Ressource Wasser
Wasser ist wohl der wichtigste Rohstoff auf unserem Planeten, ohne ihn geht eigentlich nichts. In Österreich nimmt man ihn als derart selbstverständlich hin, dass man im Alltag kaum darüber nachdenkt. Global gesehen gibt es jedoch eine enorme Schräglage. Fast 30 Prozent der Menschheit haben nämlich laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) keinen ausreichenden Zugang zu sauberem Trinkwasser.
Die Österreicher können aus dem Vollen schöpfen. Der gesamte jährliche Wasserbedarf in Österreich beträgt Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (ÖVGW) rund 2,35 km3, was etwa drei Prozent der pro Jahr verfügbaren Menge von 86 km3 entspricht. Knapp ein Drittel davon wird in Haushalten und Gewerbe genutzt, zwei Drittel in der Industrie und knapp fünf Prozent des genutzten Wassers gehen in die Landwirtschaft. Der durchschnittliche Haushaltsverbrauch (ohne Einbeziehung von Gewerbe, Industrie oder Großverbrauchern) liegt bei etwa 130 Litern pro Tag und Person. Das bedeutet, dass ein Vier-Personenhaushalt ca. 190 m3 Wasser pro Jahr verbraucht (siehe auch nebenstehende Factbox).
Selbstverantwortung
Gutes Wasser ist für Österreicher dermaßen selbstverständlich, dass die Verantwortung für die Qualität nicht bei sich selbst gesehen wird. Das hat eine Umfrage im Auftrag des Forums Wasserhygiene gezeigt (siehe auch: "Österreicher sehen Verantwortung für Wasserhygiene beim Betreiber"). Eine große Mehrheit der österreichischen Bevölkerung glaubt nämlich, dass die Verantwortung für die Trinkwasserqualität im Gebäude bei der Hausverwaltung liegt. Nur 13 Prozent sehen das korrekterweise auch bei sich selbst.
"Jeder Österreicher ist für seine Verbrauchsanlage selbst verantwortlich", unterstreicht Martin Taschl, Generalsekretär des Forums, sieht aber auch die Betreiber am Zug. Sie sollten ihre Mieter über deren Pflichten hinsichtlich der Trinkwasserhygiene besser aufklären.
Grundwasser = Trinkwasser
Übrigens kommt sämtliches Trinkwasser hierzulande aus Grund- oder Quellwasservorkommen. Oberflächenwasser muss im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern nicht angetastet werden. Unterirdisch schlummern ganze "Ozeane". Nimmt man nämlich alle oberirdischen Gewässer (Bäche, Flüsse und Seen) zusammen, machen sie nur ungefähr ein Hundertstel der unterirdischen Wassermassen aus (siehe: "Grundwasser - unbekannter Lebensraum und lebenswichtige Ressource in Gefahr").
Abgesehen von regionalen und saisonalen Schwankungen ist die Wasserversorgung in unserem Land also mehr als gesichert. Darüber hinaus hätte Österreich Reserven, um theoretisch einen Großteil der rund 512 Millionen EU-Bürger mit Wasser zu versorgen. Inklusive der Wasserreserven, also jener Mengen, die in Seen und Gletschern sowie in tiefen Grundwasserschichten gelagert sind, verfügt Österreich über rund 122,5 Milliarden m3 Wasser.
Wie das Wasser gut wurde
Österreich hat nicht nur viel, sondern auch weitgehend sauberes Wasser. Das war nicht immer selbstverständlich. Besonders Mediziner haben sich schon im 19. Jahrhundert dafür ins Zeug gelegt, damit zum Beispiel Wien eine entsprechende Infrastruktur plus der bereits legendären Wiener Hochquellwasserleitung bekommt. Cholera und andere Epidemien konnten so weitgehend ausgemerzt werden (siehe auch: "Wasser für die Großstadt: Joseph Skoda und die Wiener Hochquellenleitungen"). Noch im 19. Jahrhundert war das "Wechselfieber" (Malaria) in der k.u.k.-Metropole keine Seltenheit.
Gefährlich ist es aber heutzutage, die gute Qualität des österreichischen Wassers als für alle Zeiten gegeben anzunehmen. Darauf weisen die von APA-Science kontaktierten Wissenschafter hin. "Wir leben in Österreich bezüglich des Wassers nicht auf der Insel der Glückseligen, wie viele meinen", erklärt zum Beispiel Franz Allerberger von der österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) (siehe auch: "Österreichs Wasserqualität ist kein Selbstläufer"). Das gute Wasser wurde Österreich nur zum Teil in die Wiege gelegt, zum größeren Teil steckt dahinter jahrzehntelange harte Arbeit. So wurden bis jetzt über 1.900 Kläranlagen errichtet. Der Anschlussgrad der heimischen Haushalte liegt laut dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) und der ÖVGW bei über 90 Prozent. Seit 1959 wurden laut Ministeriumsangaben 61 Mrd. Euro in die Wasserinfrastruktur gesteckt.
Wie das Wasser gut bleiben soll
In Österreich werden sämtliche Abwässer, die in die Kanalisation gelangen, entsorgt und gereinigt. Die Abwasserreinigung funktioniert in drei Behandlungs-Stufen (mechanisch, biologisch, chemisch), selten in einem vierten Reinigungsgang (siehe auch: "Kläranlagen reinigen noch klarer"). "Damit haben wir große Erfolge erzielt, was die Reinigung von Abwässern aus Siedlungen und Industrieanlagen betrifft", sagt Stephan Nemetz, Abteilung Oberflächengewässer im Umweltbundesamt. Mehr als 95 Prozent der Abwässer in Österreich werden im Kanal entwässert und über Kläranlagen gereinigt. Der Rest landet in Senkgruben und wird dort quasi zwischengelagert, abtransportiert und entsorgt. Dieses Prozedere gewährleistet, dass die meisten Verunreinigungen aus dem Abwasser entfernt werden, bevor es in natürliche Gewässer eingeleitet wird.
Es gibt aber keine hundertprozentige Sicherheit, nicht alles kann herausgefiltert werden. Industriechemikalien, Medikamentenreste oder teilweise krankheitserregende Bakterien können über Oberflächengewässer im Grundwasser und schließlich im Trinkwasser landen. Durch moderne Messmethoden würden viele Substanzen im Trinkwasser identifiziert, die man dort nicht sehen will (Antibiotika, Pflanzenschutzmittel und Industriechemikalien usw.). Die WHO will nun gewisse Grenzwerte nach unten korrigieren, was von der AGES begrüßt wird.
Das Wetter und das Klima
Wasser ist enorm wetterabhängig und langfristig sehr klimasensibel - keine Überraschung. Dürre- und Starkregenperioden wechseln sich vermehrt ab. Die extremen Wetterbedingungen werden für den Erhalt der heimischen Wasserqualität künftig eine zunehmende Herausforderung werden, darin ist sich die Forschung mehrheitlich einig.
Sowohl längere Trockenperioden als auch Phasen mit massiven Niederschlägen gilt es zu meistern. Durch längere Trockenzeiten sinkt der Wasserspiegel in den Bächen, Flüssen und Seen, Verunreinigungen sind daher in höheren Konzentrationen zu finden. Bei Starkregen wiederum würden auch die besten Kläranlagen geflutet und die Abwässer direkt in die Gewässer gehen, erklärt die AGES. Im Osten und Nordosten Österreichs rechnen Wissenschafter zudem mit einer Verminderung der Grundwasserneubildung, was der Qualität nicht gerade zuträglich ist. Es würde also in Zukunft noch größerer Anstrengungen bedürfen, die hohe Gewässergüte in Österreich zu halten und in den Problembereichen zu verbessern.
Einfach wird es nicht, meint auch Wolfgang Wagner, Leiter des Departments für Geodäsie und Geoinformation an der Technischen Universität (TU) Wien (siehe auch: "Nach der Dürre ist vor der Dürre"). "Es ist unrealistisch zu hoffen, dass die Dürren der letzten Jahre nur natürliche Wetterkapriolen gewesen sind und sich nicht so schnell wiederholen werden. Im Gegenteil, man sollte sie als Vorboten von noch schlimmeren Dürren ansehen und sich fragen: Sind wir auf solche Extremereignisse vorbereitet?" Seine Antwort fällt ernüchternd aus: "Leider nein." Die Wissenschaft könne bei weitem noch nicht alle Fragen zu den komplexen Wirkungszusammenhängen des Auftretens und der Auswirkungen von Dürre beantworten.
Erschwerend kommt laut Wagner hinzu, dass viele wissenschaftliche Erkenntnisse noch nicht in der Praxis angekommen sind. Es bedürfe noch umfangreicher Diskussionen zwischen Wissenschaft, Verwaltung, Wirtschaft und der breiten Öffentlichkeit, um nachhaltige Adaptionsmaßnahmen zu entwickeln, die von allen mitgetragen werden können. Das Zauberwort heißt ein weiteres Mal: "Daten" - optimalerweise flächendeckend und langfristig.
Wasser im urbanen Raum
Hochwasser und Überflutungen sind auch für den besiedelten Raum ein Risiko, worauf bisher mit der Anpassung der Kanalisation und der Speicherbecken reagiert wurde. "Inzwischen hat man erkannt, dass im besten Fall Niederschlagswasser gar nicht bis zur Kanalisation geleitet werden sollte", erklärt Manfred Kleidorfer von der Fakultät für technische Wissenschaften der Universität Innsbruck (siehe auch: "Wasser in der Stadt: Unsichtbares sichtbar machen"). Eine Vielzahl moderner Methoden der Regenwasserbewirtschaftung wie Versickerungsanlagen, Gründächer, Regengärten oder -teiche ermöglichen eine Speicherung, Verdunstung und Versickerung des Regenwassers direkt an dem Ort an dem es fällt. Dies hat laut Kleidorfer den Vorteil, dass die bestehende Infrastruktur entlastet wird, das Überflutungsrisiko sinkt und Klimawandelauswirkungen und Flächenversiegelung kompensiert werden können.
Mehr und mehr wird dabei auch auf die Erhaltung der natürlichen Wasserbilanz Wert gelegt. So soll auf einem bebauten Grundstück die Versickerung und die Verdunstung annähernd gleich dem natürlichen Zustand bleiben und somit nicht stärker abfließen als im unbebauten Zustand. Der Grundwasserspiegel bleibt dann langfristig konstant und steht als Wasserressource zur Verfügung.
Riesenschatz Grundwasser
"Es macht schon Sinn auf Grundwasser für das Trinkwasser zuzugreifen", erklärt Christian Griebler, der den Lehrstuhl (Division) für Limnologie an der Universität Wien innehat. Auf dem Weg durch Boden- und Sedimentschichten wird der Niederschlag, aber auch infiltrierendes Oberflächenwasser physikalisch, chemisch, vor allem aber biologisch gereinigt. Einmal gereinigtes Wasser wird im Grundwasserleiter in seiner guten Qualität über Jahrzehnte und noch länger gespeichert. Doch auch im Grundwasser, obwohl durch Boden- und Sedimentschichten überdeckt, finden sich zunehmend Stoffe, die dort nichts verloren haben.
Noch sind die meisten dieser anthropogenen Schadstoffe im Grundwasser laut Griebler niedrig konzentriert und unterhalb der für Trinkwasser festgelegten Grenzwerte. Doch die Zeit drängt. Man sollte nie vergessen, Grundwasser hat ein langes Gedächtnis. Einmal verunreinigt brauche es Jahrzehnte oder länger, bis die Schadstoffe abgebaut werden.
Sowohl der Mensch als auch die unterirdischen Lebensgemeinschaften sind auf Grundwasser in ausreichender Menge und guter Qualität angewiesen. Die dortige Lebenswelt ist weitgehend noch unbekannt. "Etwa 1.500 grundwasser-spezifische Tierarten sind bisher für Europa beschrieben; wir rechnen allerdings mit zumindest zehn Mal so vielen", so Griebler, der warnt: "Ändern wir zukünftig unsere Lebensweise nicht dramatisch, ist beides, Qualität und Quantität, gleichermaßen in Gefahr. Um unsere Grundwasserreserven und die darin enthaltene faszinierende Lebewelt zu erhalten, braucht es ein rasches Umdenken und tiefgreifende politische Entscheidungen."
Wasser und Wirtschaft
Dass es beim Wasser zu einem guten Teil um ökonomische Überlegungen geht, ist keine neue Geschichte - aktuelle Diskussion hin oder her. Das zeigt exemplarisch der Werdegang des Nationalparks Hohe Tauern (siehe auch: "Wasser im Nationalpark Hohe Tauern: "Es war ein schwerer Kampf"). Jetzt nicht mehr aus Österreich wegzudenken, hätte ein großer Teil davon ursprünglich einem Kraftwerk weichen sollen. Letztlich haben aber nicht nur "weiche" ökologische Argumente den Ausschlag gegeben, sondern wiederum wirtschaftliche. Frauen aus dem Osttiroler Kals verdienten damals (1970er) Geld durch Privatzimmervermietung an Touristen. Diese Einnahmequelle wäre durch das Kraftwerk versiegt, der Tourismus im beliebten Wandertal weitgehend tot gewesen. So haben die Kalser Frauen eine Volksbefragung erwirkt, bei der rund zwei Drittel der Kalser gegen die Errichtung des Kraftwerks gestimmt haben, was letztlich dazu führte, dass das Kraftwerks-Vorhaben ad acta gelegt wurde. Der Rest ist Geschichte.
Wasser ist nicht Privatsache
Die Privatisierung des Wassers kommt schon fast rhythmisch auf das politische Tapet, durch Skandale wird es verstärkt an die Oberfläche geschwemmt und die Diskussion wird breiter. Möglicherweise findet sich das Privatisierungsverbot für Wasser ja bald im Verfassungsrang. Erste Anträge wurden im Nationalrat bereits eingegeben. In Österreich gibt es traditionell eine breite Front, die sich regelmäßig gegen Privatisierungsbegehrlichkeiten wendet. Die ÖVGW zum Beispiel vertritt die Meinung, "dass die Wasserversorgung jedenfalls im Einflussbereich staatlich-demokratischer Strukturen stehen soll. Die Wasserversorgung ist das Kernelement der Daseinsvorsorge, wobei Sicherheit und Hygiene höchste Priorität haben." Außerdem sei das Einspeisen von Wasser durch verschiedene Versorger in ein und dasselbe Leitungsnetz nicht sinnvoll, da viele Qualitäts- und Haftungsfragen offen bleiben würden. In Österreich gebe es natürlich Wasserversorger, die als privatrechtliche Gesellschaftsform (GmbH oder AG) organisiert sind, jedoch würden diesen im Einflussbereich der öffentlichen Hand stehen, stellt die ÖVGW fest.
Eine Studie der TU Wien im Auftrag der Arbeiterkammer, der Gewerkschaft younion und des Städtebunds aus dem Vorjahr hat gezeigt, dass eine Wasserprivatisierung in Österreich keinen Sinn machen würde. Bei der Vorstellung meinte Michael Getzner, einer der Studienautoren: "Aus theoretischen Argumenten eignet sich gerade dieser Infrastrukturbereich nur in sehr geringem Ausmaß für eine Privatisierung oder Deregulierung." Öffentliche Systeme würden eine gute Versorgung zu leistbaren Preisen bieten, Liberalisierung führe nicht zu einer besseren Effizienz der Versorgung. "Was soll Private-Public-Partnership noch besser machen, was die öffentliche Hand schon sehr gut macht", so Getzner gegenüber APA-Science. Allein in Frankreich und Deutschland haben laut der Studie in den vergangenen 15 Jahren mehr als 120 Städte und Gemeinden ihre Wasserversorgung von der privaten in die öffentliche Hand zurückgeholt.
Keine Notwendigkeit für Systemumbau
In der Studie heißt es unter anderem: "Die Vorteilhaftigkeit der öffentlichen (kommunalen) Bereitstellung ist auch im Lichte des besonders in Österreich oder Deutschland seit einem Jahrhundert bestehenden Systems der Daseinsvorsorge zu bestätigen. Bei der langfristigen, nachhaltigen Versorgung zu günstigen Preisen und hoher Qualität ist eine Notwendigkeit für einen Systemumbau oder eine Liberalisierung nicht zu erkennen. Die öffentliche Versorgung in den untersuchten Ländern ist jedenfalls in vielerlei Hinsicht nicht schlechter, aber sehr oft besser als bei liberalisierten oder privaten Systemen."
Der Umbau der Siedlungswasserwirtschaft durch Privatisierung hat laut der Studie in den untersuchten Ländern (Deutschland, Österreich, Frankreich, England, Wales, Ungarn und Portugal) langfristig zu hohen Transaktionskosten geführt. Regulierungsbehörden, Veränderungen und ständige Anpassungen der Organisationsformen und die Durchführung vielfältiger Ausschreibungen (z.B. Vergabe von Konzessionen) verursachen volkswirtschaftliche Kosten, die im Falle von England oder Frankreich insgesamt unterschätzt wurden. Preisansteige und mangelnde Qualität haben vielen Länder und Regulatoren dazu veranlasst, die Wasserversorgung zu reregulieren", so der Wissenschafter.
Gemeinsam mit dem höheren Zinsniveau für Unternehmensanleihen und kaum vorhandener Effizienzgewinne würden sich also Zweifel an der ökonomischen Gesamteffizienz einer privatisierten Daseinsvorsorge auftun. Die Wasserversorgung im Zuge der Daseinsvorsorge eigne sich auch aufgrund der hohen und langfristigen Investitionsnotwendigkeiten, sozialer und ökologischer Implikationen sowie des Rechts auf sauberes Wasser nicht für einen Wettbewerbsmarkt. Das heißt aber nicht, dass nicht Wettbewerbselemente für die österreichische Siedlungswasserwirtschaft umgesetzt werden könnten. Getzner verweist dabei unter anderem auf das Benchmarking.
EU: Wasser ist innerösterreichische Angelegenheit
EU-Vertreter werden nicht müde zu betonen, dass sich die EU im Sinne der Subsidiarität nicht in nationale Debatte einmischen will, ob das Wasser öffentlich oder privat bewirtschaftet wird. Angesichts dieser Aussagen und der Position Österreichs dazu sollte somit die Diskussion vom Tisch sein.
Gegen Wasser in privater Hand würde auch die Zufriedenheit der Österreicher mit dem Leitungswasser sprechen. Eine Studie aus dem Jahr 2017 ergab, dass fast 90 Prozent die Qualität des heimischen Leitungswassers als sehr gut oder gut empfinden. ÖVGW-Präsident Franz Dinhobl dazu: "Das Trinkverhalten der Österreicher geht vermehrt Richtung Leitungswasser."
Wasserkraft - Wir haben nur eine Donau
Von essenziellem wirtschaftlichen Interesse ist das Wasser auch für die heimischen Energieversorger. Österreich war und ist ein Wasserkraftland (siehe auch: "Ressource Wasser - unverzichtbar für die österreichische Energieversorgung"). Dadurch konnte sich das Alpenland günstig mit Strom versorgen, was in der Nachkriegszeit den Weg zum Wohlstand ebnete.
Im Laufe der Jahre kam es allerdings zu einer Verschiebung der Anteile an der Gesamtstromaufbringung. Bestand die Aufteilung im Jahr 1950 noch zu 78 Prozent aus Wasserkraft und zu 22 Prozent aus kalorischer Erzeugung bei 0 Prozent Stromimporten, so standen im Jahr 2000 einem Wasserkraftanteil von knapp 58 Prozent eine kalorische Erzeugung von 24 Prozent sowie 18 Prozent Stromimporte gegenüber. Ab dem Jahr 2000 spielt die Stromerzeugung in Ökostromanlagen (unter anderem Biomasse/Biogas, Windkraft, Photovoltaik und Kleinwasserkraft) eine zunehmende Rolle. Im Jahr 2017 beträgt die Verteilung gemäß Daten der E-Control: 42 Prozent Wasserkraft, 21 Prozent kalorische Erzeugung, 7,5 Prozent Ökostrom und 29,5 Prozent Stromimporte. Im selben Zeitraum ist der Strombedarf um 32 Prozent gestiegen.
Als Grund für die Reduktion des Wasserkraftanteils an der österreichischen Stromversorgung bei gleichzeitigem Anstieg der Stromimporte ist in erster Linie der steigende Strombedarf bei einem begrenzten Wasserkraftpotenzial zu nennen. "Lapidar gesagt: Wir haben in Österreich nur eine Donau und die lässt sich nun einmal nicht beliebig vervielfachen", schreiben Wissenschafter der Fachhochschule (FH) Joanneum in Graz in einem Kommentar.
Trinkwasserrichtlinie
Und da ist schließlich noch die Trinkwasserrichtlinie, die die EU auf neue Beine stellen will. Die EU-Kommission hat daher im vergangenen Jahr Vorschläge für eine Überarbeitung der rund 20 Jahre alten Richtlinie vorgelegt. Darin ist eine bessere Versorgung auch benachteiligter und armer Menschen vorgesehen. Zudem soll der Zugang zu Leitungswasser verbessert werden. Ein weiteres Ziel dabei ist auch, dass weniger Wasser aus Plastikflaschen getrunken wird, um die Müllmassen zu reduzieren.
Die Idee und das Ziel der neuen Richtlinie werden in Österreich generell gut geheißen, trotzdem wird der 2018 vorgelegte, heuer in zahlreichen Punkte entschärfte Entwurf der EU-Kommission von der Mehrheit der Stakeholder abgelehnt. Hauptsächlich wird auf die bestehende gute Qualität der Wasserversorgung hierzulande verwiesen und auf das Prinzip der Subsidiarität gepocht. Bekrittelt wurde unter anderem, dass vor allem kleine Wasserversorger durch überbordende Prüf- und Kontrollpflichten (z.B. Risikobewertung von Hausinstallationen) über Gebühr belastet würden. Das gefährde das Geschäft der Wasserversorgungsunternehmen (WVU), eine Privatisierung über die Hintertür wurde angemahnt. Zudem könnte es, getrieben auch durch zusätzlichen administrativen Aufwand, zu Preiserhöhungen kommen. Eine Studie der Universität für Bodenkultur (Boku) aus dem vergangenen Jahr im Auftrag der ÖVGW hatte gezeigt, dass die Untersuchungskosten bei kleinen Wasserversorgern nach Inkrafttreten der Trinkwasserrichtlinie in der von der Kommission damals geplanten Form von derzeit rund 250 Euro auf rund 18.000 Euro pro Jahr steigen würden.
Das Forum Wasserhygiene zum Beispiel findet die neue Trinkwasserrichtlinie ebenfalls nicht uneingeschränkt positiv. Für Forums-Generalsekretär Martin Taschl trägt die Einführung eines derzeit nicht vorhandenen Risikomanagements aber entscheidend dazu bei, eine hoch relevante Gefahrenquelle auszuschalten. Die Form der Umsetzung sollte durchaus noch überdacht werden. Diesbezüglich wurden bereits Entschärfungen vorgenommen.
Grundlagen für die Risikobewertung von Trinkwasser-Installationen wurden von der WHO ausgearbeitet und in dem sehr umfassenden Werk "Water safety plan" im Jahr 2004 und 2011 in dem auf Hausinstallationen zugeschnittenen Werk "Water safety in buildings" veröffentlicht. Das Risikomanagement sei also nichts Neues, so Taschl.
Schnelle Risikobewertung
Der Aufwand für die Risikobewertung ist stark abhängig von der Komplexität der Trinkwasser-Installation und diese wiederum steht typischerweise in Relation zur Gebäudegröße (je größer, desto komplexer) und der Gebäudekategorie (Wohngebäude einfacher, gewerblich und industriell genutzte Gebäude komplexer). Gerade in Wohnungen und Einfamilienhäusern sind die Hausinstallationen verhältnismäßig einfach, so dass eine Risikobewertung durch eine kurze Checkliste mit einfachen Fragen schnell durchführbar ist, kalmiert Taschl.
Wie es genau weitergeht mit der Trinkwasserrichtlinie kann momentan schwer abgeschätzt werden. Die EU-Wahlen haben den Entscheidungsprozess nun wieder etwas nach hinten verschoben. Leicht möglich, dass das Thema ab Herbst wieder auf größerer Flamme gekocht wird. Zu hoffen ist, dass es dann nicht nur um Gratiswasser in der Gastronomie geht.
Von Hermann Mörwald / APA-Science
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