten grundsätzlich "völlig", immerhin 52,3 Prozent "eher" klar. Eine knappe Mehrheit (58,2 Prozent) ist aber auch der Ansicht, dass man dem Fortschritt in Wissenschaft und Forschung kaum noch folgen kann. Mit der Geschwindigkeit am ehesten überfordert sind Jugendliche, ein Fünftel der 14- bis 19-Jährigen antwortete entsprechend.
Unterstützung für Grundlagenforschung
Ein - wenn auch indirektes - Wohlwollen lässt sich für die Grundlagenforschung ablesen. Die Mehrzahl der Befragten ist dafür - 13,5 Prozent "voll und ganz" bzw. 49,1 Prozent "eher" -, vielversprechende Forschungsprojekte fortzuführen, auch wenn die Risiken nicht vollständig absehbar sind. 23,2 Prozent meinen "voll und ganz", es sollte mehr Geld in Forschung investiert werden, deren Nutzen noch nicht absehbar ist, 46,4 Prozent stimmen dem "eher" zu. Nur ein Viertel ist "eher weniger" und 4,6 Prozent sind "überhaupt nicht" dieser Meinung.
Ein Großteil ist überzeugt, dass Wissenschaft und Forschung Österreich weiterbringen: 48,5 Prozent bejahen diese Aussage uneingeschränkt, 40,4 Prozent noch "eher". Das spiegelt sich auch in der Unterstützung für mehr Investitionen seitens der Unternehmen (36,9 Prozent uneingeschränkt bzw. 51,3 Prozent "eher") und des Staates (35,3 Prozent bzw. 47,1 Prozent).
Tendenziell offenbart sich hier ein Unterschied zwischen den Geschlechtern. Männer unterstützen stärker die Forderungen nach mehr Investitionen in Forschung seitens der Unternehmen (43,2 Prozent) und des Staates (40,8 Prozent). Zum Vergleich wünschen das jeweils nur 30,6 Prozent bzw. 29,8 Prozent der Frauen. Ebenfalls auffällig ist in diesen Punkten die starke Zustimmung bei den über 50-Jährigen.
Bei den Bereichen, in denen Wissenschaft und Forschung als besonders wichtig empfunden werden, liegt "Gesundheit/Medizin" im Schnitt mit 71,5 Prozent quer durch alle Altersgruppen an erster Stelle. "Natur/Umwelt" ist für 56,1 Prozent und "Energie" für 43,3 Prozent besonders wichtig. Am unteren Ende der Skala finden sich hier "Geschichte" (3,6 Prozent), "Politik" (3,3 Prozent), "Kultur" (2,2 Prozent) und "Sprache" (1,7 Prozent). Folgerichtig würden auch zwei Drittel gerne mehr aus dem Bereich "Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften" in den Medien lesen. Hoch im Kurs stehen hier auch "Technik" und "Naturwissenschaften" (47,8 bzw. 44,5 Prozent). Das Schlusslicht bilden die Geisteswissenschaften, die nur von gut einem Drittel stärker nachgefragt werden.
Mit "HIV/Krebs" ist es dann auch ein Thema aus diesem populären Bereich, das nach Meinung der Befragten am dringendsten (38,8 Prozent) von der Forschung weiterverfolgt werden sollte. Ganz oben auf der Liste stehen weiters "Klimawandel/globale Erwärmung" (35,8 Prozent), "alternative Energien" (34,9 Prozent) und "Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Herz- und Kreislauf-Erkrankungen" (27,6 Prozent). "Finanzkrise" und "Raumfahrt" (je 8,2 Prozent), "Staatsverschuldung" (7 Prozent), "Infrastruktur" und "Stadtentwicklung" (je ca. 5 Prozent) finden sich am Ende der Skala.
Nachholbedarf bei schulischer Vermittlung
Zweifel herrschen dahingehend, dass "wissenschaftliche Erkenntnisse der Öffentlichkeit verständlich vermittelt" werden. Die Hälfte (49,4 Prozent) stimmt hier "eher weniger" bzw. zu 6,6 Prozent "überhaupt nicht" zu. Dass das Vertrauen in die Wissenschaft im Allgemeinen zu hoch ist und man mehr nach der Intuition und dem Glauben handeln sollte, findet zwar keine mehrheitliche, aber immerhin bei 7 Prozent volle bzw. bei 33 Prozent "eher" Zustimmung. Nachholbedarf wird der schulischen Vermittlung von Wissenschaft und Forschung bescheinigt: Mehr als zwei Drittel der Befragten sehen das Thema in der Schule nicht ausreichend berücksichtigt.
Selbst im Rahmen eines wissenschaftlichen Projektes aktiv zu werden, kann sich ein Viertel der Befragten "auf jeden Fall" vorstellen, 36,9 Prozent wären "eher schon" bei einem "Citizen Science"-Projekt dabei. Nur 8,4 Prozent lehnen die Teilnahme rundweg ab. 0,9 Prozent haben schon einmal bei einem einschlägigen Projekt mitgemacht.
Die nach Alter, Ausbildung und Region österreichweit repräsentative Umfrage des Instituts Marketagent.com wurde im Mai 2016 durchgeführt, befragt wurden 1.012 Personen zwischen 14 und 69 Jahren.